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Sonntagsbrötchen, die dank BGH auch sonntags verkauft werden dürfen.

© dpa

Sonntagsbrötchen vor Gericht: Sehr deutsches Gartenzwerggeplänkel

Der Streit um die "nackte Semmel" aus München offenbarte wieder mal, wie irregeleitet manche Vorschriften hierzulande sind. Ein Zwischenruf.

Ein Zwischenruf von Barbara John

Eine Bäckerei in München hat an einem Sonntag Brote und Brötchen verkauft, nachdem die erlaubte Öffnungszeit von drei Stunden überschritten war. Am Pfingstmontag, für den ein vollständiges Verkaufsverbot gilt, wurden sogar eine Brezel, unbelegte Brötchen und ein Laib Brot über den Ladentisch gereicht. Flugs landete der Inhaber mit diesen Taten als Gesetzesbrecher vor dem Bundesgerichtshof (BGH), dem obersten Gericht der Bundesrepublik(letzte Instanz) für Zivil- und Strafverfahren. Ermittelt wurden die Straftaten durch Testeinkäufer der „Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs“, eine unabhängige Einrichtung der deutschen Wirtschaft, die sich also für „lauteren Wettbewerb“ einsetzt. Sie versteht sich als Selbstkontrolle der gesamten Wirtschaft, um den „Wettbewerb zu schützen“. Klingt seriös und nützlich. War aber in diesem Fall dumm und schädlich, ein klassischer Schildbürgerstreich.

Der scheiterte an der alltagsklugen, rechtsfehlerfreien Logik der Bundesrichter. Bekannt war schon aus dem Urteil der zweiten Gerichtsinstanz (OLG München), dass in den Verkaufsräumen der Bäckerei auch kleine Cafés betrieben wurden. Damit konnte das Gaststättengesetz zum Zuge kommen.

Freier Verkauf für freie Bürger!

Diese Begründung reichte der Wettbewerbszentrale aber nicht, die argumentierte, „die nackte Semmel“ sei keine zubereitete Speise, also dürfe sie nicht im Bäckergeschäft verkauft werden.

Da war Karlsruhe anderer Meinung. Bei Brötchen handele es sich um „essfertig gemachte Lebensmittel“, die, wie ein belegtes Brötchen im Café, auch im Laden verkauft werden könnten. Ergebnis: In Bäckereien mit Café gelten nun bundesweit längere Ladenöffnungszeiten. Der Verkauf von Backwaren ist dort auch außerhalb der üblichen Ladenschlusszeiten erlaubt. Ein voller Sieg?

Schön wär’s, es war aber nur ein sehr deutsches Gartenzwerggeplänkel. Warum überlässt es der Staat nicht den Ladeneigentümern, ob sich Sonntagsöffnungen lohnen, wie in den meisten EU-Ländern? Freier Verkauf für freie Bürger, hinter und vor dem Ladentisch? Nicht bei uns!

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