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Reem Alabali-Radovan (33) ist Staatsministerin für Migration, Flüchtlinge und Integration sowie Antirassismus-Beauftragte der Bundesregierung. 

© Imago/Metodi Popow

„Mehr über Shoa reden“: Integrationsbeauftragte will Nahostkonflikt als Pflichtthema an Schulen

Antisemitismus müsse in allen Lebensbereichen bekämpft werden, sagt Alabali-Radovan. Mit Bildung ließe sich viel erreichen, ist sie sicher. Gleichzeitig warnt sie vor einem antimuslimischen Rassismus.

Nach den Terrorangriffen der militanten Palästinenserorganisation Hamas auf Israel und den jüngsten antisemitischen Anschlägen in Deutschland hat die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan (SPD), gefordert, das Thema mit aller Macht ins Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger zu rücken. „Die Sicherheit Israels ist deutsche Staatsräson“, sagte Reem Alabali-Radovan.

„Diesen Satz müssen wir mit Leben füllen und immer wieder klarmachen, was es bedeutet, dass Deutschland eine besondere Verantwortung hat“, sagte die 33-Jährige dem „Spiegel“.

Alabali-Radovan weiter: „Wir müssen Antisemitismus überall, in allen Lebensbereichen bekämpfen.“ Der Kampf gegen Antisemitismus müsse in Integrationskursen Thema sein, „und in den Schulen müssen Lehrerinnen und Lehrer wieder mehr über die Shoa und über den Nahostkonflikt reden, das muss fester Bestandteil des Lehrplans sein“, forderte Alabali-Radovan.

„Denn es gibt auch viele Kinder und Jugendliche mit palästinensischen Wurzeln, die sich Sorgen machen um ihre Familien. Diese Sorge ist legitim.“

Wir brauchen definitiv mehr Präventionsprogramme. Es geht um den gesellschaftlichen Zusammenhalt, eine entscheidende Zukunftsfrage unserer Demokratie.

 Reem Alabali-Radovan, Integrationsbeauftragte der Bundesregierung

Nach der Tötung von mehr als 1400 Menschen in Israel durch Hamas-Kämpfer hatte es auch in Deutschland Sympathiekundgebungen für die radikalislamische Organisation und deren Terrorangriffe gegeben.

Dabei hatte es auch antisemitische Äußerungen gegeben, teilweise wurden israelische Flaggen verbrannt. Wohnungen einiger Jüdinnen und Juden in Deutschland wurden von Unbekannten mit Davidsternen beschmiert. All dies war auf scharfe Kritik gestoßen und hatte auch Forderungen nach scharfen Konsequenzen ausgelöst.

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Zu dem Einwand, viele muslimische Kinder und Jugendliche hätten ein von den Eltern vermitteltes Weltbild, in dem Israel als Staat nicht existiere, sagte sie: „Ich bin fest überzeugt, dass es beim überwiegenden Teil kein gefestigtes Weltbild ist, sondern ein tradiertes, auch von staatlicher Propaganda ihrer Heimatländer getriebenes Bild. Aber wir können mit Bildung und Information viel erreichen.“

Auf die Frage, ob sie angesichts der antisemitischen Vorfälle die diskutierten Haushaltskürzungen im Bereich der politischen Bildung gutheiße, sagte Alabali-Radovan: „Wir brauchen definitiv mehr Präventionsprogramme. Es geht um den gesellschaftlichen Zusammenhalt, eine entscheidende Zukunftsfrage unserer Demokratie.“

Alabali-Radovan verurteilte die antisemitischen Anschläge in Deutschland scharf. „Es ist inakzeptabel, wenn israelische Flaggen zerstört werden und der Terror der Hamas auf unseren Straßen bejubelt wird“, sagte sie. Das werde man nicht tolerieren.

Die Aktionen stünden aber „nicht für die mehr als 20 Millionen Menschen mit Einwanderungsgeschichte“, so die Staatsministerin. „Die überwiegende Mehrheit der Musliminnen und Muslime, die in Deutschland leben, verurteilt den Terror der Hamas.“

Oktober drastisch zugenommen. Der Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (Rias) registrierte seitdem bundesweit 202 Vorfälle – 240 Prozent mehr als in der gleichen Zeit des Vorjahrs.

Alabali-Radovan warnte zudem vor „einem antimuslimischen Rassismus, der Menschen in eine Schublade steckt“. Wenn sich etwa einige muslimische Verbände nach den Terrorangriffen der Hamas nicht geäußert hätten, werde das stellvertretend für alle Musliminnen und Muslime gesehen, kritisierte Alabali-Radovan.

„Es wird zu wenig darüber gesprochen, dass sich auch viele klar positionieren, wie zum Beispiel die Türkische Gemeinde Deutschlands oder der Rat der Imame Berlins“, sagte Alabali-Radovan. (lem)

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