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Um die Attraktivität des Dienstes in Litauen zu steigern, wird die Truppe in der Nähe von Vilnius und Kaunas stationiert. Geplant sind auch Einrichtungen für Kinderbetreuung und eine Schule.

© picture alliance/dpa/dpa/RONNY HARTMANN

Mit Kind und Kegel zum Auslandseinsatz: Bundeswehr-Brigade für Litauen nimmt Gestalt an

Pistorius bezeichnet sie als „das sichtbarste Leuchtturmprojekt der Zeitenwende“. Jetzt hat er verraten, wann und wie es mit der deutschen Dauerpräsenz an der Nato-Ostflanke losgehen soll.

Für die Bundeswehr ist es etwas völlig Neues, für Deutschland nicht. Wenn es um die neu aufzustellende Brigade für das von Russland bedrohte Nato-Partnerland Litauen geht, erzählt Verteidigungsminister Boris Pistorius gerne aus seiner Kindheit im Kalten Krieg, als das alte Westdeutschland die Ostflanke bildete.

Zum Schutz der Allianz waren damals amerikanische, französische und in Pistorius’ Heimatstadt Osnabrück britische Truppen fest stationiert – ganze Familien, mit Kind und Kegel.

Mit den Planungen für einen solchen Einsatz ist seit der politischen Entscheidung kurz vor dem Nato-Gipfel im Sommer nun das Verteidigungsministerium beschäftigt. Bis Jahresende wird eine detailgenaue „Roadmap“, also ein zeitlich-organisatorischer Fahrplan für eine Dauerpräsenz im Baltikum ausgearbeitet.

An diesem Mittwoch aber hat der Minister schon einmal erläutert, wie das „sichtbarste Leichtturmprojekt der Zeitenwende“ in seinen Grundzügen aussehen und ablaufen soll.

Warten auf die Infrastruktur

Bis die schwere Kampfbrigade des deutschen Heeres mit 3500 Männern und Frauen sowie schwerem Gerät voll einsatzfähig vor Ort sein wird, kann es noch vier bis fünf Jahre dauern. Das hängt auch davon ab, wie schnell die litauischen Gastgeber die nötige Infrastruktur bereitstellen.

Für einen neuen Übungsplatz wurde schon ein Wald gerodet, wie der Minister berichtete. Aber es braucht auch eine Truppenküche, Lagerhallen für Sprit und Munition oder Reparaturwerkstätten für Panzer und anderes schweres Gerät.

Mit einem Vorauskommando im zweiten Quartal des nächsten Jahres soll es losgehen, im zweiten Halbjahr soll ein erster provisorischer Stab die Arbeit aufnehmen, bis Ende 2024 plant Pistorius mit einer dreistelligen Zahl von Bundeswehrangehörigen vor Ort.

Im Jahr 2025 soll die „Litauen-Brigade“, die neu aus verschiedenen Truppenteilen zusammengestellt wird, offiziell mit eigenem Kommandeur und Wappen in Dienst gestellt werden. Sie wird dann Schritt für Schritt an ihren Bestimmungsort verlegt. Ziel ist laut Pistorius, dass „2026 richtig viel sichtbar“ wird.

3500
deutsche Soldatinnen und Soldaten werden künftig fest in Litauen stationiert.

Es geht schließlich um Abschreckung. Falls Kremlherrscher Wladimir Putin mit dem Gedanken spielen sollte, sich die frühere Sowjetrepublik wieder einverleiben zu wollen, soll er wissen, dass es seine Armee mit einer voll ausgerüsteten und sofort einsatzfähigen Bundeswehr-Kampftruppe zu tun bekäme.

Für die aktuell schon im Städtchen Rukla bei Kaunas stationierte Nato-Battlegroup unter deutscher Leitung mit 850 Bundeswehrangehörigen war bisher vorgesehen, dass im Krisenfall zusätzliche Kräfte aus Deutschland nachgeholt werden – nun wird die Präsenz dauerhaft gestärkt.

Die Brigade ist Teil der neuen Division, die Deutschland bis 2025 der Nato zur Verfügung stellen will. Das heißt konkret, dass ihr Einsatzgebiet nicht allein auf das 3,1-Millionen-Einwohner-Land beschränkt bleiben muss, wie Pistorius erläuterte: „Diese Brigade ist in Litauen stationiert, kann aber trotzdem verlegt werden.“

Attraktiv soll es werden

Viel ist nun von möglichst attraktiven Bedingungen die Rede, damit die Bundeswehrangehörigen gerne und freiwillig in Litauen Dienst tun. Weil es sich nicht mehr nur wie bisher um mehrmonatige, sondern mehrjährige Einsätze handelt, wird die Truppe nahe den beiden größten Städten Vilnius und Kaunas stationiert, der besseren Wohn-, Freizeit-, Kultur- und Verkehrsmöglichkeiten wegen.

Neben der festen Stationierung soll auch regelmäßiges Pendeln mit Militärmaschinen möglich sein für jene, die ihre Familie nicht mitbringen wollen. Das soll dennoch der Standard sein. Räume für die Kinderbetreuung und eine Schule sind ebenfalls schon in Planung.

Carsten Breuer als Generalinspekteur der Bundeswehr berichtete am Mittwoch über die Fragen, die ihm in Bezug auf Litauen aus der Truppe gestellt werden. Komme ich im Anschluss wieder an meinen alten Standort zurück? Kann ich ihn mir aussuchen? Wie lange bekämen Pendler am Stück frei? Gibt es feste Zulagen? Diese Details werden nun in den nächsten Wochen und Monaten geklärt.

Das gilt auch für die Geldfrage. Im Haushalt 2024 ist noch kein Geld für diese Bundeswehrpremiere vorgesehen. Klar ist aber auch, dass eine feste Auslandsstationierung einiges kosten wird. Eine konkrete Hausnummer nannte Pistorius am Mittwoch nicht. Er sagte nur, dass in der Regierung alle wüssten, dass der Verteidigungshaushalt dafür erhöht werden müsse.

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