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Wladimir Putin spricht zu Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), 2019 bei einem Wirtschaftsforum in St. Petersburg.

© Alexei Nikolsky/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa

CDU-Streit um Panzerlieferungen: Kretschmers Contra gegen Merz – eine Frage der Mehrheitsmeinung

Im CDU-Präsidium hat Sachsens Ministerpräsident davor gewarnt, der Ukraine schwere Waffen zu liefern. Auch nach dem Krieg bleibe „Russland eine Realität“.

Michael Kretschmer vertritt zwar im CDU-Präsidium eine Minderheitsmeinung, aber er hat einen interessanten Aspekt angesprochen, es geht um die Frage, wie groß der Rückhalt tatsächlich ist für jene historischen Entscheidungen, zum Beispiel auch deutsche Panzer an eine Kriegspartei, an die Ukraine zu liefern.

Bei der gemeinsamen Sitzung der Spitzen von CDU und CSU in Köln sprach sich der sächsische Ministerpräsident gegen die Lieferung schwerer Waffen aus, während sich der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz quasi an die Spitze der Bewegung gestellt hat und nun auch nach Kiew gereist ist.

Seine Meinung bilde zwar nicht die Mehrheit der veröffentlichten Meinung ab, „aber die Mehrheitsmeinung der Gesellschaft“, sagte Kretschmer.

In der Union werden die zunächst von der „Bild“ zitierten Aussagen bestätigt.

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Über die "Mehrheitsmeinung" lässt sich jetzt trefflich diskutieren, laut ZDF-Politbarometer sind 56 Prozent dafür, der Ukraine auch Panzer und andere schwere Waffen zu liefern, 39 Prozent dagegen. Aber der stellvertretende CDU-Vorsitzende Kretschmer nimmt für sich immer wieder in Anspruch, das Ohr nah an der Stimmung im Volke zu haben, er pflegt das Instrument der Bürgergespräche intensiv.

Und die Mehrheitsmeinung in seinem Bundesland kann eine andere sein, als in bundesweiten Umfragen. Kretschmer steht nun gleich wieder am Pranger. Ihn holen auch immer wieder die Bilder ein, wie er 2021 in Moskau ist, Wladimir Putin ihn aber nicht empfängt und Kretschmer stattdessen mit einem etwas antiken Telefon mit Putin telefoniert.

Kretschmer kennt die Stimmung in seinem Land gut

Er versprach damals, dass Deutschland 30 Millionen Dosen des Sputnik-Impfstoffes kaufen wolle - was nie geschah.

Merz widersprach Kretschmer in der Sitzung - betonte aber zugleich, wie wichtig der konstruktive Austausch der Argumente sei. Kretschmer betonte, man brauche einen Waffenstillstand. „Russland wird auch danach eine Realität sein.“ Außerdem habe er vor den Auswirkungen harter Sanktionen gewarnt. „Diese treffen uns zum großen Teil selbst.“

Mehrere Präsidiumsmitglieder verteidigten den harten Kurs, auch dass es schon bald ein Ölembargo gegen Russland geben könnte.

Letztlich zeigt die interne Debatte, dass auch in der Union der Ukraine-Kurs der Führung mitnichten so unumstritten ist, wie Merz es darzustellen versucht.

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Nun haben die ostdeutschen Länder besonders stark Geschäfte mit Russland gemacht, weshalb es hier schon in der Vergangenheit einen recht russlandfreundlichen Kurs gab. Zugleich war gerade Sachsen immer wieder die Keimzelle für lauten und polarisierenden Widerstand. Hier entstand im Zuge der Aufnahme vieler Flüchtlinge aus Syrien die Pegida-Bewegung, gefolgt von den Protesten gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen.

Kretschmer hatte zuletzt auch im April schon bei einer Veranstaltung des „Spiegel“ davor gewarnt, dass Deutschland nicht zur Kriegspartei werden dürfe. Es müsse auch nach dem Krieg wieder eine Art der Zusammenarbeit mit Russland geben, betonte er.

„Es muss sein, weil alles andere für uns noch gefährlicher, noch dramatischer sein kann.“ Wirtschaftliche Verflechtungen mit Russland blieben wichtig. Daraufhin ging ihn der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk, scharf an. Kretschmer wolle weiter mit Putin kuscheln. „Ihre unverschämte Anbiederung an diesen Kriegsverbrecher bleibt eine ewige Schande“, schimpfte Melnyk.

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