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Im Zusammenhang mit den Sex-Vorwürfen gegen einen hochrangigen Polizisten gerät auch Strobl immer mehr in Bedrängnis.

© dpa/Marijan Murat

Der Druck durch die Opposition wächst: Wird es eng für Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl?

Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen den baden-württembergischen Innenminister Thomas Strobl aufgenommen. Einen Rücktritt zieht er nicht in Betracht.

Bei den Christdemokraten im Süden rumort es ganz schön dieser Tage: Nach einiger Aufregung bei der bayerischen CSU hat nun Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl den nächsten Bock geschossen: Der CDU-Politiker soll persönlich ein Schreiben des Anwalts eines ranghohen Landespolizisten an einen Journalisten durchgestochen haben.

Inhaltlich gehe es um Vorwürfe der sexuellen Nötigung gegen den Beamten. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt seit November wegen des Verdachts der sexuellen Belästigung gegen einen führenden Polizisten. Der Mann soll eine Hauptkommissarin in einem Videochat mit seinen Vorstellungen sexueller Praktiken belästigt haben.

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Nun hat die Staatsanwaltschaft auch Ermittlungen gegen Strobl aufgenommen. Der Innenminister wird verdächtigt, sich des § 335d Strafgesetzbuch strafbar gemacht zu haben, der verbotenen Mitteilung über Gerichtsverhandlungen. Auch gegen den Journalisten wird ermittelt.

Strobl hatte zuvor in einer Sondersitzung des Innenausschusses selbst eingeräumt, ein Anwaltsschreiben in einer Affäre um Vorwürfe der sexuellen Nötigung durch einen ranghohen Polizisten an einen Journalisten weitergegeben zu haben. 

Er erklärte, Fehler gemacht zu haben, von einem Rücktritt sah er jedoch ab. Strobl ist seit 2016 Innenminister in grün-schwarzen Koalitionen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne).

Bei einer Verurteilung sieht das Gesetz für den Journalisten eine Geldstrafe oder höchstens eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr vor. Für eine Anstiftung gilt laut Gesetz das gleiche.

„Der Innenminister hat offensichtlich eine Straftat begangen“

Oppositionspolitiker fordern den Rücktritt Strobls. „Der Innenminister hat offensichtlich eine Straftat begangen, die Staatsanwaltschaft hat einen Straftatbestand festgestellt. Was, wenn nicht das, kann ein Grund für den Rücktritt eines Innenministers sein“, sagte Hans-Ulrich Rülke, Fraktionsvorsitzender der FDP im baden-württembergischen Landtag im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Er fordert den Rücktritt des Juristen.

Winfried Kretschmann, grüner Ministerpräsident des Landes, hatte Strobl am Mittwoch noch sein vollstes Vertrauen ausgesprochen, am Donnerstag erklärte er dann, sich zu der Affäre nicht äußern zu wollen.

„Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen aufgenommen, wir kommentieren laufende Verfahren grundsätzlich nicht“, sagte ein Sprecher am Donnerstag in Stuttgart. Auch das Verhalten des Ministerpräsidenten kritisiert Rülke scharf.

„Er hätte längst handeln müssen“

„Er hätte längst handeln müssen. Aber Kretschmann bangt um die Architektur seiner Koalition. Strobl ist ihm sehr nützlich. Die CDU als Junior-Partner fällt nicht weiter auf. So eine bequeme Nachfolge wird er nicht wieder finden.“

Rülke äußerte außerdem den Verdacht, dass hinter dem Eingeständnis Strobls weitaus mehr stecken könnte. Der Innenminister habe die staatsanwaltlichen Ermittlungen abgewürgt und eine Straftat auf sich genommen um abzuwenden, dass Ermittlungen in seinem Haus vorgenommen würden. „Möglicherweise um die Aufdeckung einer anderen Straftat zu decken. Das wird hoffentlich ein Untersuchungsausschuss herausfinden. Mich erinnert das an Helmut Kohl. Der hat auch lieber von anonymen Spendern gesprochen um die größere Straftat zu verdecken.“

Fraktionschefs von Grünen und Union stärken Strobl den Rücken

Der SPD-Innenexperte Sascha Binder warf Kretschmann vor, seine Hand über den Innenminister zu halten. „Es ist schon überraschend, dass Ministerpräsident Kretschmann seine persönliche Freundschaft zu Strobl über die Rechtsstaatlichkeit in unserem Bundesland stellt“, sagte Binder bei „SWR Aktuell“.

SPD-Fraktionschef Andreas Stoch ist der Ansicht, dass das Handeln des Innenministers mit geltendem Recht nicht vereinbar sei. „Da es dem Innenminister offenbar an jeder Einsicht fehlt, bleibt nur eines: Ministerpräsident Kretschmann muss seinen Innenminister jetzt entlassen.“

Die Fraktionschefs von Grünen und CDU, Andreas Schwarz und Manuel Hagel, stärkten Strobl hingegen den Rücken. Der Minister genieße weiter sein „volles Vertrauen“, sagte Schwarz.

Stimmung auch bei Regierungsabgeordneten gespalten

Strobl habe am Mittwoch umfassend Stellung bezogen und er habe keinen Grund, an dessen Aussagen zu zweifeln, sagte der Grünen-Fraktionschef. Er sehe auch keinen Bedarf dafür, dass der Minister sein Amt während der Ermittlungen ruhen lasse.

Insidern zufolge soll die Stimmung jedoch auch bei Regierungsabgeordneten gespalten sein. Hintenrum verstehe keiner, wie ein Minister sich so verhalten und streng vertrauliche Informationen einem Journalisten zuspielen könne, sagte ein Mitglied des Landtags dem Tagesspiegel.

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