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Zu sehr mit Mineralölresten belastet? Cem Özdemir will auch bei Adventskalendern eine andere Verpackung vorschreiben. 

© dpa/Monika Skolimowska

Mineralölreste in Verpackungen aus Altpapier: Länder stoppen Minister Özdemir

Der grüne Ernährungsminister will mehr tun für den Verbraucherschutz und hat eine neue Lösung bei Verpackungen aus Recyclingpapier. Aber die Länder machen nicht mit

Alle Jahre wieder – so beginnt eine Pressemitteilung aus dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, geleitet von Cem Özdemir (Grüne). Es geht in der am Freitagnachmittag verschickten Mitteilung allerdings nicht um weihnachtliche Friedensbotschaft. Denn die Überschrift lautet: „Ein schwarzer Tag für den Verbraucherschutz.“

Was war da passiert in der Länderkammer? Özdemir scheiterte mit einem Vorstoß, der darauf zielt, den Eintrag von potenziell krebserregenden Mineralölbestandteilen in Lebensmittel weiter zu verringern. Dafür hatte der grüne Minister eine Änderung der Bedarfsgegenständeverordnung auf den Weg gebracht. Diese zielt auf die Verwendung von Recyclingpapier bei Lebensmittelverpackungen.

In Altpapier sind potenziell gefährliche Mineralölkohlenwasserstoffe enthalten. Der Grund: Ein hoher Anteil des Altpapiers, das dann auch für Lebensmittelverpackungen verwendet wird, besteht aus alten Zeitungen, Zeitschriften, Anzeigenblättern oder Katalogen. Die dabei verwendeten Druckfarben enthalten oft Mineralöl, das im Verarbeitungsprozess nicht vollständig verschwindet.

„Funktionelle Barrieren“

Özdemirs Lösung für das Problem lautet „funktionelle Barriere“: Kann ein Produzent nicht nachweisen, dass das von ihm verwendete Verpackungspapier schon weitgehend frei ist von Mineralölbeständen, dann soll er seine Ware umhüllen oder beschichten, damit sie keinen direkten Kontakt mehr hat zum Papier oder zum Karton.

Ausdrücklich empfohlen wird in der Verordnung die Nutzung von „Zwischenbeuteln“. Im Fall eines Adventskalenders würde das bedeuten, dass das Stückchen Schokolade hinter dem Türchen eingewickelt wäre oder aber beschichtetes Papier für den Kalender genutzt würde.  

Als geeignet nennt die Verordnung Aluminium oder verschiedene Kunststoffe. Özdemirs Ministerium betont, es gehe aber nicht allein um Süßigkeiten, sondern auch um Produkte wie Müsli, Butter oder Pizza.

Einer isolierten Regelung auf nationaler Ebene bedarf es nicht.

Wirtschaftsausschuss des Bundesrats

Unterstützung fand Özdemir beim Umweltausschuss des Bundesrats. Der Wirtschaftsausschuss aber sperrte sich – und dessen Linie folgte das Bundesratsplenum, als es die Verordnung am Freitag ablehnte. In der Stellungnahme der Wirtschaftsministerien der Länder wird auf das im September beschlossene „Belastungsmoratorium“ der Ampel-Koalition „zur Vermeidung unverhältnismäßiger Bürokratie“ verwiesen.

Sie sind zudem der Auffassung, das Schutzniveau bei Altpapierverpackungen sei in Deutschland schon sehr hoch. Ein weiterer Punkt: Die „funktionellen Barrieren“ würden das Recycling von Verpackungen erschweren.

EU-Prüfung beginnt demnächst

Im Übrigen, so der Wirtschaftsausschuss, solle man abwarten, was auf EU-Ebene dazu beschlossen werde. Der Prozess zur Bewertung von Mineralölresten in Altpapier solle im Februar 2023 beginnen. „Einer isolierten Regelung auf nationaler Ebene bedarf es daher nicht“, heißt es in der Stellungnahme.

Özdemirs Ministerium spricht dagegen davon, dass damit die Lösung auf die lange Bank geschoben werde. Auf EU-Ebene werde „zeitnah“ nichts kommen. Die Annahme, dass Özdemir mit seiner Verordnung die Entscheidungsfindung auf EU-Ebene beeinflussen wollte, liegt allerdings nahe.

Die Wirtschaftspolitiker in den Ländern haben aber noch einen weiteren Vorschlag. Sie verweisen darauf, dass in Frankreich im vorigen April ein stufenweises Verbot mineralölhaltiger Druckfarben für Zeitungen und Magazine beschlossen worden sei. Offenkundig sei diese Lösung „technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar“.

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