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Wie viel Merkel braucht die CDU?

© Montage: TSP/Kostrzynski/imago/SNA; imago images/Photothek; dpa

Ringen um den richtigen Kurs: Wie viel Merkel braucht die CDU noch?

Willkommenskultur und Kurs der Mitte – Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Günther will das Erbe der Altkanzlerin hochhalten. CDU-Chef Merz sollte das nicht ignorieren.

Ein Kommentar von Maria Fiedler

Es sind bemerkenswert klare Sätze, mit denen Daniel Günther seine Partei ermahnt hat: Im Tagesspiegel-Interview riet Schleswig-Holsteins Ministerpräsident – einer der erfolgreichsten in der CDU – der Union Zuwanderung als etwas Positives wahrzunehmen. Er plädierte für eine „sensible Sprache“ beim Thema Migration und eine Fortsetzung des „Kurses der Mitte“ von Altkanzlerin Angela Merkel.

Die Ansage hielt Günther offenbar für nötig, nachdem CDU-Chef Friedrich Merz arabischstämmige Jugendliche als „kleine Paschas“ bezeichnet und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt von einem „Verramschen“ der deutschen Staatsbürgerschaft gewarnt hatte.

Die Union hadert schon länger mit dem richtigen Verhältnis zwischen Hilfe und Härte. Die Flüchtlingskrise 2015 und 2016 wurde als Kontrollverlust wahrgenommen, die Willkommenskultur unter Angela Merkel nachträglich infrage gestellt. Dann zerbrach 2018 fast die Fraktionsgemeinschaft zwischen CDU und CSU wegen eines Streits über Zurückweisungen an der Grenze.

Markus Söder, heute CSU-Chef, polemisierte über „Asyltourismus“ und musste später erkennen, dass man mit der verbalen Annäherung an die AfD nur das Original stärkt.

Die CDU arbeitete das Thema Migration unter Kurzzeit-Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer in einem „Werkstatt-Gespräch“ auf. 2015 darf sich nicht wiederholen – das ist das Mantra.

Doch seitdem tut sich die Union schwer damit, einen Umgang mit dem Thema zu finden. Es herrscht bei vielen Sprachlosigkeit.

Die Sorge, der AfD zu helfen, wenn man das Thema Migration hochzieht, paart sich mit der Sorge, für harte Forderungen in die rechte Ecke gestellt zu werden.

Auch Friedrich Merz zeigt sich bei dem Thema wenig trittsicher. Er spricht Probleme an – beispielsweise beim Thema Integration – und bekommt dafür viel Applaus aus den eigenen Reihen. Gleichzeitig schießt er in der Wortwahl über das Ziel hinaus.

Die CDU muss inhaltlich klar sein, Polemik aber braucht sie nicht. 

Maria Fiedler

Daniel Günther, der bei manchen in der Union schon als „Genosse Günther“ verschrien war, empfiehlt der CDU nun (s)einen Kurs: Klare Positionen, aber eine sensible Sprache. Haudrauf-Sprüche sein lassen, die Extreme meiden – lieber ein bisschen langweilig, dafür aber verlässlich.

Braucht die Partei also wieder mehr Merkel-Kurs? Die Parteianhänger lieben Friedrich Merz vor allem deshalb, weil er anders ist als die Altkanzlerin und klare Kante zeigt. Die Merkel-Jahre werden mit einer inhaltlichen Entleerung der CDU in Verbindung gebracht.

Doch wenn die Partei in breite Gesellschaftsschichten anschlussfähig sein will, dann sollte sie zumindest in diesem Punkt auf Günther hören: Die CDU muss inhaltlich klar sein, Polemik aber braucht sie nicht.

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