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Alter neuer Landeschef: Dietmar Woidke wurde am Samstag wiedergewählt.

© dpa/Sebastian Gollnow

Einer für alle, fast alle für einen : Dietmar Woidke als SPD-Landeschef wiedergewählt – mit 90 Prozent

Die Umfragen sind mies, der Kanzler gab Rückendeckung. Auf einem Parteitag in Schönefeld demonstrieren die Genossen Geschlossenheit.

Bedrohlicher könnte die Lage für die Genossen kaum sein. Brandenburgs Sozialdemokraten, zehn Monate vor der Landtagswahl hinter der extrem rechten AfD in Umfragen abgeschlagen, setzen auf einen einzigen Mann: Dietmar Woidke, 62 Jahre, seit zehn Jahren Regierungschef, erst der dritte in der Geschichte Brandenburgs. Er will die Trendwende schaffen.

„Die Menschen wollen Antworten! Sie wollen Führung!“, erklärte Woidke am Samstag vor seiner Wiederwahl als SPD-Landesvorsitzender auf einem Parteitag in Schönefeld. Die SPD müsse dafür sorgen, dass der Staat funktioniert. Seine Botschaft: „Nicht resignieren, Kämpfen, Durchsetzen!“

Nach einem kämpferischen Auftritt, ohne Jackett, fast eine drei Viertel Stunde, freie Rede, für den er stehende Ovationen erhielt, votierten 109 der 120 Delegierten für Woidke – 90 Prozent. Ein Traumergebnis bei seiner sechsten Parteiwahl. Nur ganz am Anfang, 2013 – kurz, bevor er Matthias Platzeck als Regierungschef beerbte – waren es mit 95,8 Prozent mehr. Das letzte Mal 2021 waren es 84,4 Prozent. 2018 - ein Jahr vor der damaligen Brandenburg-Wahl - waren es sogar nur 80,8 Prozent.

Ich bin fest entschlossen, alles zu tun, was ich tun kann, damit wir im nächsten Jahr die Landtagswahl gewinnen.

Dietmar Woidke, Landesvorsitzender der SPD Brandenburg

Doch nun, wo es um alles geht, rücken die Genossen offensichtlich zusammen. So war auch Vorgänger Matthias Platzeck erschienen, der Parteitage bisher mied, um seinem Nachfolger nicht in die Quere zu kommen. „Ich bin fest entschlossen, alles zu tun, was ich tun kann, damit wir im nächsten Jahr die Landtagswahl gewinnen“, versprach Woidke. Auch sein Generalsekretär David Kolesnyk wurde mit 72 Prozent bestätigt. Ein passables Ergebnis.

Woidke verweist auf den wirtschaftlichen Erfolg Brandenburgs

Als prominenter Gast schwor Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Genossen auf einen „Wahlsieg“ 2024 ein. Brandenburg ist sein Heimatlandesverband. Die Landesregierung unter Woidke leiste gute Arbeit, „und das ist schon ziemlich viel in diesen Zeiten“, sagte Scholz. Brandenburg ziehe beim Wirtschaftswachstum aktuell in Deutschland vor. Er verwies auf das neue Bahnwerk in Cottbus in der Lausitzer Strukturwandelregion, auf die Rettung der Raffinerie Schwedt. „Dietmar, auch das darfst Du Dir zurechnen! Brandenburg kann das erste Land sein, das gleichzieht“, sagte Scholz und meint: mit den alten Bundesländern.

Inhaltlich ging Woidke auf die schwierige Stimmung ein, auf die Umfragen. Er griff die AfD offensiv an. Die sei hinter der blauen Fassade „nicht nur ein Verdachtsfall, sondern eine in großen Teilen rechtsextreme Partei“, sagte er. „Die AfD ist keine konservative Partei.“ Bei der Landtagswahl gehe es auch darum, „politische Stabilität“ für Brandenburg zu sichern. „Auch wir tragen dafür Verantwortung“.

Zugleich hob der Regierungschef den wirtschaftlichen Erfolgskurs Brandenburgs hervor: das bundesweit stärkste Wirtschaftswachstum, die Ansiedlungserfolge, nicht nur Tesla. „Bei aller Demut: Das ist eine sozialdemokratische Erfolgsgeschichte.“ Man dürfe sich nun aber nicht zurücklehnen, mahnte Woidke.

So sei es nicht akzeptabel, dass 250 000 Menschen im Land nur Mindestlohn bekämen. „Wir brauchen nicht weniger Gewerkschaften, sondern mehr. Nicht weniger Betriebsräte, sondern mehr.“ In der Migrationspolitik warb Woidke erneut eine härtere Gangart. „Wer das Recht auf Asyl schützen will, muss den Missbrauch des Asylrechts bekämpfen“, sagte er. „Es ist auch notwendig, schwierige Entscheidungen zu treffen.“

Ausdrücklich dankte der SPD-Landeschef der CDU und Grünen, den Koalitionspartnern im Kenia-Bündnis, für die ordentliche Zusammenarbeit. „Wir klären unsere Streitigkeiten intern. Auf Bundesebene scheint das teilweise anders zu sein“, sagte er. Das blieb seine einzige Spitze in Richtung Berlin, obwohl der Bundestrend – der Absturz der Ampel – auch für die Genossen der Mark hochgefährlich ist. Stattdessen hob Woidke demonstrativ die Leistungen der Bundesregierung unter Scholz hervor. „Wir haben den richtigen Kapitän auf einem Schiff in schwerer See.“

Mit Woidke an der Spitze wollen die Genossen auf Landesebene das verhindern, was die SPD gerade bei der Landratswahl in Dahme-Spreewald erlebte. „Zur Wahrheit gehört, dass wir erstmals seit 30 Jahren nicht mehr den Landrat stellen“, sagte Christian Könning, der SPD-Unterbezirkschef. Im Wahlkampf hätte sich dort ein breites Bündnis von CDU bis Linken zusammengeschlossen. „Alle gegen die SPD.“

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