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Manchmal dreht sich alles.

© dpa/Frank Molter

Seelische Gesundheit: Wie Pflegekräfte bei Laune bleiben

Psychische Erkrankungen unter Pflegekräften nehmen zu. Strategien zur Selbstfürsorge können helfen – und Arbeitgeber müssen reagieren.

Von Heike Gläser

Sie liebt ihren Beruf – und das seit rund drei Jahrzehnten. Birgitta Roebel (Name geändert) ist Krankenschwester – damals Anfang der 1990er Jahren, als sie ihre Ausbildung abschloss, nannte sich der examinierte Pflegeberuf noch so. Heute lautet die offizielle Berufsbezeichnung Pflegefachfrau.

Die Mittfünfzigerin bezeichnet sich selbst aber nach wie vor als Krankenschwester, sie arbeitet inzwischen auf einer 80-Prozent-Stelle, derzeit auf einer orthopädischen Station.

Sicher, der Job hat über die Jahre Spuren hinterlassen. Die Rückenschmerzen haben zugenommen, was unter anderem auch daran liegt, „dass immer mehr unserer bettlägerigen Patienten adipös sind“. Teilweise sei das Umlagern eines übergewichtigen Patienten alleine gar nicht mehr zu stemmen – im wörtlichen Sinn. Und auch die Corona-Jahre waren eine harte Zeit: „Da haben wir alle am Limit gearbeitet“, sagt Roebel.

Und dennoch hat die Mutter eines inzwischen erwachsenen Sohnes es geschafft, nicht nur die hohen körperlichen Belastungen auszuhalten, sondern auch mental gesund zu bleiben. Sie geht nach wie vor gerne zu jeder Schicht.

Strategien zur Selbstfürsorge

Wie ihr das gelingt? Sie hat über viele Jahre hinweg Strategien zur Selbstfürsorge entwickelt. Dazu gehören Gespräche im privaten Umfeld mit Freunden und ihrem Mann. Darüber hinaus findet sie Ausgleich durch Wanderungen in der Natur und Shiatsu. Gut für die Seele.

Birgitta Roebel gehört aber auch zu einer Minderheit in ihrer Branche, der Resilienz gelingt. Die Mehrheit macht der Pflegeberuf auf Dauer krank. So ermittelte die Techniker Krankenkasse (TK), dass der Krankenstand bei Pflegekräften im Zeitraum von 2012 bis 2022 um 40 Prozent gestiegen sei.

28,8
Tage pro Jahr fehlten Pflegekräfte 2022 durchschnittlich – ein Rekord.

Mit durchschnittlich 28,8 Fehltagen lagen die Pflegekräfte zudem rund 57 Prozent über dem Durchschnitt aller bei der Krankenkasse versicherten Beschäftigten, die durchschnittlich nur 10,5 Tage ausfallen.

Das ist ein neuer Rekordwert, der „einmal mehr verdeutlicht, wie stark diese Berufsgruppe belastet ist – durch den fordernden Arbeitsalltag, den Personalmangel, aber auch die Auswirkungen der Corona-Pandemie“, sagte Thomas Ballast, stellvertretender Vorstandsvorsitzende der TK, anlässlich des Internationales Tags der Pflege im Mai dieses Jahres.

Besonders bemerkenswert: Die häufigsten Ursachen für eine Krankschreibung im Jahr 2022 waren neben Atemwegserkrankungen vor allem psychische Erkrankungen.

Umso wichtiger werden betriebliches Gesundheitsmanagement in Kliniken, Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Neben handfesten Verbesserungen wie bessere Bezahlung, flexiblere Arbeitszeitmodelle, die für mehr Anerkennung und Wertschätzung sorgen, geht es darum, Pflegefachkräfte dauerhaft im Beruf zu halten – etwa durch ein besseres Angebot an Weiterbildungen oder Supervisionen, um die psychischen Belastungen aufzufangen.

Das könnte auch dazu beitragen, dass die Ausbildung an Attraktivität gewinnt. Denn auch dort sind laut Statistischem Bundesamt die Zahlen rückläufig: Im vergangenen Jahr haben rund 4000 Menschen weniger als im Jahr 2021 einen Ausbildungsvertrag in der Pflege abgeschlossen. 

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