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Wirbt für sich: SPD-Politikerin Nancy Faeser.

© dpa/Boris Roessler

Faeser lädt zum Flüchtlingsgipfel: Die Kommunen würden gerne mit einem anderen sprechen

Innenminister Nancy Faeser hat einen Flüchtlingsgipfel angekündigt. Der ruft bei den Kommunen nicht gerade Begeisterung hervor. Schätzt der Bund die Lage richtig ein?

Und wieder naht die Gipfelzeit im Innenministerium. In den Kommunen ist die Not beim Thema Geflüchtete groß, nun hat Ministerin Nancy Faeser (SPD) im ZDF-Interview ein Spitzengespräch angekündigt. Noch im Februar soll es so weit sein, mit Vertreter:innen von Ländern und kommunalen Spitzenverbänden, der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung Alabali-Radovan und Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD). Begeisterung ruft die Ankündigung nicht hervor.

„Der Krieg tobt seit fast einem Jahr, seit dem Herbst lässt Putin in der Ukraine gezielt die Infrastruktur zerbomben, und nun kommt Nancy Faeser mit einer neuen Gipfel-Einladung daher. Ich glaube, sowohl Bund als auch Länder unterschätzen das Problem seit Monaten völlig, die merken gar nicht, welcher Druck in den Kommunen auf dem Kessel ist“, sagt Faesers Parteigenosse Andreas Bausewein, Oberbürgermeister von Erfurt.

Mit der Unterbringung geht es los. „Wir nehmen seit Wochen real kaum noch auf, weil wir nicht mehr können. Wohnungsleerstand ist in Erfurt quasi nicht vorhanden, wir haben hier Geflüchtete, die seit April in Turnhallen leben“, sagt Bausewein. „In den Hallen gibt es null Privatsphäre, das ist absolut unzumutbar.“

Die merken gar nicht, welcher Druck in den Kommunen auf dem Kessel ist.

Andreas Bausewein, Oberbürgermeister von Erfurt

Und auch andernorts ist der Druck hoch. Zehn Tage ist es her, dass es in Nordwestmecklenburg Unruhen vor einer Kreistagssitzung gab. In der kleinen Gemeinde Upahl soll in einem Gewerbegebiet eine Container-Unterkunft für 400 Geflüchtete entstehen – im Kerndorf nebenan wohnen 500 Menschen. Die Ausschreitungen wurden von Rechtsextremen befeuert, die versuchten, das Kreistagsgebäude zu stürmen.

Der Bund müsse „endlich die Lage der Kommunen erkennen“, sagte CDU-Landrat Tino Schomann danach. „Der Bund muss begrenzen und steuern, muss die illegale Migration stoppen und muss die Abschiebeoffensive endlich starten.“

Zuletzt im Oktober hatte Faeser zum Gipfel geladen. Damals versprach sie Bundesimmobilien. Die meisten dieser Liegenschaften waren aber nicht nutzbar, wie eine Tagesspiegel-Recherche zeigtezum Beispiel weil sie völlig marode sind.

Außerdem versprach Faeser damals mehr Austausch und eine digitale Plattform für die bessere Koordination der Immobiliensuche. „Davon war für uns noch nichts zu merken“, sagt der Erfurter Bausewein.

Ohnehin entstand auch damals schon auf kommunaler Ebene der Eindruck, mit der falschen Ansprechpartnerin bedient zu sein. Und so ist es nun wieder. Reinhard Sager, Präsident des Deutschen Landkreistags, fordert einen Gipfel mit dem Bundeskanzler: „Nur er hat die übergreifende Kompetenz in allen uns berührenden Fragen – es geht schließlich auch um die Übernahme von Wohnkosten, Gesundheitskosten, Bauen und andere Themen.“

Das sagt die Opposition

Aus dem hessischen Main-Taunus-Kreis kam kürzlich ein öffentlicher Hilferuf der Verantwortlichen, adressiert an Bundeskanzler Scholz und den hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein (CDU). „Bezeichnend, dass die hessischen Kommunen ihre Hilferufe schon gar nicht mehr an die Innenministerin richten, sondern an den Bundeskanzler. Selbst sie glauben nicht an Faesers Migrationsgipfel, den sie auf Druck der Union jetzt angekündigt hat“, sagte Alexander Throm, innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, dem Tagesspiegel. „Faeser will hessische Ministerpräsidentin werden, aber als Innenministerin lässt sie ihre Heimat im Stich. Sie wirkt wie eine Getriebene und nicht wie jemand, die die Lage im Griff hat.“

In der Kritik: Die Bundesinnenministerin und Spitzenkandidatin der hessischen SPD Nancy Faeser.

© dpa/Hannes P Albert

Im November wurde zuletzt mit direkter Beteiligung des Kanzlers verhandelt. Beim Bund-Länder-Gipfel über eine Vielzahl von Streitthemen versprach der Bund je weitere 1,5 Milliarden Euro für 2022 und 2023 zur Unterbringung und Versorgung der Geflüchteten aus der Ukraine.

Außerdem einigten die Beteiligten sich auf 1,25 Milliarden Euro zusätzlich pro Jahr ab 2023 für Geflüchtete aus anderen Staaten.

Und auch wenn Faeser nicht die Herrin der Staatsschatulle ist: Mit Nachforderungen beim nun angekündigten Gipfel im Innenministerium ist zu rechnen.

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