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Martin Schirdewan, Vorsitzender der Linkspartei

© Imago/Frank Gaeth

Linke will auf ostdeutsche Identität setzen: „In einer Kleinstadt in Baden-Württemberg hat sich niemand für die Wende interessiert“

Linken-Chef Martin Schirdewan will gegen die AfD auf ostdeutsche Identität setzen. Er kritisierte, dass über Nachwendeerfahrungen zu wenig gesprochen werde.

Der Co-Vorsitzende der Linkspartei, Martin Schirdewan, sieht die ostdeutsche Identität in der Politik nicht ausreichend berücksichtigt. „Die Bundesrepublik ist ein ostdeutschfreier Elitenraum“, sagte Schirdewan im Interview mit der „Welt“: „Die Wiedervereinigung war eine Befreiung für viele Ostdeutsche, denn die DDR war auch ein autoritärer Staat. Dennoch gab es diese massiven Frustrationen und Verlusterfahrungen.“

Ostdeutsche Biografien seien geprägt von diesen Nachwendeerfahrungen. „Viele haben gebrochene Erwerbs-, Ausbildungs- und Schulbiografien, geprägt durch Umzüge, schlechte Arbeitsbedingungen oder Abwanderung jüngerer Menschen in den Westen, vor allem junger Frauen“, sagte Schirdewan und kritisierte, dass darüber zu wenig gesprochen werde. „In einer Kleinstadt in Baden-Württemberg hat sich niemand für die Wende und damit verbundenen Brüche interessiert, außer im Osten gab es eine Nachfrage nach bestimmten Produkten, die im Ländle produziert worden sind.“

Die Linke muss wieder die soziale Stimme des Ostens sein.

Martin Schirdewan, Co-Vorsitzender der Linkspartei

Von dieser Lücke profitiere nun die AfD, die auf eine Spaltung der Gesellschaft setze. „Die Linke muss wieder die soziale Stimme des Ostens sein“, sagte Schirdewan, dessen Partei in Ostdeutschland verstärkt vermitteln wolle: „Eine Verkäuferin in Teilzeit in Ostdeutschland wünscht sich eine gute Gesundheitsversorgung. Dieser Wunsch ist doch sehr gut kombinierbar mit dem Interesse eines Arztes aus Syrien, der ein Studium gemacht hat und nun einen Ort sucht, um sich niederzulassen.“

Zu den jüngsten Umfragen, denen zufolge eine „Liste Wagenknecht“ zur stärksten Partei in Thüringen werden könnte, sagte Schirdewan der „Welt“: „Ich verschwende keine Gedanken darauf, über eine Partei nachzudenken, die keine Strukturen, kein Programm und kein Personal hat.“ Vielmehr wirke das Projekt noch wie „eine Art Projektionsfläche für jeden“. (Tsp)

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