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Nach dem rechtsextremen Antisemitismus ist vor allem der islamische Judenhass ein Problem.

© Christoph Soeder/dpa

Neue Allensbach-Studie: Antisemitismus in Deutschland weitverbreitet

Eine Untersuchung des Allenbach-Instituts weist Antisemitismus in Deutschland nach. Insbesondere AfD-Wähler und Muslime seien anfällig für Judenhass.

Noch nie gab es in Deutschland so viele antisemitische Vorfälle wie im Jahr 2021. Vergangenes Jahr kam es zu 3.028 Straftaten mit judenfeindlichem Bezug. Dies ist der höchste Wert seit Erfassung der polizeilichen Kriminalstatistik im Jahre 2001. Mit 2.552 Fällen hatte die Mehrheit der Taten einen rechten Hintergrund. Alarmierend ist auch, dass der Anteil antisemitischer Straftaten mit „ausländischer Ideologie“ um 217 Prozent auf 127 Straftaten stark anstieg.

Diese Entwicklung bestätigt eine Repräsentativbefragung des Instituts für Demoskopie Allensbach (IFD). Die Studie wurde vom American Jewish Committee (AJC) in Auftrag gegeben und am Dienstag in einer Pressekonferenz in Berlin vorgestellt. Darin geht es unter anderem um Antisemitismus unter AfD-Wählern und Muslimen - aber auch in der Gesamtgesellschaft.

AJC-Direktor Remko Leemhuis erklärte, dass Antisemitismus „keinesfalls nur ein Problem der politischen Ränder ist“. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung Felix Klein sagte, es gebe in allen gesellschaftlichen Bereichen Judenhass und man müsse „vor jeder Türe kehren“.

Viele halten eine NS-Erinnerungskultur nicht für „unbedingt notwendig“

So denken beispielsweise 23 Prozent der Gesamtbevölkerung, dass Juden zu viel Macht in Wirtschaft und Finanzwesen hätten. 18 Prozent vermuten einen zu großen jüdischen Einfluss in Politik und Medien. Und elf Prozent teilen die Auffassung, dass Juden für viele Wirtschaftskrisen verantwortlich seien.

Besonders erschreckend ist, dass fast jeder Zweite in Deutschland eine NS-Erinnerungskultur für nicht „unbedingt notwendig“ erachtet. „Dies ist in höchstem Maße alarmierend, denn Erinnerungsarbeit bleibt ein wichtiges Element in der Präventionsarbeit“, sagt Leemhuis. AfD-Wähler seien besonders verfänglich für Judenhass: Beispielsweise sind 48 Prozent der AfD-Anhänger überzeugt, dass Juden die Erlebnisse der Schoa zu ihrem eigenen Vorteil ausnutzten – das sind 14 Prozent mehr als die Gesamtbevölkerung.

Auf pro-palästinensischen Demonstrationen kommt es immer wieder zu antisemitischen Äußerungen.
Auf pro-palästinensischen Demonstrationen kommt es immer wieder zu antisemitischen Äußerungen.

© Foto: dpa

Des Weiteren sei israelbezogener Antisemitismus ein Problem. „Selbstverständlich kann man Israel kritisieren. Problematisch aber ist es, wenn andere Standards angelegt werden“, erklärt AJC-Direktor Leemhuis. Ob Israelkritik antisemitisch ist, könne man mit der sogenannten 3D-Regel überprüfen: Doppelstandards, Delegitimierung und Dämonisierung.

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Ist eines der Kriterien erfüllt, handle es sich um Antisemitismus. Insbesondere Muslime sind nach Erkenntnissen der Studie gegenüber Israel negativ eingestellt. So geben 63 Prozent an, ein schlechtes oder sehr schlechtes Bild über den jüdischen Staat zu haben, in der Gesamtbevölkerung sind es 23 Prozent. Auch deshalb gebe es einen „dringenden Handlungsbedarf“ gegen islamischen Antisemitismus vorzugehen, so Leemhuis.

Ausländischer Einfluss in Moscheen ist groß

Die Studie geht davon aus, dass es einen Zusammenhang zwischen Moscheebesuchen und Antisemitismus gibt: So würden Gläubige, die häufiger in eine Moschee gingen, dem Judenhass stärker anhängen. Dies sei unter anderem darauf zurückzuführen, dass viele Moscheen in Deutschland unter ausländischem Einfluss stünden. Dazu zähle unter anderem der vom türkischen Autokraten Erdogan gesteuerte Verband Ditib mit seinen 800 Moscheen in Deutschland.

Außerdem gebe es hierzulande 150 Moscheen, die vom Iran beeinflusst sind, einer der dortigen Leiter werde gar vom Ajatollah bestimmt. Daher müsse die deutsche Politik die „Abhängigkeiten und die Einflüsse von außen verringern“, erklärt der Antisemitismusbeauftragte Felix Klein gegenüber dem Tagessspiegel. Deutschland habe die „muslimische Seelsorge zu lange nicht beachtet“. Man müsse eine „spezifisch deutsche Form des Islams entwickeln“, um den Bedürfnissen der hier lebenden Muslimen gerecht zu werden. Dadurch könne man islamischen Antisemitismus bekämpfen.

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