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Katrin Lange Ministerin der Finanzen und für Europa des Landes Brandenburg

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Update

„Wie Igel beim Liebesspiel, schön vorsichtig!“ : Brandenburgs Finanzministerin Katrin Lange (SPD) gibt Parlament einen Rat zur Finanzpolitik

Die Regierungskoalition will ihr Hilfspaket absichern. Mit dem Brandenburg-Paket sollen die hohen Kosten für Kommunen, Unternehmen und Familien abgefedert werden. Der Landtag lieferte sich dazu eine Generaldebatte.

| Update:

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat im Landtag das „Brandenburg-Paket“ mit Entlastungen für Bürger, Kommunen und Wirtschaft verteidigt, das durch eine Verfassungsklage der AfD bedroht ist. Um einen Kollaps wie die Ampel im Bund nach dem Karlsruhe-Urteil abzuwenden, den Zwei-Milliarden-Rettungsschirm des Landes abzusichern, will die rot-schwarz-grüne Kenia-Koalition am Freitag für 2024 erneut die Notlage erklären. „Wir brauchen einen starken und handlungsfähigen Staat, der den Menschen im Land beisteht, wenn sie Hilfe brauchen“, sagte Woidke in einer aktuellen Stunde, aus der eine Generaldebatte zur Finanzpolitik in Krisenzeiten wurde - und vom beginnenden Landtagswahlkampf zeugte.

Unterstützung in der Krise sei weiter nötig, sagte Woidke, auch wenn das Land erfolgreich wie nie sei und „wir zeigen, wie Brandenburg-Geschwindigkeit funktioniert.“ Das war eine Vorlage für die Opposition, von Linken, AfD bis Freien Wählern. AfD-Fraktionschef Christoph Berndt warf Woidke „versuchte Volksverdummung“ vor. Außer der politischen Not der Koalition gebe es gar keine Notlage in Brandenburg, so Berndt. Die Koalition regiere mit dem Demokratieverständnis einer SED-Bezirksleitung. Er musste sich später von SPD-Fraktionschef Daniel Keller (SPD) einen vom Landtag abgelehnten AfD-Antrag vorhalten lassen, mit dem die AfD selbst eine Notlage für 2023 und 2024 beantragt hatte - mit einem Kreditumfang sogar von drei Milliarden Euro. Danach zum Verfassungsgericht zu ziehen, so Keller, habe mit Glaubwürdigkeit nichts zu tun.

Dietmar Woidke (SPD, M), während der Aktuellen Stunde zu den Folgen des Haushaltsurteils des Karlsruher Bundesverfassungsgerichts.
Dietmar Woidke (SPD, M), während der Aktuellen Stunde zu den Folgen des Haushaltsurteils des Karlsruher Bundesverfassungsgerichts.

© dpa/Michael Bahlo

Linke wirft Woidke Arroganz und Überheblichkeit vor

Linke-Oppositionsführer Sebastian Walter hielt Woidke Arroganz und Überheblichkeit vor, weil er nichts Konkretes gesagt, kein Wort etwa zu den neuen Sorgen etwa der Leag-Belegschaft gefunden habe. „Herr Ministerpräsident, Sie leben in Ihrer Woidke-Welt. Kommen Sie zurück in die Realität! Sonst fahren Sie dieses Land in Brandenburg-Geschwindigkeit an die Wand.“ Es gebe auch Notlagen im Land, die von Woidkes Politik organisiert seien. Denn bei der überfälligen Erhöhung des Vergabemindestlohns oder einem bisher fehlenden Tariftreuegesetz in Brandenburg sei vom propagierten starken Staat nichts zu spüren. Walter wiederum musste sich von CDU-Fraktionschef Jan Redmann selbst mangelnde Demut vorhalten lassen. Er erinnerte daran, dass die Linken 2021 just jene Umwidmung freier Corona-Kredite für andere Zwecke beantragt hatten, also jenen „Taschenspielertrick“, weshalb Karlsruhe den Haushalt der Ampel im Bund teilweise für nichtig erklärte. „Das war kein guter Vorschlag“, räumte Walter ein.

Freie Wähler: Land hat Niedrigzinsen verschlafen

Freie-Wähler-Chef Péter Vida wunderte sich, warum für die Bewältigung der Flüchtlingskrise, wo die Kommunen wirklich in Not seien, es ohne Lösungen eine Demokratiegefährdung geben würde, im Zwei-Milliarden-Paket nur 150 Millionen Euro vorgesehen seien. Er warf Woidke vor, die Jahre von Niedrig- und sogar Negativzinsen nicht für nötige Investitionen genutzt zu haben, weshalb nun teure Kredite aufgenommen werden müssen. „Damals wurden wir ausgelacht“, so Vida. Brandenburg müsse wieder lernen, in guten Zeiten für schlechte Zeiten zu sparen, was schon die Bibel empfohlen habe. „Weniger SPD-Programm, mehr Bibel. Das funktioniert auch in Brandenburg!“

Im Umgang mit der in Bundes- und Landesverfassungen 2020 aufgenommenen Schuldenbremse gingen die Positionen auch im Landtag weit auseinander. Die Linken fordern eine Abschaffung, SPD und Grüne eine Reform der Vorgabe der Verfassung, die Kredite nur in Ausnahmen - den „Notlagen“ - erlaubt, was seitdem permanent erfolgte. Grüne-Fraktionschef Benjamin Raschke sagte, es sei sinnvoller, heute mit solchen Krediten Gebäude klimaneutral zu sanieren anstatt auch künftig „Öl und Gas bei autokratischen Regimen einzukaufen.“ Redmann sagte, an den Gründen für eine Schuldenspirale habe sich nichts geändert. „Deshalb kämpfe ich gegen die Abschaffung.“

Das letzte Wort hatte Finanzministerin Katrin Lange (SPD). An der Gesamtheit der Gründe der Notlage, von Ukrainekrieg, Flüchtlingen bis steigenden Preisen, habe sich nichts geändert, sagte Lange. Brandenburg sei anders vorgegangen als der Bund, halte die Vorgaben der Verfassung ein. Die Debatte laufe, die Schuldenbremse habe „den Realitätscheck nicht bestanden“, doch es gebe weder im Bund, noch im Land eine realistische Aussicht auf eine Parlamentsmehrheit für eine Verfassungsänderung. „Wir müssen mit dieser misslichen Lage leben“, sagte Lange. Ihr Ratschlag, wie Brandenburgs Finanzpolitik in diesen Zeiten sein sollte, lautete so: „Klugerweise sollten wir uns so verhalten wie die Igel bei der Liebe - schön vorsichtig!“

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