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Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD)

© dpa/Soeren Stache

Neuer Ärger für Brandenburgs Regierungschef : Hat Woidke gegenüber dem rbb Grenzen überschritten?

Gerade erst kam ihm die Bildungsministerin abhanden. Jetzt steht gegen Dietmar Woidke (SPD) der Vorwurf im Raum, versucht zu haben, Druck auf rbb-Journalisten auszuüben.

| Update:

Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb), die gemeinsame Anstalt in der Hauptstadtregion, hat in seiner Berichterstattung Brandenburg über Jahre systematisch benachteiligt. Und zwar im vollen Wissen um seinen Berlin-Drall.

Wie das Portal „Business Insider“ jetzt publik machte, soll eine bisher unter Verschluss gehaltene, vom rbb selbst finanzierte „externe Programmanalyse“ eines wissenschaftlichen Instituts in der Amtszeit von Ex-Intendantin Patricia Schlesinger die Unterrepräsentanz Brandenburgs in der rbb-Berichterstattung bestätigt haben. Die Analyse habe einige Tausend Euro gekostet und sei keinem Gremium vorgelegt worden.

Brandenburgs Politik, vor allem Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), setzt sich schon länger für eine angemessenere Berücksichtigung der Mark ein. Überschritt Woidke dabei womöglich Grenzen?

Woidke soll positivere Darstellung des Strukturwandels gefordert haben

Laut „Business Insider“ soll der Regierungschef bei einem internen, vertraulichen Klärungstermin vor Ort im Studio Cottbus mit Schlesinger und dortigen Studiochefs im März 2022 sich auch über die seiner Ansicht nach zu kritische Berichterstattung über den Strukturwandel in der Lausitz beschwert und eine positivere Darstellung gefordert haben.

Nach dem Termin, der auf Initiative Woidkes zustande kam und über das Büro Schlesingers angesetzt wurde, soll sich der Cottbuser Vize-Studioleiter Andreas Rausch laut „Business Insider“ innerhalb des Senders über eine versuchte Einflussnahme des Regierungschefs beklagt haben.

Auf jeden Fall hat Woidke ein Jahr später damit nur wenige Tage nach dem Rücktritt von Bildungsministerin Britta Ernst (SPD), die zugleich Ehefau von Kanzler Olaf Scholz ist, gleich den nächsten Ärger. Die Linke-Opposition im Landtag fordert Aufklärung. Wenn Woidke rbb-Mitarbeiter unter Druck gesetzt habe, „hat er eine rote Linie überschritten“, sagte Fraktionschef Sebastian Walter am Freitag. „Es ist eine Binsenweisheit, dass Politik sich mit kritischer Berichterstattung auseinandersetzen kann, aber ihre Macht nicht missbrauchen darf, um diese zu verhindern.“

Staatskanzlei weist Vorwurf zurück

Die Linke habe die Causa auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Hauptausschusses am 3. Mai gesetzt. „Die Staatskanzlei hat an diesem Tag die Chance, die Anschuldigungen auszuräumen oder sich gegebenenfalls offiziell zu entschuldigen.“

Woidkes Staatskanzlei reagierte so: „Den Vorwurf einer programmlichen oder personellen Einflussnahme weisen wir entschieden zurück“, erklärte Vize-Regierungssprecherin Eva Jobs. „Zu vertraulichen Gesprächen können wir keine Auskunft geben.“ Der Sender selbst erklärte gegenüber „Business Insider“, er habe „keine Anhaltspunkte“, dass die Unabhängigkeit des Senders „Schaden genommen hätte oder hat“.

Dass die Staatskanzlei Aufholbedarf sehe, was die Berichterstattung des rbb aus und über Brandenburg betrifft, sei allgemein bekannt. „Auch die rbb-Intendantin Dr. Vernau sieht hier ein Defizit und hat angekündigt, die Berichterstattung aus Brandenburg zu stärken“, so Jobs. Die Staatskanzlei begrüße diesen Schritt ausdrücklich. 

Mit Blick auf die anstehende Novelle des rbb-Staatsvertrages erneuerte die Staatskanzlei die Forderung, „dass sich die regionale Verwurzelung des rbb und seine Entstehungsgeschichte auch in der inneren Organisation des Senders widerspiegeln sollte“. Menschen mit biografischen Bezügen zu den ostdeutschen Bundesländern seien in den Führungspositionen des rbb unterrepräsentiert, sagte Jobs.

Zu Wort meldete sich auch der Landtagsabgeordnete und frühere Fraktionschef Erik Stohn, der im rbb-Rundfunkrat sitzt. Die Vorwürfe seien „lächerlich“, erklärte Stohn. „Die Brandenburger Beitragszahler dürften vielmehr von einem Brandenburger Ministerpräsidenten erwarten, dass dieser mehr Berichterstattung über Brandenburg einfordert – das ist sein Job.“ Der Staatsvertrag sehe diese Forderung ebenfalls vor, auch der Rundfunkrat fordere dies regelmäßig ein.

Zwar habe der rbb mit der Einführung von Regionalreportern in Brandenburg inzwischen auf die offensichtlich berechtigte Kritik reagier, so Stohn. Dennoch sei das Ungleichgewicht weiter erkennbar, etwa beim Sport. „Im Zeitraum von 3.4. bis 17.4.2023“, so Stohn, „hat es in den Abendnachrichten 46 Berichte über Berliner Profisportvereine und lediglich drei Berichte über Brandenburger Sportvereine gegeben.“ Auf den Vorwurf, Woidke habe rbb-Journalisten unter Druck gesetzt, ging Stohn allerdings nicht ein.

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