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Helge Braun, Norbert Röttgen, Friedrich Merz und Paul Ziemiak.

© HANNIBAL HANSCHKE / POOL / AFP

Partei unter Modernisierungsdruck: Mit Männerdominanz hat die CDU keine Zukunft

Frauenprobleme, Themenprobleme und rechts die AfD: Die CDU könnte ihre strategische Mehrheitsfähigkeit einbüßen. Es sei denn, sie besinnt sich. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Zum Wochenende kommt jetzt was? Und wer? Ein Mann als CDU-Vorsitzender, das in jedem Fall. Die Mitgliederbefragung läuft noch, am Freitag wird das Ergebnis vorgestellt, und die Partei, 20 Jahre von Frauen geführt, hat keine für die Spitze gefunden. Oder anders: Es haben sich keine bekannten gefunden, die der Forderung der noch immer kämpferischen Rita Süssmuth folgen und kandidieren wollten. Was wirkt wie ein Rückfall, kann auch einer werden.

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Warum das so ist? Die Empirie sagt’s denen, die es nicht glauben wollen: Heute ist mehr als jedes zweite CDU-Mitglied älter als 60 Jahre, unter den Wahlberechtigten aber nur rund jeder Dritte. Was bedeutet: Modernisierung und Verjüngung sind ein Muss, damit die CDU Mitglieder nicht verliert, sondern hält und gewinnt, vor allem Junge und Frauen. Wenn das nicht gelingt, wenn sie ihrem Altersdurchschnitt nicht trotzt, ihrer Männerdominanz, hat sie keine Zukunft.

Nun arbeitet die SPD mit Macht daran, dass die Union die strategische Mehrheitsfähigkeit auf Dauer einbüßt. Was passieren kann. Es sei denn, die CDU besinnt sich und nutzt ihre Oppositionszeit. Sie muss einen Platz finden zwischen dem breiten Ampel-Bündnis, das von links bis in die Mitte reicht, und der AfD rechtsaußen.

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Die alten Mitglieder bestimmen bis heute

Und wie? Die CDU muss sich öffnen, für Themen wie für Menschen. Ihre alten Mitglieder, die vielen Männer, politisch groß geworden in den 80er Jahren, sind bis heute die Mehrheit und bestimmen. Falsch! Die Welt hat sich rasant geändert, und mit ihr die Gesellschaft. Angela Merkels Modernisierungskurs wird womöglich erst jetzt so richtig sichtbar und in der Partei verstanden. Jetzt, nachdem sie alles verloren hat: die Macht und Merkel – und im Wahlkampf ein wenig sich selbst.

Ein Beispiel: Es fehlte eindeutig eine politische Idee, die in die Breite der Gesellschaft hineinwirkte. Frauen, Familie, Beruf, Aufstieg, soziale Sicherheit: Fehlanzeige. Es hat ihr niemand der Partei zugetraut, soziale Gerechtigkeit herzustellen.

Merz, Röttgen, Braun? Ende der Woche endet die Mitgliederbefragung zum neuen Parteivorsitzenden.

© Michael Kappeler/dpa

Die Umfrageergebnisse dazu waren eindeutig. Dass es da zwischenzeitlich eine Annäherung von SPD und Union gegeben hat, ist nicht notwendigerweise zum Schaden der CDU. Vielmehr muss es der neuen CDU-Führung gelingen, wie Merkel sozialpolitische Themen zu besetzen, um so den Sozialdemokraten nicht noch mehr Wähler zuzutreiben. Steuern zu senken ist kein Programm, offenbar nicht mal mehr unter den Unionswählern.

[Lesen Sie hier bei T-Plus: Nur Männer mischen im Poker um den CDU-Vorsitz mit - das hat einen traurigen Grund]

Wo die Union regiert, muss sie stattdessen einem Gesellschaftsbild den Weg bereiten, das sich in der Lebenswirklichkeit der Jüngeren wiederfindet. Das war mal ein Markenkern der Konservativen: als vor Jahrzehnten Süssmuth und Heiner Geißler für modernste Förderinstrumente warben, damals so etwas wie das Erziehungsgeld. Hier sollte sich die CDU, wo immer sie regiert, ganz schnell etwas einfallen lassen.

Wo die CDU erzkonservativ ist, verliert sie Zustimmung

Und nun sage keiner, der Modernisierungskurs sei nichts, um damit Mehrheiten zu holen. Merkel holte bei der Wahl 2013 genau damit erstmals nach fast 20 Jahren mehr als 40 Prozent der Zweitstimmen. Und hielt die AfD unter fünf Prozent. Das ist der Weg: weiter weg von der AfD. Alle Hinwendung zu rechteren Positionen verspricht keinen Gewinn, sondern einen Verlust an Stimmen und an eigener Identität.

Es ist sogar so, dass, wo der Kurs der CDU erzkonservativ ist, sich auch gutbürgerliche Wähler ab- und dafür den Grünen zuwenden. Siehe Baden-Württemberg. Und bei der Bundestagswahl gingen die Merkel-Moderaten am Ende zu den Scholzomaten, die nicht alles anders, aber viel besser machen wollten. Das waren die zehn Prozent, die die SPD auf knapp 26 Prozent brachten.

Stark gemacht hat die CDU nicht der Traditionalismus, von dem manche der Älteren träumen mögen. In die Vergangenheit zurück, um die Zukunft zu erringen? Ein Heiner Geißler wollte schon in 1980ern „die Paschas vom Thron stoßen“. Da sollte jetzt doch keiner auf den Thron kommen. Die Frauen in der CDU können das verhindern. Jeder Tag zählt.

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