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Hat viel vor: Emmanuel Macron bei der Vorstellung seines Wahlprogramms am 17. März.

© IMAGO/Starface

Militär, Rente, Energie: Macrons zweite Amtszeit könnte die der Reformen werden

Der französische Präsident will gern fünf weitere Jahre regieren. Sein Wahlprogramm ist vom Krieg in der Ukraine bereits beeinflusst.

Der französische Präsident ist gerade dabei, Grundpfeiler seiner künftigen Sozialpolitik vorzustellen, als er sagt: „Ich werde sechs schnelle Beispiele geben.“ Laute Seufzer sind im Raum zu hören, Emmanuel Macron spricht bereits seit über einer Stunde. Er hält kurz inne, streckt dann die Hände in die Höhe und sagt: „Wir sind in einer Präsidentschaftsdebatte! Ich werde alle Ihre Fragen beantworten, aber es braucht Substanz.“ Der Saal lacht, dann setzt Macron seine Rede fort.

Am Ende wird er viel Substanz geliefert haben: Vor über 200 Journalisten hat der französische Präsident am Donnerstagnachmittag im Pariser Vorort Aubervilliers sein Wahlprogramm für eine zweite Amtszeit vorgestellt.

Anderthalb Stunden hat er geredet, danach zweieinhalb Stunden Fragen beantwortet. Es zeichnet sich ab, dass seine zweite Amtszeit die der Reformpolitik werden könnte. Seine Agenda steht dabei in vielen Punkten bereits unter dem Einfluss des Krieges in der Ukraine.   

Erhöhung der Militärausgaben und Verdopplung der Reservisten

So kündigte Macron direkt zu Beginn seiner Rede an, die Militärausgaben erhöhen zu wollen. Sie sollen 2025 auf 50 Milliarden Euro ansteigen. Im Falle seiner Wiederwahl wolle er auch den Generalstabschef der Streitkräfte beauftragen, einen möglichen Neubedarf mit Blick auf den Krieg in der Ukraine zu ermitteln, sagte er.

Macron plädierte für eine Erneuerung des Pakts zwischen Armee und Nation. Dabei bezog er sich indirekt auch auf Deutschland: „Die kürzlich getroffenen Entscheidungen mancher unserer Nachbarn bestärken uns“, sagte er. Macron will die Anzahl der Reservisten verdoppeln und den Staatsbürgerdienst für junge Menschen ausweiten. Das stärke die Widerstandsfähigkeit der Nation nicht nur in militärischen Krisen, begründete er sein Vorhaben.

Massive Investitionen in die Landwirtschaft

Auch Macrons Pläne für die Landwirtschaft stehen im Zeichen des Kriegs. Die eigenen Schwächen hätten sich zuletzt auf diesem Feld gezeigt, sagte Macron – und kündige massive Investitionen an sowie eine Ausbildungsinitiative für junge Landwirte. Der Hintergrund: Der Sektor der Landwirtschaft ist im besonderen Maß vom demografischen Wandel betroffen.

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Er kündigte außerdem an, eine Anpassung der EU-Strategie „Farm to Fork“ einbringen zu wollen – die Strategie ist Teil des Green Deals, die die EU klimafreundlicher machen soll. Macron sagte, die Landwirtschafts-Strategie beruhe auf einer Zeit vor dem Ukraine-Krieg und müsse daher angepasst werden.

Die EU könne auf keinen Fall einen Rückgang der Produktion anstreben, sagte er. Damit schloss sich Macron auch Forderungen zweier Konkurrentinnen an, der konservativen Valérie Pécresse und der rechten Marine Le Pen. Innerhalb der EU könnte Macron diesbezüglich allerdings auf Widerstand treffen.

Mehr Unabhängigkeit - auch im Energiesektor

Macron erläuterte erneut seine Pläne für den Energiesektor, die zuvor bereits teilweise bekannt geworden waren. Sie stützen sich auf zwei Pfeiler: Atomenergie und Erneuerbare Energien. Macron will sechs neue Kernreaktoren bauen lassen und die Prüfung acht weiterer in Auftrag geben.

Außerdem kündigte er an, die gewonnene Solarenergie um das zehnfache erhöhen und bis 2050 fünfzig Windparks im Meer errichten zu wollen. „Wir könnten die erste große Nation sein, die sich von der Abhängigkeit von Gas, Öl und Kohle befreit“, sagte er.

Länger arbeiten

Bereits zuvor war bekannt geworden, dass Macron das allgemeine Rentenalter schrittweise von 62 auf 65 Jahre anheben will. Die Rentenreform hatte Macron bereits für seine erste Amtszeit angekündigt, aber nicht durchgesetzt. Er begründet das mit der Pandemie, die dazwischengekommen sei. Die Karrieremöglichkeiten im Alter müssten ganz neu gedacht werden, sagte Macron.

Lange Pressekonferenz: Vier Stunden sprach Macron mit den Journalisten, um sein Programm zu erläutern.
Lange Pressekonferenz: Vier Stunden sprach Macron mit den Journalisten, um sein Programm zu erläutern.

© IMAGO/Starface

Macron strebt außerdem weitere Reformen für die Arbeitswelt an. So möchte er die französische Arbeitslosenversicherung reformieren und in fünf Jahren die Vollbeschäftigung erreichen. Er möchte  eine Pflichtbeschäftigung für Sozialhilfeempfänger einführen – eine Forderung, die ebenfalls die konservative Valérie Pécresse teilt.

Weitere Reformen kündigte er für den Bildungs- und Gesundheitssektor ein. Im Gesundheitswesen will er Präventionsmaßnahmen stärken. Im Falle seiner Wiederwahl kündigte Macron auch an, sich für eine weitgehende Chancengleichheit einzusetzen und Alleinerziehende stärker zu unterstützen. Macron möchte auch eine strengere Asylpolitik durchzusetzen. So müsse jeder Asylbewerber, dessen Antrag abgelehnt worden sei, umgehend das Land verlassen, kündigte er an.

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Die Reaktionen seiner Konkurrenz ließ nach der Vorstellung nicht lange auf sich warten: „Das ist kein Programm, das ist eine Plünderung“, schreib eine Politikerin der konservativen „Les Républicains“ auf Twitter und spielte damit auf die Kritik an, Macron habe sich an den Programmen der anderen bedient. Fragen in dieser Hinsicht ließ Macron am Donnerstag allerdings von sich abperlen.

Marine Le Pen, die in den Umfragen an zweiter Stelle hinter Macron kommt, nannte ihn am Freitag einen „Techniker“, der sich bei der Vorstellung seiner Programms „einer lästigen Pflicht“ entledigt hätte. Der linke Jean-Luc Mélenchon warf Macron vor, den öffentlichen Dienst zu zerstören und nannte das Programm Macrons eine „allgemeine soziale Misshandlung“.

Der französische Präsident liegt bislang in den Umfragen weit vorne - bei etwa 30 Prozent. Die zweitplatzierte Marine Le Pen kommt auf etwa 18 Prozent. In Frankreich kann ein Präsident maximal zwei Amtszeiten regieren. Das könnte eine günstige Bedingung für Macrons Reformvorhaben sein - weil er keine Rücksicht mehr auf eine mögliche Wiederwahl nehmen müsste.

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