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Das Bundesverfassungsgericht sitzt in Karlsruhe.

© dpa/Uli Deck

Update

Klage wegen Zeitdruck: Bundesverfassungsgericht stoppt Heizungsgesetz

Die Karlsruher Richter gaben einem Eilantrag des CDU-Politikers Thomas Heilmann statt. Der war vor Gericht gezogen, weil er seine Rechte als Abgeordneter verletzt sah.

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Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) darf nicht wie geplant in dieser Woche im Deutschen Bundestag verabschiedet werden. Das Bundesverfassungsgericht untersagte die für Freitag geplante zweite und finale dritte Lesung des sogenannten Heizungsgesetzes und gab damit einem Antrag auf eine einstweilige Verfügung von CDU-Politiker Thomas Heilmann statt.

Das teilte das Bundesverfassungsgericht am Mittwochabend mit. Demnach fiel die Entscheidung des zweiten Senats mit fünf zu zwei Stimmen.

In ihrer Begründung argumentierten die Richter, mit der „erheblichen Verdichtung der zeitlichen Abläufe“ und einer nicht geringen Komplexität des Gesetzes.

Heilmanns Hauptsacheantrag im Organstreitverfahren erscheine mit Blick auf sein Recht auf gleichberechtigte Teilhabe an der parlamentarischen Willensbildung aus Artikel 38 des Grundgesetzes weder von vornherein unzulässig noch offensichtlich unbegründet, teilte das Bundesverfassungsgericht mit.

Die Folgenabwägung führe zum Ergebnis, „dass die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe überwiegen“. Das Interesse an der Vermeidung einer irreversiblen Verletzung der Beteiligungsrechte wiege schwerer als der Eingriff in die Verfahrensautonomie des Bundestages, der das Gesetzgebungsverfahren lediglich verzögere.

Bundesregierung könnte Sondersitzungen einberufen

Am Freitag endet die letzte Sitzungswoche vor der Sommerpause. Wie der „Spiegel“ berichtet, könnte es aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes nun eine Sondersitzung des Bundestages in der kommenden Woche geben, um das Heizungsgesetz noch vor der Pause zu beschließen. Dafür würde demnach sprechen, dass die Abgeordneten dann noch nicht aus dem Urlaub zurückkehren müssten.

Unklar ist, wann eine Sondersitzung des Bundesrates stattfinden könnte. Die nächste reguläre Sitzung steht erst Ende September auf dem Plan. Allerdings stellten die Karlsruher Richter in ihrer Begründung fest, dass der Präsident des Bundesrats zur Einberufung einer Sondersitzung verpflichtet ist, wenn die Bundesregierung dies verlangt.

Das ist ein großer Erfolg für unseren Parlamentarismus und in diesem konkreten Fall auch für den Klimaschutz.

CDU-Politiker Thomas Heilmann nach seinem Erfolg in Karlsruhe

„Das ist ein großer Erfolg für unseren Parlamentarismus und in diesem konkreten Fall auch für den Klimaschutz“, twitterte Heilmann am Mittwochabend. Er kündigte eine Pressekonferenz für den morgigen Donnerstag an.

„Natürlich war ich davon überzeugt, dass effektiv vier Tage Parlamentsbeteiligung nicht unseren Ansprüchen an die Demokratie genügen kann“, sagte Heilmann der Deutschen Presse-Agentur. „Ich freue mich, dass das Bundesverfassungsgericht mir nun gefolgt ist. Das wird sicher Folgen für den Parlamentarismus haben, die ich so spontan noch nicht ganz übersehen kann.“ 

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CDU-Chef Friedrich Merz wertet den Stopp der Heizungsgesetz-Abstimmung als „schwere Niederlage für die Bundesregierung von Olaf Scholz“. „Dem unsäglichen Umgang der Bundesregierung mit dem Parlament und der Öffentlichkeit wurde nun ein Riegel vorgeschoben“, sagte Merz der Deutschen Presse-Agentur.

„Das zeigt: Klimaschutz gelingt nicht mit der Brechstange, sondern nur durch gute und gründliche Beratung im Deutschen Bundestag. Olaf Scholz und seine Bundesregierung wären gut beraten, das Urteil aus Karlsruhe zum Innehalten zu nutzen. So wie bisher kann es im Deutschen Bundestag nicht weitergehen“, so Merz weiter.

FDP-Politiker zufrieden mit Beschluss

Der stellvertretende Vorsitzende der FDP, Wolfgang Kubicki, wertete die Entscheidung als „verdiente Quittung für die Grünen, die in dieses Verfahren einen unerklärlichen Druck hineingegeben haben“.

