zum Hauptinhalt
Michael Kretschmer (CDU), Ministerpräsident von Sachsen.

© Robert Michael/dpa

„Müssen Russland mit eigener Kraft begegnen“: Kretschmer fordert Aufrüstung und Raketenabwehrschirm, um weitere Länder zu schützen

Sachsens Ministerpräsident setzt gegenüber Moskau auf Abschreckung. Deutschland traut er eine Vermittlerrolle im Ukraine-Krieg zu.

Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) setzt angesichts des russischen Angriffskrieges in der Ukraine auf Abschreckung. „Wichtig ist, dass wir Russland mit eigener Kraft begegnen, eigener Stärke – mit Abschreckung, wenn Sie so wollen“, sagte er dem Tagesspiegel. Deutschland müsse in seine Sicherheit und die von Europa investieren.

Konkret forderte Kretschmer einen Raketenabwehrschirm, der die baltischen Länder sowie Rumänien und Bulgarien schützt. Für die Verteidigung müsse Deutschland nicht nur einmalig 100 Milliarden Euro investieren, sondern dauerhaft das Nato-Ziel einhalten und zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung ausgeben.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Stärke Deutschlands ist gefährdet

„Ich kann zudem der Idee eines verpflichtenden Gesellschaftsjahres viel abgewinnen, das junge Menschen auch verstärkt zur Bundeswehr oder zum Katastrophenschutz bringen würde“, sagte Kretschmer dem Tagesspiegel. Er wünsche sich, dass dies auch die Position der Union werde nach einer Debatte auf dem CDU-Parteitag.

Kretschmer sieht die Stärke Deutschlands jedoch akut gefährdet. „Dieser Krieg macht uns wirtschaftlich immer schwächer. Wir haben einen extremen Einbruch beim Export, beim Konsumklima und eine hohe Inflation. Das sind Dimensionen, die wir nicht kannten“, sagte Kretschmer, der erneut für Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine warb. Am Ende könne der Krieg nur so beendet werden, die aktuelle Situation sei hochgefährlich. „Wir sitzen auf einem Pulverfass.“

Kretschmer traut Deutschland in dem Konflikt eine Vermittlerrolle zu: „Die Bundesrepublik genießt ein großes Vertrauen in der ganzen Welt“, sagte er dem Tagesspiegel. Deutschland habe in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder vermittelt und verhandelt.

„Das war über Jahrzehnte hinweg unsere Stärke“, sagte der Ministerpräsident und verwies auf Angela Merkel, Helmut Kohl, Willy Brandt und Hans-Dietrich Genscher. „Man muss jetzt die diplomatische Initiative ergreifen, um diesen Krieg anzuhalten“, sagte Kretschmer.

Kretschmer für deutsches Fracking-Gas

Auch in der Energiepolitik forderte er die Ampel-Regierung auf, ihren Kurs zu wechseln. „Ich habe die Abhängigkeit vom Ausland immer kritisch gesehen. Deswegen muss Deutschland jetzt auch alles in die Waagschale werfen, was wir an Ressourcen in unserem Land haben“, sagte Kretschmer Tagesspiegel.

[Man wird schnell als Putins Vasall diffamiert. Lesen Sie das ganze Interview mit Michael Kretschmer mit Tagesspiegel Plus]

Wenn das Gas aus Russland nicht mehr als Brückentechnologie zur Verfügung stehe, müsse man auch auf die eigenen Gas-Vorkommen zurückgreifen. „Heimisches Fracking-Gas wäre eine Möglichkeit, um die Abhängigkeit von Russland und auch vom Weltmarkt zu reduzieren“, sagte Kretschmer. Und weiter: „Für das Gas-Kraftwerk ist es ja egal, ob wir LNG-Gas aus den USA, Pipeline-Gas aus Russland oder Fracking-Gas aus Deutschland nutzen. Nur der Preis unterscheidet sich enorm.“ 

Nutzung von Nord Stream 2 – „ein vergiftetes Angebot“

Kretschmer hält die Energiepolitik der Ampel-Regierung für gescheitert. „Das ist ein Weg, den dieses Land nicht aushält. Diese Energiepreise zerstören alles, was die Grundlage ist für unsere gesunde Wirtschaft und sozialen Frieden“, sagte er dem Tagesspiegel. Die Bundesregierung dürfe nicht „ideologiegetrieben“ handeln, sondern müsse alle Kapazitäten bei Braunkohle, Wasserkraft, Biomasse und Atomkraft nutzen. „Die Preise müssen runter“, sagte Kretschmer.  

Anders als Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) hält Kretschmer jedoch nichts von einer Nutzung der deutsch-russischen Gas-Pipeline Nord Stream 2. Zuvor hatte Russlands Präsident Wladimir Putin in Aussicht gestellt, über die ungenutzte Pipeline Gas nach Deutschland zu pumpen. „Wir wissen doch alle, dass das ein vergiftetes Angebot ist“, sagte Kretschmer. Nord Stream 1 funktioniere. „Die Reduktion der Gasmenge ist eine Reaktion auf die Sanktionen, die wir verhängt haben.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false