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Die Mediennutzung nahm während der Corona-Pandemie weiter zu.

© Imago/Photothek/Ute Grabowsky

Exklusiv

„Keine verlorene Generation, aber ...“: Wie geht es der Jugend nach der Pandemie?

Wie haben Kinder und Jugendliche die Corona-Pandemie überstanden, und was müsste für sie getan werden? Eine neue Publikation der Konrad-Adenauer-Stiftung gibt Antworten.

„Psychische Gesundheit und Resilienz sind bei Tiktok riesengroße Themen“, sagt Elisabeth Hoffmann, Koordinatorin für Familie und Jugend bei der Konrad-Adenauer-Stiftung. Die Stiftung hat eine neue Publikation erarbeitet, die dem Tagesspiegel vorab exklusiv vorliegt. Unter dem Titel „Generation Corona?“ geht es um die körperliche und seelische Gesundheit junger Menschen.

Das Ziel der Stiftung: Schon vorliegende Publikationen und Studien so zusammenzufassen und zu sichten, dass ein politischer Leitfaden erkennbar wird. Wie geht es Kindern und Jugendlichen? Wie haben sie die Pandemie überstanden und was müsste für sie getan werden?

Die multiplen Krisen der Welt

„Es ist ganz sicher keine verlorene Generation“, sagt Hoffmann. „Aber es gab schon vor der Pandemie deutliche Anzeichen dafür, dass junge Menschen psychisch stark belastet sind. Diese Belastung hat sich während der Corona-Zeit vergrößert, ist dann zunächst gesunken, steigt nun aber wieder. Das hat womöglich mit den multiplen Krisen der Welt zu tun.“

Hoffmann fordert mehr Prävention und Angebote, um Resilienz zu stärken. „Schon mit kurzen Fortbildungen für Lehrkräfte und Erzieher lässt sich sehr viel erreichen, es braucht nicht für alles ein eigenes Schulfach“, sagt sie. Das Interesse der jungen Generation für das Thema sei – siehe Tiktok – ohnehin da.

Über 80 Prozent der 15- bis 30-Jährigen fanden die Schutzmaßnahmen gut.

Elisabeth Hoffmann von der Konrad-Adenauer-Stiftung

Besorgniserregend findet sie, wie viel größer die psychische Belastung bei Mädchen im Vergleich zu Jungen ist. „85 Prozent derjenigen, die in Krisenchats um Hilfe suchen, sind weiblich, und Mädchen unternehmen sechsmal so viele Suizidversuche wie Jungen“, sagt Hoffmann. „Aber die Mädchen fallen weniger auf als die Jungen. Sie schmeißen keine Feuerwerkskörper auf Polizisten, sondern verschwinden leise in der Depression. Gerade für Mädchen müsste viel mehr getan werden.“ Schon die Gründe, warum Mädchen so viel stärker belastet seien, seien nicht erforscht.

Erstaunt war Hoffmann bei der Arbeit an der Publikation darüber, wie lange Kinder und Jugendliche in der Freizeit digitale Medien nutzen. „3,5 Stunden pro Tag waren schon vor der Pandemie üblich – dabei ist das im Grunde eine Katastrophe“, sagt sie. Während der Hochzeit der Pandemie stieg der Wert auf vier Stunden, danach sank er wieder auf 3,5.

Beim Thema Bewegungsmangel seien die Daten ähnlich deprimierend. Mittlerweile sei jedes dritte Kind zwischen zehn und zwölf Jahren von einer übermäßigen Gewichtszunahme betroffen.

Doch es gebe auch gute Botschaften. „Studien zeigen klar, dass die jungen Menschen während der Pandemie sehr solidarisch waren. Sie haben sich sehr um die Gesundheit der Älteren gesorgt. Über 80 Prozent der 15- bis 30-Jährigen fanden die Schutzmaßnahmen gut, viele engagierten sich für ältere Familienmitglieder“, sagt Hoffmann.

„Glücklicher im Lockdown“

Ebenfalls erfreulich: Der größte Teil der Heranwachsenden fühlte sich sehr gut von den Eltern unterstützt und zu Hause gut aufgehoben. Aber natürlich gilt das nicht für alle: 16 Prozent der jungen Menschen vermissten zu Hause emotionale Unterstützung und Aufmerksamkeit.

Es gibt ein weiteres Phänomen, das öffentlich eher wenig beachtet wird. Hoffmann fasst es unter dem Stichwort „Glücklicher im Lockdown“ zusammen und nennt die Daten „erstaunlich“. Ein Drittel der jungen Menschen sei im Lockdown recht zufrieden gewesen.

„Zum Teil war das Leben ohne schulischen Präsenzbetrieb viel stressfreier. Zum Beispiel für Kinder, die eher introvertiert sind, oder für alle, die von Mobbing betroffen sind. Schule und andere Institutionen sollten daraus lernen“, fordert Hoffmann.

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