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Erneuerbare? Ja, bitte. Die Mehrheit der Deutschen ist für mehr Windräder und andere Öko-Energieformen.

© Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa

Für Klima und Umwelt: Mehr als 80 Prozent der Deutschen bereit zu neuem Lebensstil

Einer Umfrage zufolge zeigen sich fast neun von zehn Deutschen offen für Veränderungen und Einschränkungen. Das klingt sehr „öko“. Aber kommt es auch so?

Über Mülltrennung hat man ja in anderen Ländern noch gelächelt, als hierzulande schon munter die verschiedenen Säcke gefüllt wurden. Wobei man bis heute feststellen kann, dass manche Zeitgenossen damit ihre Schwierigkeiten haben – wenn man die für diverse Müllformate bereitgestellten Container im eigenen Hinterhof inspiziert und entdeckt, dass die Säcke mit Plastikverpackungen wieder in der Grünzeugtonne liegen und zwischen den Altpapierstapeln eine Nassmülltüte dahingammelt.

Dabei sind wir offenbar in sehr großer Mehrheit „öko“. Das hat jedenfalls eine repräsentative Umfrage ergeben, die der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in Auftrag gegeben hat. Und die auch einmal mehr erklären hilft, warum mittlerweile alle Parteien zumindest lindgrün daherkommen. Aber ist nur der Wille stark, nicht aber das tatsächliche Verhalten?

Für Artenschutz und gegen Umweltverschmutzung

Die Meinungsforscher von Kantar haben ermittelt, dass 86 Prozent der Befragten bereit sind, ihren Lebensstil künftig deutlich einzuschränken, um das Klima zu schützen. Dabei unterscheiden sich die Geschlechter, die Regionen, die Bildungssegmente und die Altersstufen nur wenig. Allenfalls bei den 40- bis 49-Jährigen, bei denen nur 80 Prozent die Frage mit Ja beantwortet haben, lässt sich ein gewisser Durchhänger feststellen.

85 Prozent der Deutschen sind auch bereit zum Lebenswandel, um das Artensterben aufzuhalten. Und beim Vermeiden von Umweltverschmutzung gilt, dass nur zehn Prozent sich nicht umstellen wollen (oder glauben, es nicht zu müssen). Bei den Frauen und den Jungen unter 30 Jahren sind es sogar nur sechs Prozent.

Breite Mehrheit für Ausbau erneuerbarer Energien

Der Ausbau erneuerbarer Energien ist offenbar weniger umstritten, als es in der öffentlichen Debatte bisweilen den Anschein hat. 87 Prozent aller Befragten halten ihn für sehr wichtig (die Hälfte) oder wichtig (gut ein Drittel). Und auch hier gilt, dass das Bild quer durch die Altersstufen ganz ähnlich ist und auch Bildungsunterschiede keine Rolle spielen.

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Regional ist die Zustimmung zu erneuerbarer Energie in Baden-Württemberg, wo die Grünen seit fast einem Jahrzehnt den Regierungschef stellen, mit 95 Prozent am höchsten. Dort, wo sich die Windräder mittlerweile am häufigsten drehen, im Nordosten, sind es dagegen 80 Prozent. Bei bundesweit insgesamt etwa tausend Umfrageteilnehmern sind die regionalen Zahlen allerdings mit ein bisschen Vorsicht zu betrachten.

Für verbindliche Vorgaben

Eine Pflicht zu Mehrwegsystemen bei mitgenommenen Speisen und Getränken und auch bei Versandverpackungen halten immerhin 73 Prozent für wichtig. 80 Prozent sprechen sich dafür aus, dass die Politik verbindliche Vorgaben für Langlebigkeit, Reparierbarkeit und die Verfügbarkeit von Ersatzteilen von Produkten macht. Und sogar 92 Prozent sind für die verbindliche Kennzeichnung von Inhaltsstoffen auf Produkten, um umwelt- und gesundheitsschädliche Chemikalien zu identifizieren.

BUND-Chef Olaf Bandt sieht die Umfrage als Bestätigung dafür, dass die Bevölkerung für einen Wandel hin zu mehr Umwelt- und Klimaschutz bereit sei. „Das Wahljahr muss die Wende bringen“, sagt er. „Wir brauchen einen neuen sozial-ökologischen Gesellschaftsvertrag mit einem neuen, gemeinwohlorientierten Wirtschaftssystem.“

Öko-Mehrheit ist keine Grünen-Mehrheit

Wenn die Deutschen also so „öko“ sind, dann müssten doch eigentlich die Grünen viel weiter oben stehen in den Umfragen zum Wahlverhalten. Oder doch nicht? Es ist ein paradoxes Verhältnis. Seit Jahren beobachten Meinungsforscher, dass die Öko-Partei durchaus viel Sympathien zwischen den Wahlen genießt, weil eben viele Deutsche bei ökologischen Themen Zustimmung zeigen und grundsätzlich bereit sind, Verhalten zu ändern. Aber zum Wahltag hin schwindet dann die grüne Stärke meist dahin. Ist es das Image der Verbotspartei? Machen die Grünen hier Kommunikationsfehler?

Dass Umfragen das eine, tatsächliche Verhaltensweisen aber etwas anderes sind, darauf macht ein anderer Öko-Verband zu Weihnachten aufmerksam. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert, dass gerade zur Weihnachtszeit besonders viel Plastikmüll anfällt. In Corona-Zeiten ist das schon deshalb der Fall, weil viele Homeoffice-Arbeitnehmer mehr online bestellen, im Lockdown sowieso.

Aber auch ganz banale Produkte sind Müll-Turbos. Der DUH zufolge ist das zum Beispiel bei den in vielen Wohnzimmern stehenden Jahreszeitpflanzen so, also Amaryllis und Weihnachtsstern. Denn zum Transport dieser Pflanzen würden zu 95 Prozent Einwegpaletten aus Plastik eingesetzt. Der DUH fordert, was bei Schnittblumen schon längst funktioniere – den Einsatz von Mehrwegpaletten auch bei solchen Pflanzen. Zur Not müsse eine Abgabe von 20 Cent je Palette kommen. 150 Millionen Einwegpaletten ließen sich so im Jahr vermeiden. Da hätten vermutlich auch bei der BUND-Umfrage viele zugestimmt, beim Weihnachtspflanzeneinkauf aber vielleicht nicht mehr daran gedacht.

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