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Potsdamer Lehrkräfte zu Besuch in der Da-Vinci-Schule, um das mobile Demokratielabor zu testen.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Demokratielabor in Potsdam: Schüler lernen spielerisch Demokratie und politische Prozesse

In der Potsdamer Leonardo-da-Vinci-Gesamtschule wird das mobile Demokratielabor des Vereins „Gesicht zeigen!“ getestet. Spielerisch sollen Schüler demokratische Prozesse erleben.

Das Vertrauen in die Demokratie sinkt, das zeigt die kürzlich veröffentlichte Mitte-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung: Laut ihr ist die Zahl der Deutschen mit rechtsextremer Einstellung in von vier Jahren von 2,5 Prozent auf 8,3 Prozent gestiegen. Demokratiebildung ist somit dringend notwendig.

An der Potsdamer Leonardo-da-Vinci-Gesamtschule versucht man deshalb neue Wege zu gehen: Sie gehört zu einer von vier Schulen in Brandenburg, Berlin und Bayern, an der derzeit das mobile Demokratielabor des Vereins „Gesicht zeigen!“ getestet wird. Dabei handelt es sich eine Sammlung von Materialien und Methoden, mit denen Kinder und Jugendliche der 5. bis 10. Klasse spielerisch Demokratie im Kleinen erleben können.

Ein Beispiel: Bei „Wer ist am Ball?“ werden in der Klasse viele grüne Bälle und einige gelbe Bälle verteilt. Während Musik läuft, können die Schülerinnen und Schüler die Bälle untereinander tauschen. Nach jeder Runde wird die Zahl der gelben Bälle reduziert, bis nur noch eine Person einen gelben Ball hat. Nun wird darüber gesprochen, wie sich es sich anfühlt, Teil der Mehrheit oder der Minderheit zu sein.

In der nächsten Runde kommt eine neue Regel dazu: Wer jetzt den gelben Ball hat, darf bestimmen, was die anderen tun müssen, zum Beispiel sich im Kreis zu drehen oder in die Luft zu springen. Mit wem möchte man den Ball als Nächstes tauschen? Auf diese Weise werden Fragen von Macht und Verantwortung in der Gruppe aufgeworfen.

„Das Spielerische Element gefällt den meisten Schülern sehr gut“, sagt Andrea Jung, die Deutsch und Politische Bildung an der Da-Vinci-Schule unterrichtet. Auch ihr Kollege Vinzenz Janders empfindet das mobile Demokratielabor als Bereicherung. „Die Methoden sind gut als Einstieg in Themen geeignet, um die Schüler in ihrer Lebenswelt abzuholen“, sagt der Lehrer für Musik und Politische Bildung.

Lieber von KI beherrscht werden?

Besonders angetan hat es ihnen das Spiel „Intergalactic“, eine Art interaktives Hörspiel. Dabei schlüpfen die Schülerinnen und Schüler in die Rolle von Außerirdischen, deren Planet von einer Künstlichen Intelligenz beherrscht wird. Die KI weiß alles, und trifft immer die perfekte Entscheidung. Als sie auf die Erde kommen, sehen sie, dass es hier anders läuft. Es gibt Meinungsfreiheit und Abstimmungen. Das ist zwar anstrengender, aber gerechter. Am Ende können die Jugendlichen entscheiden, ob sie lieber auf der Erde oder auf dem außerirdischen Planeten bleiben wollen.

„Die meisten bleiben auf der Erde“, sagt Jung. „Es gab aber auch Schüler, die sagten: Es ist doch gut, wenn uns eine KI die Arbeit abnimmt. Das hätte ich im Vorfeld nicht gedacht. Da spielen vielleicht Erfahrungen mit ChatGPT herein.“ Janders berichtet von unterschiedlichen Reaktionen auf die Methode. „Die jüngeren Schüler haben das sehr gut angenommen, aber in der Oberstufe wollte man lieber mit realistischeren Szenarien arbeiten.“

Auch die gibt es im Demokratielabor: Eine der Requisiten ist ein violetter Vorhang, der als Bühne für eine spielerische Klassensprecherwahl dient. Die Methode „Hand aufs Herz“ besteht nur aus Karten, auf denen Fragen wie „Was lässt du dir nicht gefallen?“, „Was würdest du an Deutschland ändern?“ oder „Was ist dein Lieblingsessen?“ stehen. Die Jugendlichen müssen sich in zufälligen Zweierteams zusammensetzen und sich gegenseitig diese Fragen beantworten. „Ich habe eine Klasse, die das sehr gerne spielt“, sagt Jung. „So bekommt man Schüler dazu, auch mal mit Personen zu sprechen, mit denen sie sonst nicht reden.“

Daneben gibt es auch Traumreisen, ein Hörspiel zu Mobbing, Diskussionen um die perfekte Schule und das Planspiel Schulkonferenz. Die Jugendlichen sollen so erleben, wie sie etwas an ihrer eigenen Schule verändern können. In einer Berliner Kooperationsschule wurde im Rahmen des Demokratielabors zum Beispiel der Mensaplan geändert.

In Potsdam steht man noch am Anfang. „Am liebsten würde ich das Demokratielabor fest verankern“, sagt Jung. Auch Janders ist angetan: „Ich finde es gut, wenn es einen festen Raum für Demokratie in der Schule gibt.“ Das Projekt wurde im August gestartet und läuft noch bis Januar.

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