Die Verfassungsrichter hätten deutlich gemacht, dass eine ordentliche Beratung notwendig ist, um die Akzeptanz der Bevölkerung für gravierende und weitreichende politische Maßnahmen zu erhalten, sagte der Bundestagsvizepräsident den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Wir erwarten von unseren grünen Koalitionspartnern die nötige Demut gegenüber dieser Entscheidung.“

Auch der FDP-Politiker Frank Schäffler, der in den vergangenen Wochen vehement gegen das Heizungsgesetz agiert hatte, begrüßte die Entscheidung aus Karlsruhe: „Das ist gut so“, schrieb er bei Twitter. „Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit. Es war falsch, den Grünen hier auf den Leim zu gehen“, so Schäffler.

Der 1. Januar 2024 wird nunmehr kaum zu halten sein.

Linkenfraktionschef Dietmar Bartsch

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt forderte die Ampel-Koalition auf, das Heizungsgesetz nach der Entscheidung des Verfassungsgerichts zurückzuziehen. „Die wiederholte Missachtung des Parlaments durch die Ampel-Regierung hat jetzt durch das Bundesverfassungsgericht ein Stoppschild aufgestellt bekommen“, erklärte er am Mittwochabend.

„Die Ampel sollte jetzt in sich gehen und dieses Murks-Gesetz endlich einstampfen.“ Die Entscheidung sei „eine schwere Klatsche für die Arroganz-Ampel und ihren respektlosen Umgang mit den Parlamentsrechten und der Öffentlichkeit“, fügte Dobrindt hinzu.

Bartsch spricht von „Ohrfeige für Robert Habeck“

Der Linken-Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch sprach von einer „Ohrfeige für Robert Habeck“ und äußerte einen „Dank an das Bundesverfassungsgericht. „Der 1. Januar 2024 wird nunmehr kaum zu halten sein“, sagte Bartsch dem Tagesspiegel mit Blick auf das geplante Inkrafttreten des Gesetzes.

Der SPD-Klimapolitiker Robin Mesarosch ließ vorsichtige Kritik an der Karlsruher Entscheidung erkennen. „Karlsruhe sieht bei einem Gesetz, das zum 1. Januar in Kraft treten soll, keine Eile geboten. Aber die Bevölkerung braucht auch endlich Klarheit“, sagte Mesarosch dem Tagesspiegel: „Wir respektieren beide Anliegen und werden das Heizungsgesetz nach dieser Sitzungswoche zügig beschließen.“

SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch sieht vom Karlsruher Beschluss nur das Bundestagsverfahren betroffen, nicht aber den Inhalt der Regelung. „Die Entscheidung ist selbstverständlich zu respektieren. Den Inhalt des Gesetzes betrifft sie nicht“, sagte Miersch der „Rheinischen Post“. „Ausdrücklich weist das Gericht auf die Möglichkeit einer Sondersitzung hin, über die nun beraten werden muss.“

Thomas Heilmann hatte mit seinem Antrag auf eine einstweilige Verfügung Erfolg.
Thomas Heilmann hatte mit seinem Antrag auf eine einstweilige Verfügung Erfolg.

© Cornelia Woerster

Der frühere Berliner Justizsenator Heilmann hatte vergangenen Mittwoch sein Recht als Bundestagsabgeordneter genutzt, um ein Organstreitverfahren in Karlsruhe einzuleiten und zudem eine einstweilige Verfügung gegen das Gebäudeenergiegesetz beantragt.

Heilmann hatte das parlamentarische Verfahren der Ampel kritisiert. Die hatte nach langem Streit und Verhandlungen den finalen Entwurf des sogenannten Heizungsgesetzes erst am vergangenen Freitag vorgelegt.

Heilmann sah darin eine Verletzung seiner Rechte, weil eine gleichberechtigte Teilhabe an der parlamentarischen Willensbildung nicht möglich sei. Lediglich über das Wochenende hatten sich Opposition, Experten und Verbände auf die Ausschuss-Anhörung am Montag vorbereiten können.

„Mit parlamentarischer Demokratie hat das nichts mehr zu tun“, sagte Heilmann in der vergangenen Woche. Er plädierte dafür, die Entscheidung über das GEG in einer Sondersitzung in der Sommerpause oder im Herbst zu fällen. „Es wäre noch locker Zeit, das Gesetz im September zu beschließen“, sagt Heilmann, schließlich soll das Heizungsgesetz erst ab dem 1. Januar 2024 in Kraft treten.

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