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Nicht nur bei Verkehrsdelikten soll der Führerschein entzogen werden.

© Marius Becker/dpa

Statt Haft- oder Geldstrafe: Ein Fahrverbot als Strafe wäre angemessen

Der Entzug des Führerscheins als neue Sanktion im Strafrecht? Bundesjustizminister Heiko Maas will das. Die Idee ist gar nicht dumm. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Robert Birnbaum

Auf manche Ideen kommen nur große Jungs. Zum Beispiel müssen lauter große Jungs am Werk gewesen sein, als die große Koalition vor drei Jahren in ihren Vertrag eine neue Strafart für verurteilte Übeltäter hineinschrieb: Statt Haft- oder Geldstrafe soll künftig als dritte Bußmethode der Führerschein zeitweise einkassiert werden. Und zwar nicht nur bei Verkehrsvergehen, sondern generell. Der Bundesjustizminister hat das jetzt in einen Gesetzentwurf gegossen, der absehbar noch für allerlei böses Blut sorgen wird.

Wenn man politisch ein bisschen um die Ecke denkt, kann man sogar sagen: Es gibt da welche, die sich Protest und Widerspruch geradezu wünschen, sofern er nur von der richtigen, also der falschen Seite kommt. Warum sonst hätte Manuela Schwesig, Familienministerin, SPD, gleich darauf hingewiesen, dass die Lappen-weg-Sanktion auch Trennungsväter treffen soll, die hartnäckig ihren Unterhalt an Frau und Kinder nicht zahlen?

Schwesig stammt aus Mecklenburg-Vorpommern. Seit dort der Wahltermin in Sichtweite kommt, wirkt sie ein wenig hyperaktiv. Ihr jetziges Fingerschnipsen passt ins Bild: Auch an der Ostseeküste sind geschiedene Frauen eine wichtige Wählergruppe.

Das liebste Statussymbol

Sieht man von diesem kleinen Schönheitsfehler ab, ist das Projekt in der Sache gar nicht dumm. Der Zweck einer Strafe besteht darin, dass sie weh tut. Anders ist kleinen Kindern und großen Sündern bedauerlicherweise oft nicht einzubläuen, dass man fremde Sachen nicht wegnimmt oder dass man Zahlungspflichten zu erfüllen hat.

Der Instrumentenkasten des Strafrechts enthält bisher gemeinnützige Arbeit, Geld- oder Freiheitsentzug. Davon lässt sich nicht jeder Täter beeindrucken. Mancher hat zu viel Geld, als dass ihn Tagessätze schmerzen würden, mancher andere umgekehrt zu wenig. Um diesen Typen beizukommen, soll der Richter das liebste Statussymbol stilllegen können.

Darüber, ob der Führerscheinentzug überhaupt als Strafe wirkt, sollte man sich nicht allzu viele Sorgen machen. Der ADAC hat sofort schon aufgejault, und mit derart schlechten Argumenten, dass man merkt: Da ist ein Nerv getroffen. Ein Fahrverbot wirkt nur bei Verkehrsdelikten erzieherisch? Dann wäre Geldstrafe für Prügelei oder Haft für Bankraub ebenfalls inkonsequent. Pendler brauchen ihr Auto? Stimmt. Das wussten sie aber vorher.

Eine typische Große-Jungs-Strafe

Entscheidend ist bei dieser neuen Strafform, dass die Gerichte sie mit Verstand anwenden. In Berlin kann ein Fahrverbot wirkungslos, auf dem Land umso folgenschwerer sein. Nicht jeder Vater, der nicht zahlen will, wird also das Gericht nur noch zu Fuß verlassen. An säumige Mütter denkt übrigens interessanterweise niemand – erstens ist der Fall seltener, und zweitens ist der Führerscheinentzug eine typische Große-Jungs-Strafe.

Deshalb ist das Unterhaltsrecht beileibe nicht das einzige, aber ein gutes Anwendungsgebiet. Dafür, dass einer Alimente nicht zahlt, gilt spätestens seit den letzten Reformen des Unterhalts- und Sorgerechts keinerlei Entschuldigung mehr. Scheidungskrieg mit dem Portemonnaie zu führen ist mies und kleinlich. Dafür ist eine miese, kleinliche, hochnotpeinliche Strafe genau angemessen.

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