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Der emeritierte Papst Benedikt XVI. ist heute 94 Jahre alt und war von 2005 bis 2013 Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche.

© Sven Hoppe/dpa

Vertuschungsvorwürfe gegen Benedikt XVI: Privatsekretär verteidigt emeritierten Papst

Zwar räumt Georg Ganswein das Scheitern der Kirche bei den Missbrauchsverbrechen ein. Doch den emeritierten Papst trifft laut ihm keine Schuld.

Der engste Berater Benedikt XVI., Georg Gänswein, hat Vertuschungsvorwürfe gegen den emeritierten Papst zurückgewiesen. Für Benedikt habe der Schutz der Opfer und Überlebenden sexualisierter Gewalt in der katholischen Kirche „oberste Priorität“ gehabt, sagte Benedikts Privatsekretär, der 65-jährige Erzbischof Georg Gänswein, der Wochenzeitung „Die Zeit“.

Ein Ende Januar veröffentlichtes juristischen Gutachten im Auftrag des Münchner Erzbistums benennt Fehler des emeritierten Papstes im Umgang mit Missbrauchstätern in vier Fällen in seiner Funktion als Münchner Erzbischof zwischen 1977 und 1982.

In einem Sondergutachten befassten sich die Münchner Anwälte mit dem Fall eines Essener Priesters, der als Missbrauchstäter aufgefallen war und 1980 ins Erzbistum München kam. Ratzinger soll damals von den Taten des Priesters gewusst und ihn dennoch in der Seelsorge in verschiedenen Gemeinden eingesetzt haben. Die Gutachter hatten herausgefunden, dass der Priester auch im Erzbistum München weiterhin Kinder missbrauchte.

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Die Berater des heute 94-jährigen Papstes weisen seine Verantwortung in der Sache zurück. Es gebe keine Hinweise darauf, dass die für Personalfragen zuständigen Mitarbeiter Ratzinger damals informiert hätten.

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Benedikt hatte die Vorwürfe in einer Stellungnahme für die Gutachter bestritten und fälschlich behauptet, an einer Sitzung nicht teilgenommen zu haben, in der über die Personalie des Essener Pfarrers beraten wurde. Die Gutachter widerlegten dies mithilfe des Sitzungsprotokolls. Benedikt hatte die Falschbehauptung nach der Veröffentlichung des Gutachtens öffentlich revidiert.

Ganswein spricht von einem folgenschweren „Versehen“

Gänswein sprach im „Zeit“-Interview von einem „Übertragungsfehler“ und nannte dies ein „folgenschweres Versehen“. Den Vorwurf der Lüge wies er zurück. „Zwischen einem Fehler und einer Lüge liegt ein himmelweiter Unterschied. Tatsache ist, dass Benedikt von den Vorwürfen gegen den Priester keine Kenntnis hatte“, betonte Gänswein. Auf seine An- oder Abwesenheit bei der Sitzung sei es also nicht angekommen.

Es habe Benedikt getroffen, dass er der Lüge bezichtigt worden sei. Was in seine Aussagen hineininterpretiert worden sei, sei ein Schock für ihn gewesen, so der Erzbischof, der seit fast 20 Jahren Benedikts Privatsekretär ist.

Gänswein beklagte zudem, dass es in Deutschland eine Tendenz gebe, Benedikts Person und Vermächtnis - die Theologie wie das Lehramt - zu diskreditieren. „International wird diese Diskreditierung nicht verstanden, geschweige denn übernommen“, betonte er. (epd)

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