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Externe Expertise sei manchmal notwendig, sagt er: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.

© Ludovic MARIN/AFP

Zu hohe Ausgaben für externe Firmen?: Macron steht vor den Wahlen wegen dem Einsatz von Unternehmensberatern unter Druck

Eine Kommission des Senats kritisiert die hohen Ausgaben für externe Firmen und deren politischen Einfluss. Die Regierung rechtfertigt sich.

Von einem „Staatsskandal“ sprechen die Konkurrenten von Emmanuel Macron im Kampf ums Präsidentschaftsamt. Der Präsident dagegen sagt: „Es wurde in den letzten Tagen viel Unsinn geredet.“ Zehn Tage vor der Präsidentschaftswahl steht Macrons Regierung wegen der Beschäftigung von Unternehmensberatungen unter Druck.

Hintergrund ist ein Bericht des Senats, der am 17. März veröffentlicht wurde. Zuvor hatte eine Kommission aus Senatsmitgliedern vier Monate lang den „wachsende Einfluss von Beratungsfirmen auf die Politik“ untersucht. In ihrem Bericht spricht die Kommission von einem „Tentakelphänomen“ – die Regierung befände sich in einer „Abhängigkeit“ von diesen Firmen.

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Dem Bericht zufolge haben die französischen Ministerien im vergangenen Jahr 893,9 Millionen Euro für externe Beraterfirmen ausgegeben – das ist ein Anstieg um mehr als das Doppelte in drei Jahren. Beraterfirmen seien an den meisten großen Reformen der laufenden Amtszeit beteiligt gewesen und hätten Einfluss auf die staatlichen Entscheidungsprozesse genommen, heißt es in dem Bericht.

So wurde etwa kritisiert, dass Mitarbeiter der engagierten Beratungsfirma McKinsey für Dokumente nicht ihr eigenes Firmenlogo, sondern das des Gesundheitsministeriums benutzten, während sie für das Ministerium tätig waren.

Diese Arbeitsmethode sei zwar in der Beraterbranche nicht unüblich. Sie verstärke aber „die Undurchsichtigkeit der Beratungsleistungen“, weil man nicht zwischen dem Beitrag eines Beraters oder Mitarbeiters des öffentlichen Dienstes unterscheiden könne.

„Keine demokratische Legitimität“

„Ganze Bereiche der öffentlichen Politik werden an Berater delegiert, die keine demokratische Legitimität besitzen“, kritisierte die Senatorin Eliane Assassi, Initiatorin der Senatskommission und Mitglied der Kommunistischen Partei. Der Kommission gehörten auch Politiker anderer Parteien an, darunter die konservative Partei „Les Républicains“ und die „parti socialiste“.

McKinsey war dem Bericht zufolge an der Reform zur Beitragsberechnung der Sozialhilfe und an Vorbereitungen zur Rentenreform beteiligt. Die Regierung betraute das Unternehmen zudem mit der Organisation der französischen Impfkampagne.

Am Rande eines Wahlkampftermins rechtfertigte Präsident Macron am Montag das Vorgehen: „Der Staat braucht manchmal externe Kompetenzen“, sagte er. Macron verwies darauf, dass auch andere Länder zur Bewältigung der Corona-Pandemie und mit Blick auf Herausforderungen der Cyber-Sicherheit auf Beraterfirmen zurückgegriffen. Die Ausgaben dieser Länder seien in der Regel deutlich höher als in Frankreich.

Auch in Deutschland ist der Rückgriff auf externe Experten durch die Bundesregierung umstritten. Ähnlich wie in Frankreich finden Kritiker, dass der Einkauf von Sachverstand zu teuer und angesichts der Tausenden Mitarbeiter in den Ministerien auch nicht zwingend notwendig sei.

Hat McKinsey keine Steuern gezahlt?

Neben den Regierungsausgaben für die Beraterfirmen enthält der Bericht noch ein weiteres brisantes Detail: Die Kommission wirft den französischen Tochterfirmen von McKinsey vor, seit zehn Jahren keine Steuern in Frankreich zu zahlen. Das Unternehmen beteuert, sich an die französischen Regeln gehalten zu haben.

Wirtschaftsminister Bruno Le Maire sagte dem Radiosender Europe 1 am Mittwoch, dass man bereits vor Veröffentlichung des Berichts eine Steuerprüfungen eingeleitet habe. McKinsey werde alle Steuern zahlen, erklärte er.

Die Ministerin für den öffentlichen Dienst, Amélie de Montchalin, und Haushaltsminister Olivier Dussopt gaben eine Pressekonferenz, um für Transparenz zu sorgen.

© Eric PIERMONT/AFP

Kurz vor den Wahlen kommt die Debatte für Macron zur Unzeit. Als Zeichen der Nervosität seitens der Regierung kann eine für den Mittwoch eilig anberaumte Pressekonferenz verstanden werden. Zunächst für Donnerstag angekündigt, wurde die Konferenz auf Mittwochabend vorverlegt. Die Ministerin für den öffentlichen Dienst, Amélie de Montchalin, versicherte: „Wir haben nichts zu verbergen“.

„Außergewöhnlichen Umstände“ der Pandemie

Montchalin und ihr Amtskollege Olivier Dussopt, Haushaltsminister, begründeten den verstärkten Rückgriff auf Beratungsfirmen mit den „außergewöhnlichen Umständen“ der Pandemie, die eine „Verstärkung“ für die Verwaltung erfordert habe. Zu keinem Zeitpunkt seien von den Beratungen politische Entscheidungen getroffen worden.

Die Konkurrenten von Emmanuel Macron im Rennen um die Präsidentschaft nutzen den Bericht am Donnerstagmorgen weiter für ihren Wahlkampf.

[Im April finden in Frankreich Präsidentschaftswahlen statt. Wer sind die wichtigsten Kandidaten? Und was wollen sie politisch? Lesen Sie hier den Überblick auf Tagesspiegel Plus.]

„Erstaunlich ist, dass die Regierung offenbar etwas zu verbergen hat“, sagte die Präsidentschaftskandidatin der „Républicains“, Valérie Pécresse, dem Fernsehsender LCI. Kandidat. Éric Zemmour sprach mit Blick auf die Ausgaben für Unternehmensberater von einem „Staatsskandal“.

Marine Le Pen, derzeit in den Umfragen auf Platz 2 hinter Macron, hatte bereits zuvor auf Twitter gefordert, die Justiz müsse sich sofort mit dem Skandal befassen. Der linke Jean-Luc Mélenchon kündigte an, im Falle seiner Wahl nicht auf Unternehmensberatungen zurückgreifen zu wollen.

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