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Ja? Nein? Schaffen es die Piraten trotz der Niederlage in Niedersachsen in den Bundestag?

© dpa

Wahlschlappe in Niedersachsen: Piratenchef Bernd Schlömer fordert von seiner Partei mehr Mut

Sie üben sich im Zweckoptimismus nach der Klatsche in Niedersachsen. Aber die Verantwortlichen der Piratenpartei wissen, dass auch "interne Querelen" für das schlechte Abschneiden verantwortlich sind. Sie haben nun eine neue Hoffnung: "Politische Megafone".

Es war in einer Zeit als das Netz noch in den Kinderschuhen steckte und der Kanzler noch Helmut Kohl hieß. Da forderte der damalige Bundespräsident Roman Herzog einen Ruck, der durch Deutschland gehen müssen. Bernd Schlömer, Chef der Piratenpartei, bediente sich einen Tag nach der krachenden Wahlniederlage in Niedersachsen diesem Bild. "Durch die Piratenpartei muss ein Ruck gehen", sagte er und knete dabei seine Hände. Ihm war anzumerken, dass ihm diese Niederlage wurmt. Auf dem Niveau von 2009 seien sie wieder angekommen.

Und das ist für die Piraten gefühlt so lange her wie Helmut Kohl. Damals waren über zwei Prozent Zuwachs noch ein Erfolg, für den sie sich aber auch damals schon nichts kaufen konnten. Es folgte ein Jahr schwerer Auseinandersetzungen, dann kam, 2011, die Wahl in Berlin und die katapultierte diese Partei in eine völlig neue Dimension. Weitere Landtagseinzüge folgten - jedesmal souverän ohne Zittern an der Fünf-Prozent-Hürde.

Zittern mussten sie auch diesmal nicht, denn in Niedersachsen waren sie zu keinem Zeitpunkt in der Nähe der fünf Prozent. Und Bernd Schlömer macht auch die "internen Querelen" der vergangenen Monate für die Niederlage mitverantwortlich. Von einer "Ohrfeige und einer Watschn" sprach er. Persönliche Konsequenzen wolle er nicht ziehen. "Ich halte durch - bis zur Bundestagswahl", sagte er am Montagmittag. Vielmehr will er, dass die Piraten in den tagesaktuellen politischen Debatten sichtbarer werden. "Wir müssen uns proaktiver in die Kommentierung einmischen", sagte Schlömer. Mutiger sollen sie werden und nicht erst so lange über eine Pressemitteilung beispielsweise diskutieren, bis das Thema der Mitteilung längst schon wieder durch ist.

Der Politische Geschäftsführer, Johannes Ponader greift den Punkt auf und kündigt an, dass die Piratenpartei nun "politische Megafone" installieren wolle. Es ist nicht zu befürchten, dass die Piraten nun in alter Wahlkampfmanier mit einem Transporter durch die Straßen fahren und Parolen skandieren, sondern sie wollen thematisch mehr Personen in den Vordergrund rücken, die auch dann mal eine Meinung äußern dürfen, wenn der Meinungsbildungsprozess innerhalb der Partei noch nicht ganz abgeschlossen und noch nicht alles in Programmatik gegossen ist. Ponader gewinnt dem ganzen etwas Positives ab. "Jetzt ist eine Last von unseren Schultern gefallen", sagte er. Die Last des Gewinnen-Müssens.

Allerdings wissen sie in der Piratenführung auch, dass sie ohne Stimmengewinne den Einzug in den Bundestag im September nicht schaffen werden. Und am Tag nach der Niedersachsen-Niederlage war den Verantwortlichen die Enttäuschung anzumerken. Der Frust über die doch deutliche Schlappe musste am Vorabend mit dem ein oder anderen Bier heruntergespült werden. Aber es hat wohl geholfen. Zumindest Bernd Schlömer gab sich bei aller Kritik auch kämpferisch, vor allem in Richtung SPD-Chef Sigmar Gabriel., der hatte Stimmen für Piraten und Linkspartei als "verlorene Stimmen" bezeichnet. "Ihm wird das Lachen noch im Halse stecken bleiben, denn wir werden weiter angreifen."

Konkrete Konsequenzen aus der Pleite in Niedersachsen wollen die Piraten bei einem Strategietreffen Anfang Februar in Leipzig beraten. Möglicherweise wird dann auch das Thema ständige Mitgliederversammlung im Netz nochmal neuen Schwung bekommen. Denn gerade der vergangene Bundesparteitag hat die Grenzen der Piraten aufgezeigt - statt spannender inhaltlichen Debatte lieferten sich die Piraten vor allem einen Kampf um Geschäftsordnungsanträge. Inhaltliche Einigungen gab es nur auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner. Auch deshalb wollen Teile der Parteiführung eine Ständige Mitgliederversammlung im Netz, um solche ineffektiven Massenversammlungen zu verhindern. Parteitage sollten dann eher für Personalentscheidungen herhalten. Allerdings lehnte eine breite Mehrheit die Debatte über dieses Instrument auf dem letzten Bundesparteitag ab. Johannes Ponader hofft nun auf einen zweiten Anlauf. "Wir müssen die Debatte darüber führen", sagte er.

Dass sie in einem Lagerwahlkampf zwischen Rot-Grün und Schwarz-Gelb zermahlen werden, befürchten die Piraten indes nichts. Im Gegenteil. Darin sehen sie ihre Chance. "Uns rechnet man keinem Lager zu und wir können jeden angreifen", sagte Ponader. Gleichzeitig, und das zeigt vielleicht auch, wie schwierig die Lage für die Piraten ist, machte die niedersächsische Spitzenkandidatin Katharina Nocun genau diesen Lagerwahlkampf in Niedersachsen für die Niederlage der Piraten verantwortlich.

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