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28.04.2023, Brandenburg, Potsdam: Schäfer Björn Hagge greift sich ein Lamm aus einer Schafherde. Die ersten Schafe sind auf einer Wiese nördlich des Schlosses Sanssouci eingetroffen, um dort zu grasen. Bis November werden insgesamt 150 Tiere auf insgesamt 15 Hektar Grasfläche im Park «mähen». Foto: Michael Bahlo/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

© dpa/Michael Bahlo

Wieder mehr Schafe in der Mark: Brandenburgs Halter lassen sich vom Wolf nicht unterkriegen

Nicht alle Schäfer melden einen vermuteten Wolfsriss. Der Landesbauernverband hat eine Ahnung, warum das so ist.

| Update:


Brandenburgs Wölfe breiten sich aus, aber die Zahl der Schafe in der Mark bleibt im Großen und Ganzen stabil. Das geht aus einer Antwort des Potsdamer Landwirtschaftsministeriums auf eine Kleine Anfrage der AfD-Abgeordneten Peter Drenske und Lars Hünich hervor, die am Montag vom Landtag veröffentlicht wurde.

2022 haben in Brandenburg demnach 314 Landwirtschaftsbetriebe insgesamt 74.800 Schafe gehalten. 2021 waren es noch 268 Betriebe mit 71.200 Schafen. Im Jahr 2013, also vor zehn Jahren, waren es 321 Betriebe mit 72.800 Schafen.

Schafe werden am häufigsten von Wölfen gerissen

Dabei stellten Schafe weiter die mit Abstand größte Gruppe unter den vom Wolf gerissenen Nutztieren dar: Unter 487 im Zeitraum von Mai 2022 bis Mai 2023 gerissenen Tieren fanden sich 411 Schafe. Daneben fielen den Wölfen mindestens 72 Kälber, drei Ziegen und ein Stück Dammwild aus einem Wildgehege zum Opfer. Die Tierhalter erhielten dafür Entschädigungen in Höhe von rund 133.000 Euro.

135
Mal wurde Tierhaltern zwischen März 2022 und März 2023 eine Entschädigung verweigert, weil der Herdenschutz nicht dem geforderten Standard entsprach.

Allerdings wurden nicht alle vermuteten Wolfsrisse am Ende auch entschädigt: Im vergangenen Jahr wurde nach Angaben des Ministeriums in 49 Fällen festgestellt, dass Tiere nicht vom Wolf gerissen wurden. In 135 Fällen wurden Tierhaltern Entschädigungen verweigert, weil der Herdenschutz nicht dem geforderten Standard entsprach. Für Präventionsmaßnahmen zum Schutz vor dem Wolf wurden seit 2013 rund 8,7 Millionen Euro an Tierhalter ausgezahlt.

Wir befürchten, dass es eine Dunkelziffer von Haltern gibt, die Wolfsrisse dulden und gar nicht erst Entschädigungen beantragen, weil sie wissen, dass ihre Haltung beim Herdenschtuz nicht dem Standard entspricht.

Henrik Wendorff, Präsident des Landesbauernverbands

Der Präsident des Landesbauernverbands, Henrik Wendorff, sagte dieser Zeitung am Montag, der Herdenschutz werde im Land sehr hoch angesetzt. „Wer die Kriterien des Landes erfüllen will, muss hohe Hürden nehmen“, sagte Wendorff. „Wir befürchten deswegen, dass es eine Dunkelziffer von Haltern gibt, die Wolfsrisse dulden und gar nicht erst Entschädigungen beantragen, weil sie wissen, dass ihre Haltung beim Herdenschtuz nicht dem Standard entspricht.“

Zudem sei ein Verfahren zur Entschädigung nach einem Wolfsriss auch mit bürokratischem Aufwand verbunden, den viele Halter scheuen würden. Wenn die Verfahren aber einmal ins Laufen gekommen seien, würde es die Entschädigung auch geben.

So funktioniert die Schadensberechnung des Landwirtschaftsministeriums

Dem Ministerium zufolge werden bei der Zahlung von Entschädigungen an betroffene Tierhalter diverse Faktoren berücksichtigt. „Für besondere Rassen, etwa Landschafrassen oder Robustrinder, werden die Entschädigungsleistungen auf Grundlage betrieblicher Kauf- beziehungsweise Verkaufsbelege berechnet“, heißt es in der Antwort.

„Im Falle von eigener Verarbeitung und Direktvermarktung fließen weitere betriebswirtschaftliche Kostenstellen, etwa die eigene Schlachtung oder die Milchverarbeitung in die Schadensberechnung mit ein.“ Sachschäden an Ausrüstung und Technik würden auf Grundlage von Kaufbelegen bzw. den verfügbaren Angeboten aus Katalogen und Informationen im Internet entschädigt.

Über aktuelle Informationen zur Zahl der Wölfe in Brandenburg verfügt das Ministerium derzeit allerdings nicht. Im Wolfsjahr 2021/22 habe es in Brandenburg 61 bestätigte Wolfsterritorien gegeben, in denen 47 Rudel und 14 Paare ohne Nachwuchs festgestellt wurden. Insgesamt habe es 160 Wolfswelpen im Land gegeben.

Bauernpräsident Wendorff setzt sich dennoch weiter für die Aufnahme der Wölfe ins Brandenburger Jagdrecht ein. „Wir halten die Aufnahme ins Jagdrecht für die beste Lösung, um vorbereitet zu sein“, sagt Wendorff. Da der Wolf in der EU als bedrohte Art eingestuft wird, hätte er dann eine ganzjährige Schonzeit. „Würde sich das aber ändern, wären unsere Jäger vorbereitet.“

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