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Die Bahn steht vor einem Jahrzehnt des Bauens.

© dpa/Roland Weihrauch

Update

Mit monatelangen Streckensperrungen: So plant Volker Wissing die Sanierung der Bahn

Bis 2030 will die Bahn 40 Hauptstrecken erneuern. Dafür stellt der Bund knapp 40 Milliarden Euro zur Verfügung. Zuständig ist eine neue Infrastrukturgesellschaft.

Verkehrsminister Volker Wissing gibt der Deutschen Bahn mehr Geld und neue Ziele. Der FDP-Politiker präsentierte am Freitag auf dem Schienengipfel in Frankfurt am Main seine Bahnreform. Mit dem staatlichen Schienennetz müssen die DB-Manager ab dem kommenden Jahr keine Gewinne mehr erzielen. Der Fokus liegt auf dem Gemeinwohl. Sprich: Gleise, Weichen und Signale sollen zuverlässig funktionieren und die Züge wie geplant fahren.

Genaue Kriterien hierfür erstellen die Beamten im Verkehrsministerium noch. Sie werden künftig maßgeblich über die Boni der DB-Vorstände entscheiden. Für eine gute Bahn packt Wissing die DB-Manager also beim Geld.

Eigenkapitalerhöhung für die Bahn

„Es wird jetzt besser werden“, versprach Wissing. Entscheidend ist dafür die Sanierung des maroden Schienennetzes, das derzeit für viele Verspätungen sorgt. Hierfür stellt Wissing dem DB-Konzern in den nächsten vier Jahren 12,5 Milliarden Euro weiteres Eigenkapital zur Verfügung – finanziert mit Krediten.

Zuvor hatte er in den Haushaltsverhandlungen bereits 24 Milliarden Euro zusätzlich für die Schiene gesichert. Hinzu kommen drei Milliarden Eigenanteil der Bahn. Insgesamt stelle man damit bis 2027 knapp 40 Milliarden Euro mehr für das Schienennetz zur Verfügung, sagte Wissing.

Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) betonte auf dem Schienengipfel den Schulterschluss mit Bahn- und Baubranche.
Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) betonte auf dem Schienengipfel den Schulterschluss mit Bahn- und Baubranche.

© dpa/Lando Hass

DB-Infrastrukturvorstand Berthold Huber zeigte sich zufrieden. Zusammen mit den bestehenden Planungen würde so bis 2027 über 80 Milliarden Euro ins Schienennetz fließen, betonte er. Den Sanierungsstau bei der Bahn hatte er zuvor auf 90 Milliarden Euro taxiert.

Auf die Baubranche kommt also ein gewaltiges Programm zu. „Die Bahnbauer stehen Gewehr bei Fuß“, sagte Martin Steinbrecher, Präsident der Bundesvereinigung Mittelständischer Bauunternehmer. Der Aufbau entsprechender Kapazitäten brauche aber durchaus seine Zeit.

Fünf Monate Vollsperrung – insgesamt 40 Mal

Fahrgäste und die verladende Industrie müssen sich hingegen auf anstrengende Jahre einstellen. Bis 2030 will Bahn 40 Hauptstrecken jeweils für fünf Monate sperren und alles erneuern – Gleise, Schotter, Oberleitung und Signale. Wissing nimmt damit in Kauf, dass auch Teile erneuert werden, die ihre Lebensdauer noch nicht erreicht haben. Das soll permanente Störungen und jährlich wiederkehrende Baustellen verhindern.

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Langfristig soll das die Zuverlässigkeit der Bahn erhöhen, doch bis 2030 warten auf die Fahrgäste im ÖPNV viel Bus-Ersatzverkehr und im Fernverkehr lange Umleitungen. Am Freitag hat Wissing den genauen Sanierungsplan bekannt gegeben. Wie bereits bekannt soll es im Sommer 2024 nach dem Finale der Fußball-Europameisterschaft mit der Sanierung der Riedbahn zwischen Mannheim und Frankfurt losgehen. Ab 2026 werden dann pro Jahr sechs bis neun Hauptstrecken gesperrt.

Auf dem Schienengipfel war dazu auch Skepsis zu hören. „Ich befürchte, dass die Menschen nach fünf Monaten Vollsperrung aufs Auto umgestiegen sind und nicht wiederkommen“, sagte Kerstin Haarmann, Präsidentin des Verkehrsclubs Deutschland. Man sei nur verhalten optimistisch, meinte Uta Maria Pfeiffer vom Industrieverband BDI. Für die verladenden Betriebe werde das eine große Herausforderung.

Strukturreform bei der Bahn

„Wir trennen die Hauptschlagadern ab“, betonte Wissing. Das tue ein bisschen weh. Einer solchen Operation unterziehe sich kein Patient gerne. „Aber hinterher sind die Menschen ihrem Arzt dankbar, weil nicht mehr die Gefahr besteht, dass man jederzeit kollabiert.

Der Verband Die Güterbahnen nahm das Bild gerne auf und forderte mehr Bypässe: „Ohne leistungsfähig gemachte Umleiterstrecken gefährdet die Vollsperrung die industrielle Produktion und die Ziele des Bundes für mehr Schienengüterverkehr“, sagte der Geschäftsführer Peter Westenberger.

„Es ist jetzt an uns, zusammen mit der Bauindustrie die Ärmel hochzukrempeln“, sagte Bahnchef Richard Lutz. Das enorme Baupensum werde auch Reisende und Güterverkehrsunternehmen herausfordern. Man erarbeite mit betroffenen Bahnunternehmen und den im Nahverkehr zuständigen Aufgabenträgern „ein leistungsstarkes Verkehrskonzept“ mit Umleitungstrecken. Ziel sei, Einschränkungen für Reisende und den Güterverkehr während der Bauzeit „möglichst gering zu halten“.

Umsetzen soll die Korridorsanierung ab dem Jahreswechsel der neue Bahnnetzbetreiber InfraGO. In der gemeinwohlorientierten Aktiengesellschaft gehen die bisher zuständige Bahntochter DB Netz und die für die Bahnhöfe verantwortliche DB Station & Service auf. Die InfraGO wird Teil der Deutschen Bahn AG sein, soll aber weitgehend unabhängig von der Konzernspitze agieren. So will die Ampel sicherstellen, dass die vielen Milliarden vom Bund ins Schienennetz fließen und nicht ins kommerzielle Fahrgeschäft der DB. 

Er erwarte jetzt „von der Bahn, dass sie ihre Zusagen einhält und die Sanierung in der gebotenen Eile umsetzt“, sagte Wissing. Mit der neuen gemeinwohlorientierten Infrastrukturgesellschaft werde man „den Sanierungsprozess transparent machen und genau kontrollieren“.

Sie werde planmäßig zum 1. Januar 2024 an den Start gehen. Die Bau- und Bahnindustrie ruft Wissing auf, die Chance zu nutzen, Kapazitäten bereitzustellen und die Bahn zu einem Konjunkturprogramm für den Wirtschaftsstandort Deutschland machen. Dafür gebe es nun Planungssicherheit.

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