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Die Grund- und Oberschule in Burg (Spreewald).

© dpa/-

Update

Nach Rückzug der Brandbrief-Lehrer: Brandenburger Linke gibt Landesregierung Mitschuld

Zwei Lehrer hatten rechtsextreme Vorfälle an einer Schule in Burg öffentlich gemacht, nun verlassen sie die Einrichtung – deswegen wird auch Kritik an Bildungsminister Freiberg laut.

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Der Rückzug der beiden Lehrer aus der Grund- und Oberschule in Burg/Spreewald, wo sie rechtsextreme Vorfälle und eine Mauer des Schweigens publik gemacht hatten, schockiert Brandenburgs Politik. „Die Rechten haben dieses Mal gewonnen – dafür verantwortlich ist die Landesregierung“, sagte Linken-Partei- und Fraktionschef Sebastian Walter am Mittwoch den PNN.

Zuvor hatten die beiden Lehrer Laura Nickel und Max Teske ihren Wunsch nach Versetzung bestätigt und unter anderem mit Anfeindungen und Bedrohungen aus der rechten Szene begründet. Es müsse ein Weckruf sein, dass diese couragierten Lehrer die Schule verlassen, sagte Walter. „Es ist nicht hinnehmbar, dass die Schulleitung weiterhin auf Durchzug schaltet und das Ministerium nichts unternimmt.“ Demokratie könne nur funktionieren, wenn es mutige Menschen gibt.

Laura Nickel und Max Teske hatten die rechtsextremen Vorfälle öffentlich gemacht.

© Andreas Franke

Bildungsminister weist Vorwürfe zurück

Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) wies solche Vorwürfe zurück. „Es ist nicht so, dass nichts unternommen wurde“, sagte Freiberg. „Wir haben uns hinter die beiden Kollegen gestellt.“ Es sei wichtig, dass sie auf Missstände hingewiesen hätten. Es sei schwierig, „wenn gesellschaftliche Strömungen in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen sind.“

Der Leiter des staatlichen Schulamtes sei seit Wochen damit befasst, das Problem dieser Schule zu lösen, Scheinwerferlicht helfe da nicht. Einzelpersonalangelegenheiten entscheide und kommentiere er nicht. Auf die Frage nach ausgebliebenen Konsequenzen für die Schulleitung sagte Freiberg knapp: „Es gibt ein rechtsstaatliches Verfahren. Das läuft.“

Brandenburgs Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD).

© dpa/Christoph Soeder

Beide Pädagogen hatten im April die Missstände zunächst anonym in einem Brandbrief publik gemacht, später dann öffentlich – unter anderem im Interview mit den PNN – erläutert und belegt. Sie waren für ihre Zivilcourage geehrt worden, hatten unter anderem ein Gespräch mit Carsten Schneider, dem Ostbeauftragten der Bundesregierung. Die Situation sei zu belastend geworden, sagte Nickel den PNN.

Sie verwies auf Steckbrief-Sticker, die jetzt in Burg und Umgebung mit den Fotos der beiden Pädagogen geklebt worden sind – mit der Aufschrift: „pisst Euch nach Berl*in.“ Aufgrund der dargestellten Abbildungen hat der kriminalpolizeiliche Staatsschutz Ermittlungen wegen des Tatverdachts der Beleidigung, des Verstoßes gegen das Kunsturhebergesetz, Sachbeschädigung sowie wegen illegalen Plakatierens aufgenommen. Das teilte die Polizei mit.

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Im sozialen Netzwerk Instagram ist – ebenfalls mit Fotos der beiden – zur „zeckenjagd“ aufgerufen worden. „Wir wären gerne geblieben“, sagte Nickel. Man sei im Austausch mit dem Staatsschutz. Nach ihren Worten engagieren sich beide Lehrer weiter im Bündnis für Demokratie an Schulen, das sich nach ihrem Brandbrief gebildet hatte.

Die Mail, mit der sich Teske als Klassenlehrer von den Eltern seiner bisherigen 7. Klasse verabschiedete, war in kürzester Zeit auch bei der AfD gelandet. Der Cottbuser AfD-Kreischef Jean-Pascal Hohm veröffentlichte sie auf Twitter mit diesem Kommentar: „Bürgerliches Engagement wirkt: Linksradikaler Denunziant verlässt Burger Schule.“

Hohm ist Ex-Landeschef der Jungen Alternative Brandenburg. Die Nachwuchsorganisation der AfD ist vom Landesamt für Verfassungsschutz nun als „gesichert rechtsextrem“ hochgestuft worden, teilten Behördenchef Jörg Müller und Innenminister Michael Stübgen (CDU) am Mittwoch mit. Die Junge Alternative sei die logistische und aktivistische Straßentruppe der AfD.

GEW fordert weitere Aufarbeitung

Nach dem Weggang der beiden Lehrkräfte hat die Lehrergewerkschaft GEW eine weitere Aufarbeitung der Vorfälle gefordert. „Ich habe großes Verständnis für die Entscheidung der Lehrkräfte, die Schule wegen der Bedrohungen aus der rechten Szene zu verlassen“, betonte der GEW-Landesvorsitzende Günther Fuchs am Donnerstag auf Anfrage. Die rechtsextremen Vorfälle an der Schule müssten aber trotzdem weiter aufgearbeitet werden, forderte Fuchs.

Solche rechtsextremen Vorfälle seien aber kein Problem der Schule allein, erklärte der Gewerkschaftschef. „Insofern bringt es auch nichts, nur mit dem Finger auf die Schule zu zeigen“, mahnte er. Vielmehr seien vermehrte rechte Tendenzen eine Folge der gesellschaftlichen Entwicklung. „Da muss auf vielen Ebenen gegengesteuert werden“, sagte Fuchs.

Aktionsbündnis fordert Unterstützung gegen Rechtsextremismus

Das Aktionsbündnis Brandenburg fordert mehr Unterstützung für Engagement gegen Rechtsextremismus im Alltag. Es sei „ein fatales Zeichen“, dass die beiden Lehrkräfte Laura Nickel und Max Teske aus Burg im Spreewald die dortige Schule verlassen, sagte der Vorsitzende des Aktionsbündnisses und evangelische Superintendent Thomas Wisch dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Donnerstag in Potsdam. Nickel und Teske hatten im April alltägliche rechtsextreme Vorfälle an ihrer Schule öffentlich gemacht.

Ihr Handeln sei „mutig und bemerkenswert“ gewesen, sagte der Theologe: „In einem Klima der Angst und der Einschüchterung durch Rechtsextreme haben sie das Wort ergriffen und Haltung gezeigt gegen Diskriminierung, Ausgrenzung und menschenverachtende Hetze.“ Das Ausmaß der darauf folgenden rechtsextremen Diffamierungskampagne sei erschreckend. (mit dpa/epd)

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