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Bundesminister der Justiz: Marco Buschmann (FDP).

© dpa/Britta Pedersen

Flut von Verfahren: Buschmann will Mindeststrafmaß für Kinderpornografie wieder senken

2021 hatte die große Koalition das Sexualstrafrecht geändert. In der Praxis trifft die Verschärfung aber auch Personen, die nicht aus krimineller Energie handeln.

Experten hatten es prognostiziert: Durch die Verschärfung des Strafmaßes für den Besitz und die Verbreitung von Kinderpornografie ist es offenbar zu einer Flut von Verfahren gekommen, die Polizei und Gerichte in Deutschland überlasten. Nun reagiert Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP).

Die Mindeststrafe soll von einem Jahr auf drei beziehungsweise sechs Monate gesenkt, die Straftaten wieder zu Vergehen herabgestuft werden. Dies berichten die Zeitungen der Funke Mediengruppe am Freitag.

Die Höchststrafe von bis zu zehn Jahren für schwerwiegende Tatbestände soll demnach aber bleiben. Dem Bericht zufolge heißt es in dem Gesetzentwurf: „Durch die Beibehaltung der Höchststrafen wird sichergestellt, dass auch künftig schwere Straftaten (. . .) angemessen sanktioniert werden können.“

Das Sexualstrafrecht wurde im Sommer 2021 geändert

Zugleich werde den Strafverfolgungsbehörden die Möglichkeit wiedereröffnet, in jedem Einzelfall angemessen zu reagieren. „Wenn der Tatvorwurf am unteren Rand der Strafwürdigkeit liegt, kann damit wieder eine niedrigere Strafe als ein Jahr Freiheitsstrafe verhängt werden.“ Zudem könnten Verfahren wieder eingestellt werden, wenn die Voraussetzungen im Einzelfall vorliegen.

Nach einer Reihe schwerer Missbrauchsfälle an Kindern – etwa in Lügde, Bergisch-Gladbach und Münster – hatte die große Koalition im Juni 2021 eine Verschärfung des Sexualstrafrechts beschlossen.

Neben dem Paragrafen 176 im Strafgesetzbuch, der sexuelle Handlungen an Kindern mit Körperkontakt unter Strafe stellt, wurde auch der Paragraf 184b verschärft, der die Verbreitung, den Erwerb und den Besitz sogenannter kinderpornografischer Inhalte ahndet. Beide Tatbestände wurden von Vergehens- zu Verbrechenstatbeständen hochgestuft.

Mehrbelastung der Justiz

In der Praxis traf und trifft das neue Gesetz auch Personen, die nicht aus krimineller Energie handeln, wie zum Beispiel Eltern oder Lehrerinnen und Lehrer, die auf ein Nacktfoto im Klassenchat ihres Kindes hinweisen wollen und es deswegen weiterleiten. Oder Jugendliche, die justiziable Aufnahmen bei WhatsApp als „Mutprobe“ an Freunde schicken oder gar nicht wissen, dass solche Videos strafbar sind.

Durch die Anhebung der Mindeststrafe auf ein Jahr Freiheitsstrafe ist die Staatsanwaltschaft verpflichtet, in wirklich jedem Fall zu ermitteln. Ihr wurde damit die Möglichkeit genommen, Fälle, die offensichtlich nicht erfasst sein sollten, im Ermittlungsverfahren einzustellen. Auch die Gerichte können aufgrund der hohen Mindeststrafe nur noch schwer abgestuft bestrafen.

Dem Bericht zufolge heißt es dazu im Gesetzentwurf des Justizministers der Ampel-Koalition: „Die Rückmeldungen aus der Praxis haben gezeigt, dass dies bei Verfahren, die einen Tatverdacht am unteren Rand der Strafwürdigkeit zum Gegenstand haben, dazu führt, dass eine tat- und schuldangemessene Reaktion nicht mehr in jedem Einzelfall gewährleistet ist.“ (lem)

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