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Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bei seiner Enthüllung iranischer Dokumente.

© AFP

Nach der Enthüllung von Iran-Dokumenten: Netanjahu unbeeindruckt

Wie Israels Premier Benjamin Netanjahu die Kritik an seiner Enthüllung von Geheimdokumenten zum Iran kontert.

Selbstbewusst und siegessicher wie immer – so gibt sich Israels Premier Benjamin Netanjahu dieser Tage, trotz Kritik an seiner inszenierten Enthüllung von Geheimdokumenten über das iranische Nuklearprogramm. Man habe Frage- in Ausrufezeichen verwandelt, so Netanjahu. Das Interesse an den Daten sei groß: An diesem Wochenende würden Expertenteams aus Deutschland, Großbritannien und Frankreich nach Israel kommen, um die Materialien zu untersuchen, kündigte der Premier am Dienstag an. Auch Russland, China und die Internationale Atomenergiebehörde habe man kontaktiert.

Netanjahu hatte am Montagabend in einer ungewöhnlichen Präsentation verkündet, Israel habe mehr als 55000 Seiten geheimdienstliches Material aus dem Iran geschmuggelt, welches belege, dass der Iran gelogen habe und der 2015 geschlossene Atomdeal ein schlechter sei. Aus den europäischen Ländern kommt heftige Kritik an Netanjahus Äußerungen. Zunächst meldete sich die EU-Außenbeauftragte Mogherini zu Wort, sie sehe keine Beweise, dass der Iran die Abmachungen gebrochen habe. Aus Frankreich und Großbritannien war zu hören, Netanjahus Anschuldigungen belegten, dass es das 2015 geschlossene Atomabkommen gerade brauche, um Irans Aktivitäten zu kontrollieren. In dem Abkommen wurde vereinbart, dass der Iran in den kommenden Jahren wesentliche Teile des Atomprogramms einschränkt und dafür Sanktionen aufgehoben werden. Ziel ist es, den Iran daran zu hindern, Atomwaffen zu erlangen.

Es regen sich Zweifel

In Israel weisen Gegner des Nukleardeals auf dessen Präambel hin, wonach der Iran bekräftigt, dass er unter keinen Umständen Nuklearwaffen anstreben, entwickeln oder erhalten wird. Archive würden allerdings für die Zukunft gelagert, twitterte der Knessetabgeordnete und ehemalige Botschafter in den USA, Michael Oren, und meinte damit die von Israel entdeckten Dokumente zum iranischen Nuklearprogramm. Der Iran hätte das Archiv für die Zeit nach dem Auslaufen des Deals behalten. Das sei ein Verstoß gegen den Vertrag.

Doch auch in Israel regen sich Zweifel, wie aussagekräftig die gesammelten Daten wirklich sind. Dani Jatom, ein früherer Chef des israelischen Geheimdienstes Mossad, sagte, Netanjahu habe in seinem Vortrag keine neuen Informationen über das iranische Nuklearprogramm vorgelegt. „Das war eine fantastische Operation des israelischen Geheimdienstes, bei der eine Menge Material gesammelt wurde. Aber es ist altes Material, das sich auf die Zeit vor 2015 bezieht“, sagte er in einem Radiointerview. Auch er ist überzeugt, dass damit keine Beweise für einen Bruch des Nuklearabkommens vorliegen.

Medienberichten zufolge hatte Netanjahu bereits Stunden vor seinem Auftritt dafür gesorgt, dass das Land gebannt auf seine Rede blicken wird. Am Montagmittag rief er das Sicherheitskabinett zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen, Stunden nach dem Angriff auf eine iranische Stellung in Syrien, was die Anspannung im Land nur noch weiter ansteigen ließ. Medien berichten, Netanjahu habe die Minister aufgefordert, sich nicht zu den Enthüllungen zu äußern – wohl auch, um Kritik zu vermeiden.

Unterstützt durch eine Powerpointpräsentation mit kurzen Einspielern, inszenierte sich Netanjahu am Abend dann als Enthüller, der bislang geheime Erkenntnisse offenlegt. Mit ernstem Blick trat er auf die Bühne, zog wie ein Magier ein schwarzes Tuch von einem Regal mit Aktenordnern und einer Wand voller CDs. Berichten zufolge soll es sich um eine halbe Tonne Material handeln, das israelische Geheimagenten binnen einer Nacht im Januar aus einer Lagerhalle in Teheran geschmuggelt und nach Israel gebracht haben. Dieses Archiv sei bereits 2016 entdeckt worden. Wie es gelungen ist, die Unterlagen unbemerkt aus einem feindlichen Land zu schaffen, bleibt unbeantwortet. Ebenso ist unklar, welche Alternative Netanjahu zum Abkommen mit dem Iran vorschlägt.

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