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Häufige Pose. Tom Persich (links) und seine Union-Kollegen stiegen 2004/05 in die Oberliga ab.

© Imago/Contrast

Absturz in die Oberliga: Als der 1. FC Union zuletzt so oft in Folge verlor

Der 1. FC Union Berlin hat wettbewerbsübergreifend die letzten sieben Spiele verloren. Eine ähnliche Serie gab es zuletzt in der düsteren Saison 2004/05. Ein Blick ins Archiv.

Seine Stimmung könnte schlechter sein. „Wir müssen uns jetzt auf unsere Stärken konzentrieren, nicht auf unsere Schwächen“, sagt Werner Voigt. Gerade haben die von ihm trainierten Fußballer des 1. FC Union 1:3 gegen Borussia Dortmunds Amateure verloren. Es war die achte Niederlage der Berliner in Folge.

So steht es am 4. November 2004 in dieser Zeitung. Union ist zu diesem Zeitpunkt Tabellenvorletzter, Voigt hat eine Woche vor dem Spiel gegen Dortmund den glücklosen Frank Wormuth abgelöst und Präsident Dirk Zingler ist bemüht zu betonen, dass „Herr Voigt keine Interimslösung ist. Er genießt unser vollstes Vertrauen.“

Der Trainer selbst weiß, dass er sich auf eine schwierige Aufgabe eingelassen hat. „Ich habe von Anfang an gesagt, dass ich den Klassenerhalt nicht versprechen kann“, sagt Voigt. „Mit diesem unerfahrenen Team ist es schwierig.“ Der damals 57-Jährige sollte recht behalten. Am Ende der Saison steigt Union zum zweiten Mal in Folge ab, in die viertklassige Oberliga. Es ist einer der Tiefpunkte der Vereinsgeschichte.

Seit jenem düsteren Herbst 2004 haben die Berliner nicht mehr so oft in Folge verloren, doch am kommenden Samstag (15.30 Uhr, Sky) könnte der Negativrekord beim Heimspiel gegen den VfB Stuttgart tatsächlich eingestellt werden; von einer Mannschaft, die sich vor wenigen Monaten für die Champions League qualifiziert hat und dort um ein Haar einen Punkt bei Real Madrid geholt hätte.

Die Situation ist durchaus bizarr. Sieben Mal in Folge haben die Fußballer des 1. FC Union nun schon verloren, zuletzt vor der Länderspielpause gegen Borussia Dortmund. Doch beim letzten Gegner und der Konstante Zingler an der Spitze des Klubs enden die Parallelen zur Krisensaison 2004/05 auch schon.

Große Unruhe ist im Herbst 2023 nicht zu spüren. Es ist mittlerweile ein anderer 1. FC Union als damals, als die Lizenz für die Regionalliga bei einem Gesamtetat von 2,1 Millionen Euro erst im letzten Moment gesichert werden konnte, das Stadion baufällig war, die Mannschaft taumelte.

Rani Khedira fehlte Union in den vergangenen Wochen schmerzlich.

© ImagoMatthias Koch

Heute zeichnet den Verein eine große personelle und strukturelle Stabilität aus. Auf dem Feld fehlt diese momentan zu oft. Die Basics, die Trainer Urs Fischer seit fünf Jahren ununterbrochen predigt, bringt die Mannschaft momentan nicht über 90 Minuten auf den Platz. Mit Rani Khedira und Robin Knoche fehlen zwei Stützen seit Wochen verletzt. Gegen Stuttgart dürfte zumindest der Mittelfeldanker zurückkehren.

In den fünf Jahren unter dem Schweizer Trainer hatte Union nie mehr als vier Niederlagen in Folge kassiert, in der ersten Bundesliga-Saison. Kritik an Fischer ist in Köpenick dennoch ein Fremdwort. Diese Ruhe im Umfeld ist vielleicht der größte Trumpf auf dem Weg heraus aus der Negativserie – und ein starker Kontrast zum Herbst 2004.

Denn Werner Voigt ist sein Amt nach knapp zwei Monaten schon wieder los. „Der derzeitige Verschleiß an Übungsleitern wirft kein gutes Licht auf den Klub: Innerhalb von neun Monaten hatte Union mit Mirko Votava, Aleksandar Ristic, Frank Wormuth und Voigt vier Trainer auf der Gehaltsliste“, ist es im Dezember 2004 im Tagesspiegel zu lesen, und Zingler kündigt an: „Wir werden in der Winterpause einen größeren Schnitt machen, als bisher angenommen. Spieler, die keine Leistung bringen, werden ausgetauscht.“ Den folgenden Abstieg verhindern diese Personalrochaden aber auch nicht mehr.

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