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Das Schloss Bellevue ist zur blauen Stunde beleuchtet - drinnen soll sich einiges verändern.

© Christophe Gateau/dpa

Erstmals eine Frau als Präsidialamtsleiterin: Warum Steinmeier seine Schlosstruppe umbaut

Frank-Walter Steinmeier will einen Neustart in Amtszeit II. Acht Leute bilden sein Kernteam, er holt zwei bekannte Journalisten und befördert zwei Vertraute.

Frank-Walter Steinmeier hat schon am Tag seiner Wiederwahl deutlich gemacht, dass er einige andere Akzente setzen will. Mit klaren Worten sagte er beispielsweise den Feinden der Demokratie den Kampf an. Deutlich wurde auch, dass er, der immer an den Dialog glaubt, seinen Glauben an einen fairen Ausgleich mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin verloren hat. „Unterschätzen Sie nicht die Stärke der Demokratie! (….) Ich appelliere an Präsident Putin: Lösen Sie die Schlinge um den Hals der Ukraine“: Das sind sicher jetzt schon zwei Schlüsselsätze seiner Präsidentschaft.

Steinmeiers Mannschaft im Schloss Bellevue bezeichnete sich zuletzt fast schon als eine Art Familie. Doch jetzt will er auch personell einen Neustart wagen. Während Steinmeier seinen Staatsbesuch im Senegal beginnt – er ist dort erst das zweite deutsche Staatsoberhaupt nach Heinrich Lübke – und mit militärischen Ehren von Staatspräsident Macky Sall begrüßt wird, veröffentlicht der „Spiegel“ einen Bericht mit überraschenden Personalien.

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Dörte Dinger wird die erste weibliche Leiterin des Bundespräsidialamtes.

© Britta Pedersen/dpa

Dörte Dinger als erste Chefin des Präsidialamtes

Mit Dörte Dinger wird erstmals eine Frau Chefin des Bundespräsidialamts. Die 40-Jährige leitete bisher das persönliche Büro Steinmeiers und gilt als enge Vertraute. Sie wird nun als Staatssekretärin Stephan Steinlein ablösen. Der geht ebenso wie der Leiter der Abteilung Außenpolitik, Thomas Bagger, zurück ins Auswärtige Amt. Das aus acht Mitarbeitern bestehende engste Umfeld Steinmeiers wird laut Bundespräsidialamt künftig aus vier Frauen und vier Männern bestehen. Das ist auch ein Signal, gerade mit Blick darauf, dass viele statt einer zweiten Amtszeit Steinmeiers gerne eine Frau im höchsten deutschen Staatsamt gesehen hätten.

"Mehr Wagnis, mehr Kontroverse"

Dinger sagte dem „Spiegel“, Ziel für die zweite Amtszeit sei, „ein bisschen weniger Protokoll, ein bisschen mehr Wagnis und noch mehr Bereitschaft, in die Kontroverse zu gehen“. Die bisherige Amtsführung war recht konventionell und getragen von dem durch langjährige Zusammenarbeit erprobten Vertrauensverhältnis von Steinmeier und Steinlein. Steinlein war nach der einzigen freien Volkskammerwahl übrigens der letzte DDR-Botschafter in Paris. Der Schritt war schon länger geplant, Steinlein wird seit geraumer Zeit auch für einen wichtigen Botschafterposten gehandelt.

„Die zweite Amtszeit wird kein Selbstläufer, es braucht eine gute Mischung aus Bewährtem und neuen Impulsen“, sagte Dinger. Sie selbst verstehe ihre Rolle „immer als Ratgeberin und Antreiberin, als eine, die mehr ins Risiko geht“.

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Hat noch viel vor: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Die neue Sprecherin mit Ostkompetenz kommt von der "SZ"

Für die im Berliner Politikbetrieb geschätzte Anna Engelke, die als Journalistin zurück zum NDR geht, holt sich Steinmeier als neue Sprecherin Cerstin Gammelin von der „Süddeutschen Zeitung“, dort bisher unter anderem für Kanzleramt und Finanzpolitik zuständig.

Das ist insofern konsequent, weil Steinmeier gerade das verstärkte Augenmerk für Ostdeutschland, das Gespräch mit den von der Klimapolitik und dem damit einhergehenden Strukturwandel betroffenen Regionen zu einem Schwerpunkt seiner zweiten Amtszeit machen will. Mehr raus zu den Bürgern, Spaltungen mindern, das gegenseitige Verständnis stärken.

Gammelin, im Osten sozialisiert, hat 2021 das Buch „Die Unterschätzten“ veröffentlicht. Sie kritisiert, dass die Regionen zwischen Vogtland und Rügen in gesamtdeutschen Debatten entweder nicht vorgekommen oder auf die Themen Rassismus und AfD verkürzt würden. Es sei ihr aufgefallen, dass die Sicht der alten Länder oft als die Richtige für das Ganze wiedervereinigte Land galt und dass Regionen im Osten mit ganz anderen Erfahrungen und Interessen dabei kaum vorkamen. Bisher war das Team Steinmeiers recht westdeutsch aufgestellt.

Wolfgang Silbermann war bisher Redenschreiber, jetzt wird er Chef der Außenpolitik-Abteilung.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Ein Zeit-Journalist wird neuer Redenschreiber

Sein bisheriger Redenschreiber und Leiter der Abteilung Strategische Kommunikation/Rede, Wolfgang Silbermann (35), der auch die Rede mit der Botschaft an Putin verfasst hat, steigt wie Dörte Dinger auf und wird als Nachfolger von Bagger die Abteilung Außenpolitik übernehmen. Er hat in Steinmeiers Umfeld eine steile Karriere hingelegt - und sein Vertrauen gewonnen. Nach einem Studium in Oxford (2205 bis 2008) arbeitete der Volkswirt für McKinsey, bevor er im Alter von 23 Jahren für die Kampagne zur Kanzlerkandidatur Steinmeiers 2009 angeworben wurde. Von 2010 bis 2012 studierte Silbermann dann noch in Harvard, bevor er wieder an der Seite Steinmeiers in unterschiedlichen Funktionen tätig war.

Sein Nachfolger als Redeschreiber und Leiter der strategischen Kommunikation kommt ebenfalls aus dem Journalismus. Es ist Marc Brost, der bisherige Hauptstadtbüroleiter der „Zeit“. Der Leiter der Abteilung Innenpolitik, Oliver Schmolke, bleibt. Er wird zudem stellvertretender Chef des Präsidialamts.

Das Grundsatzreferat zu Fragen der Innenpolitik in seiner Abteilung übernimmt die bisherige stellvertretende Sprecherin Esther Uleer. Leiterin der Zentralabteilung, die sich um den administrativen und technischen Betrieb des Präsidialamts kümmert, wird die Juristin Susanne Bos-Eisolt. Das persönliche Büro des Bundespräsidenten soll nun der bisherige Verbindungsoffizier des Verteidigungsministeriums, Alexander Dubnitzki, leiten, wie die dpa berichtete. Dem Tagesspiegel wurden diesen Personalrochaden bestätigt.

Am 13. Februar war Steinmeier mit großer Mehrheit von der Bundesversammlung für eine zweite fünfjährige Amtszeit gewählt worden. Seine gegenwärtige endet am 18. März.

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