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Vorsitzende der Desiderius-Erasmus-Stiftung ist die frühere CDU-Politikerin Erika Steinbach.

© imago/Müller-Stauffenberg

Steuermillionen für die AfD?: Warum über „parteinahe“ Stiftungen so wenig geredet wird

Die Rechtspartei will, was die etablierten haben: Geld für ihren Unterstützerverein. Wer das verhindern möchte, braucht Regeln. Aber die fehlen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jost Müller-Neuhof

Entgegen eigener Auskunft sind die „Altparteien“ für die AfD ein gutes Vorbild. Nur so ist die Inbrunst zu erklären, mit der die Rechtspartei ihre Gleichstellungsziele verfolgt. Vor allem beim Wichtigsten, beim Geld. Jetzt ist sie vor dem Bundesverfassungsgericht erneut damit gescheitert, ein Projekt durchzusetzen: Die Beschaffung staatlicher Zuschüsse für ihre Stiftung, für die sie den Namen des humanistischen Aufklärers Desiderius Erasmus gekapert hat.

Die Abweisung des jüngsten Eilantrags (Az.: 2 BvE 3/19) hat wenig zu bedeuten. Die vom Gericht dafür ausgegebene Begründung ist eher dürftig. Mehr sagt der zeitgleich bekanntgegebene Termin für die Verhandlung der AfD-Organklage im Oktober aus: Schon an der mitveröffentlichten Gliederung lässt sich erkennen, dass sich deren Argumente nicht vom Tisch wischen lassen werden. Das wiederum liegt nicht an der Stärke der AfD, sondern der Schwäche der „Altparteien“.

Die Stiftungen melden ihren Finanzbedarf. Der Bundestag zahlt

Die so genannten parteinahen Stiftungen sind der Elefant im Raum der Parteifinanzdiskussion. Benannt sind sie nach politischen Leitfiguren, nur die Grünen greifen auf einen Literaten zurück (Heinrich Böll) und die AfD auf den niederländischen Gelehrten. Die Rechtsform einer Stiftung bietet wiederum nur die FDP, die übrigen sind Vereine. Gemeinsam haben sie, dass alle – bis auf die AfD – seit Jahren steigende Summen aus Steuergeldern erhalten, die so genannten Globalzuschüsse. Aktuell sollen es mehr als 600 Millionen Euro jährlich sein, während die Obergrenze für die staatliche Parteifinanzierung bei rund 200 Millionen Euro liegt.

Die Stiftungen sind der Über- und Unterbau der Parteien. Sie schulen und bilden, sie fördern und lehren. Sie archivieren. Alles für und mit der Partei, der sie nahestehen und die sie als nahe stehend anerkennt. Abgesegnet durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1986, das dies alles zulässt, solange Verein und Partei rechtlich und organisatorisch klar voneinander getrennt sind.

Doch während die teilweise Staatsfinanzierung der Parteien kleinteilig geregelt ist, gibt es für die Stiftungen nur die Entscheidung des Haushaltsgesetzgebers und den Leitsatz aus Karlsruhe, wonach „alle dauerhaften, ins Gewicht fallenden politischen Grundströmungen in der Bundesrepublik Deutschland“ angemessen zu beteiligen seien. In der Staatspraxis läuft dies darauf hinaus, dass die Stiftungen ihren Finanzbedarf melden und dem dann entsprochen wird oder auch nicht. Besonders transparent war das nie, und wenn man bedenkt, dass die Stiftungsvertreter mit die meisten Lobbyisten-Hausausweise für den Bundestag besitzen, ist „parteinah“ wörtlich zu nehmen.

Mit der AfD ist die Tradition prekär geworden

Mit dem Nichtwiederverschwinden der AfD ist auch diese Tradition prekär geworden, weil materielle Kriterien für einen Ausschluss einer Partei von staatlichen Mitteln fehlen. Es regiert das Prinzip Mehrheit. Damit das nicht allzu dünn aussieht, betont der Haushaltsentwurf, dass Zuschüsse nicht gewährt werden dürfen, „wenn begründete Zweifel an der Verfassungstreue von Organen oder Beschäftigten bestehen“. Gibt es die bei der AfD-Stiftung? Dazu sagt der Entwurf nichts. Stattdessen wird bei denen, die immer schon Geld bekamen, ausdrücklich angenommen, dass sie es verfassungsmäßig verwenden werden.

Ein netter Kniff, um sich um die Frage herumzudrücken, ob Erasmus von Rotterdam als Namensgeber einer rechtsextremen Tarnorganisation herhält. Die muss aber entschieden werden, sonst klappt es nicht mit dem Vorhaben, die AfD von den Geldströmen abzuschneiden. Denn wenn dies nicht nachzuweisen ist, schlägt das Prinzip Gleichheit das Prinzip Mehrheit. Daher braucht es klare Grundlagen, sprich: Ein Gesetz. Nur will in der Politik kaum jemand diese Diskussion forcieren. Mit ihr würde die Frage aufgeworfen, ob die Stiftungen wert sind, was sie kosten.

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