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Die komfortable Position des unbeteiligten Kritikers muss Friedrich Merz nach dem Parteitag räumen.

© imago images/Sammy Minkoff

Friedrich Merz hat nur zwei Möglichkeiten: Loyal zu AKK werden oder draußen vor sein

Friedrich Merz wollte Annegret Kramp-Karrenbauer angreifen. Stattdessen bleiben ihm zwei Optionen für die Zukunft. Gefallen dürften ihm beide nicht.

Von Robert Birnbaum

Von den Mausefallen gibt es zweierlei Sorten. Die eine stand Pate beim Wort „mausetot“, die andere lässt den lästigen Mitbewohner leben, aber nicht mehr raus. Die zweite Sorte schafft es gerade in die Politik. Der CDU-Parteitag ist kaum vorbei, da stellt Annegret Kramp-Karrenbauer einem Parteikollegen solch eine Klappfalle frisch gespannt direkt vor die Nase. „Er weiß, dass er sich in diese Partei einbringen kann“, sagt die CDU-Vorsitzende mit Blick auf Friedrich Merz in der „Bild am Sonntag“. Es sei jetzt an ihm, das auch zu tun: „Mein Angebot, dass er noch stärker eingebunden werden kann, steht nach wie vor.“

Es braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, wie Kramp-Karrenbauer bei diesen Sätzen betont harmlos dreinblickte. Für die Saarländerin ist das Treffen in Leipzig im Rahmen dessen, was sie in ihrer bedrängten Stellung erhoffen konnte, bestmöglich verlaufen. Die Delegierten haben ihr demonstrativ applaudiert und damit die Vertrauensfrage beantwortet, die sie ihnen gestellt hat. Alle schwierigen Sachanträge sind in wunschgemäß entschärfter Form angenommen worden. Alle Anträge, die darauf abzielten, ihr und den Parteigremien das Verfahren zur Kanzlerkandidatenkür aus der Hand zu nehmen, hat der Parteitag mit überdeutlicher Mehrheit abgewiesen.

Und alle, die vorher rumgekrittelt hatten, beugten sich der Harmonieforderung und beschworen den Zusammenhalt. Den stärksten Zwischenapplaus bekam Kramp-Karrenbauer, als sie die ultrakonservative „Werte-Union“ und die liberale „Union der Mitte“ als überflüssige Anmaßungen verurteilte: Für Werte und Mitte stehe die gesamte Union.

Gemeinsamen Erfolg beschwören

Auch Merz blieb da nur, sich unterzuordnen und den gemeinsamen Erfolg zu beschwören. Als er noch versuchte, die „Werte-Union“ und ihr Pendant zu verteidigen – man könne nicht von Zusammenhalt sprechen und dann ganze Gruppen „ausgrenzen“ – schwoll ein derart bedrohliches Summen im Saal an, dass er den Versuch sofort abbrach: „Das Beste wäre, wenn es solche Gruppen gar nicht geben würde!“

Seine Rede schloss mit dem zweideutigen Hinweis, dass die „endgültigen Entscheidungen“ erst auf dem nächsten Parteitag getroffen würden – zweideutig, weil nicht klar war, ob das die Kanzlerfrage meinte oder das Parteiprogramm oder irgendwie beides –, und mit der Versicherung, sich konstruktiv einzubringen: „Wenn Sie wollen, dass ich dabei bin, bin ich dabei.“ Nun hat er das seit der Hamburger Niederlage schon öfter gesagt, ohne es erkennbar einzulösen.

Kramp-Karrenbauer nimmt es kurzerhand ernst. Vor ihm steht jetzt die gespannte Falle. Nimmt er den Köder an, sitzt er drin, zur Loyalität und programmatischen Mitarbeit gezwungen. Als ein Rädchen im Reformwerk der Vorsitzenden müsste er die komfortable Position des unbeteiligten Kritikers räumen. Nimmt er nicht an, bleibt er weiter draußen. Doch wenn der Parteitag etwas gezeigt hat, dann dass die CDU den Draußensteher nicht schätzt.

Ein neues Hindernis

Vor dem 64-jährigen Sauerländer steht seit Leipzig aber noch ein neues Hindernis. Es ist zwölf Jahre jünger, strotzt vor Energie, ist ein genau so begabter Redner und hat den Parteitag zu Jubelstürmen hingerissen. Schon machen sich erste Merz-Adepten sachte auf den Weg zum nächsten Hoffnungsträger. „Markus Söders Rede war aus Sicht vieler im Saal ein absolutes Highlight“, schwärmt der JU-Vorsitzende Tilman Kuban im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.

Der Anteil des CSU-Chefs daran, dass der Antrag der Jungen Union auf Kanzlerkandidaten-Urwahl abgeschmettert wurde, scheint vergessen. „So habe ich Markus Söder noch nicht erlebt“, schwärmt Kuban weiter. Er ist in Bayern also noch nicht so viel rumgekommen, sonst hätte er Söders Gags allesamt wiedererkannt. Aber in einem hat der Niedersachse recht: „Er hat mich und viele andere auch sehr beeindruckt.“

Nun glauben manche, Kramp-Karrenbauer müsse einen neuen Konkurrenten fürchten. Doch Söder hat den Gedanken an eine Kanzlerkandidatur klar von sich gewiesen, und er hat plausible Gründe dafür. Er weiß, wie schwer ein Bayer zu vermitteln wäre. Er weiß auch, wie wichtig für die CSU nach Jahren des Streits der Schulterschluss mit der Schwesterpartei ist. Die CDU-Vorsitzende lehnt sich da gern an. Das Problem mit dem fiktiven Konkurrenten Söder hat Merz.

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