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Ein Mann sitzt mit FFP2-Maske in der U-Bahn.  Foto: dpa/Christoph Soeder

© Christoph Soeder/dpa

Ringen um Corona-Regeln: Kommt jetzt das Masken-Aus in Bussen und Bahnen?

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther will die Maskenpflicht in Bussen und Bahnen abschaffen – und auch die anderen Länder überzeugen. Doch die sind skeptisch.

Daniel Günther gilt eigentlich nicht als einer, der ständig mit neuen Vorschlägen nach vorne prescht. Doch zur Zeit gibt sich der Ministerpräsident Schleswig-Holsteins als Antreiber. Wenn es nach ihm geht, sollen die Corona-Maßnahmen jetzt schrittweise auslaufen. Ende vergangener Woche verkündete er das Ende der Isolationspflicht für Corona-Infizierte. Und er will zum neuen Jahr die Maskenpflicht in Bussen und Bahnen abschaffen.

Günther möchte dabei die anderen Bundesländer mitziehen und so eine einheitliche Regelung erreichen. Doch während ihm beim Ende der Isolationspflicht eine Reihe anderer Länderchefs folgten, ist das Echo bei der Abschaffung der Maskenpflicht deutlich zurückhaltender. Verläuft der Vorstoß erfolglos?  

Auf Anfrage des Tagesspiegels skizzierte das Gesundheitsministerium in Schleswig-Holstein die Überlegungen Günthers: Man könnte sich heutzutage gut vor dem Coronavirus schützen – so wie vor anderen Infektionskrankheiten auch. Durch die Coronaschutzimpfung, die Verfügbarkeit von Medikamenten und die Möglichkeit des freiwilligen Maskentragens gebe es wirksame Instrumente. „Schleswig-Holstein wird deshalb Gespräche mit den anderen Bundesländern aufnehmen mit dem Ziel, die Maskenpflicht in Bus und Bahn spätestens am 1. Januar 2023 enden zu lassen.“

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Einheitliche Linie gewünscht

Die Maskenpflicht in Bussen und Bahnen ist eine der letzten wirklich sichtbaren Coronamaßnahmen. Eine Umfrage des Tagesspiegels unter allen 16 Bundesländern zeigt, wie skeptisch viele angesichts des Vorstoßes aus Schleswig-Holstein sind.

„Ebenso wie bei der Debatte um die Aufhebung der Isolationspflicht für Corona-Infizierte halten wir es nicht für klug, die wenigen geltenden Basisschutzmaßnahmen mitten im dritten Pandemiewinter aufzugeben“, hieß es etwa aus Niedersachsen. Auch aus Berlin, Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg, Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Bremen ist zu hören, eine Abschaffung der Maskenpflicht im ÖPNV sei derzeit nicht geplant.

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann etwa (CDU) erklärte, aus seiner Sicht brauche es bei der Maskenpflicht in Zügen, Bussen und Bahnen eine einheitliche Linie. „Aktuell ist vom Bund eine Maskenpflicht im Fernverkehr vorgegeben, so dass wir auch in Nordrhein-Westfalen im ÖPNV an der Maskenpflicht festhalten“, sagte Laumann.

Sollten sich die Corona-Bedingungen ändern, sollten sich Bund und Länder möglichst gemeinsam auf Änderungen verständigen. „Denn den Bürgerinnen und Bürgern wäre nur schwer zu vermitteln, warum sie in den Zügen des Fernverkehrs eine Maske tragen müssen, während das im ÖPNV nicht der Fall ist“, sagte Laumann.

Die Bürger verstehen nicht, wenn in einem Land es so ist, in dem anderen Land so.

Manuela Schwesig über einen möglichen Flickenteppich

Auch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) mahnt ein einheitliches Vorgehen der Bundesländer an. „Weil wir kennen die Diskussion bei den Bürgern. Sie verstehen nicht, wenn in einem Land es so ist, in dem anderen Land so“, sagte sie. Daher sollten die Gesundheitsminister auf ihrer Konferenz sowohl die Frage der Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr als auch die Frage der Isolationspflicht gemeinsam beraten.

Im SPD-geführten Bundesgesundheitsministerium stößt Günthers Masken-Vorstoß ebenfalls auf wenig Gegenliebe. „Masken schützen erwiesenermaßen vor Infektionen. Das sollten wir jetzt im Jahre drei der Pandemie eigentlich gelernt haben“, sagte eine Sprecherin.

Auf diesen Schutz zu verzichten, gerade dort, wo Menschen auf engstem Raum dicht gedrängt seien, halte man für unvorsichtig. Es sei jetzt Mitte November. „Wie die Infektionslage dann Ende Dezember aussehen wird, wie die Lage in den Krankenhäusern sein wird, können wir alle noch nicht beurteilen, auch Schleswig-Holstein nicht.“

Beifall von der FDP

Maria Klein-Schmeink, zuständige Vize-Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, hält von der Abschaffung der Maskenpflicht ebenfalls wenig. „Auf die Nutzung des ÖPNV sind viele dringend angewiesen, er ist häufig übervoll, das Ansteckungsrisiko hoch“, sagt sie. Es gibt keine neue Lage, die eine solche Entscheidung begründen könnte. Zugleich sei der Infektionsschutz durch beiderseitiges Masketragen „hochwirksam und wenig in die Persönlichkeitsrechte eingreifend.“

Beifall für Günthers Schritt gibt es von FDP-Vize Wolfgang Kubicki. „Niemand kann noch nachvollziehen, warum man im Bus oder in der Bahn Maske tragen muss, während man im Flugzeug hiervon befreit ist“, sagte er dem Tagesspiegel. Und selbstverständlich sei die Pflicht zum Tragen einer Maske im Fernverkehr aus den selben Gründen obsolet. Seine Fraktionskollegin Gyde Jensen plädiert für einen differenzierten Umgang mit dem Virus. „Es ist gut, dass das auch die Union verstanden hat. Ich würde dennoch empfehlen, dass sich die unionsgeführte Landesregierung mit den Nachbarbundesländern abspricht.“

Es droht nun wieder mehr Uneinheitlichkeit bei den Coronaregeln. Beim Ende der Isolationspflicht für Corona-Infizierte zeichnet sich eine Spaltung unter den Ländern ab, wie eine Abfrage des Tagesspiegels unter den Gesundheitsbehörden zeigt. Nachdem am Freitag Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Schleswig-Holstein ankündigten, keine Isolationspflicht mehr verhängen zu wollen, erklärten Thüringen, Sachsen, Rheinland-Pfalz und Berlin, ebenfalls über diesen Schritt zu diskutieren oder zumindest den Vorstoß der vier Länder zu „bewerten und zu prüfen“. Auch im Saarland hält man es für denkbar, über eine Abschaffung zu diskutieren.

Damit würden mehr als die Hälfte der Bundesbürger in Ländern leben, in denen es bald keine Isolationspflicht mehr gibt oder über ein Ende diskutiert wird. Andere Bundesländer wie NRW und Niedersachsen halten von dem Schritt hingegen wenig. Die Sorge ist etwa, dass nun infizierte Arbeitnehmer im Job erscheinen und andere anstecken.

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