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Das Ortseingangsschild von Raguhn, im Hintergrund Wahlwerbung des erfolgreichen AfD-Kandidaten Loth.

© dpa/Sebastian Willnow

Kein Staatsgeld mehr für die AfD?: Was die Politik tun könnte – und was sie unterlässt

Das Bundesverfassungsgericht wird die rechtsextreme NPD voraussichtlich von staatlicher Finanzierung ausschließen. Wenn die große Anti-AfD-Koalition es ernst meint, muss diese folgen.

Ein Kommentar von Jost Müller-Neuhof

Die NPD, die jetzt „Die Heimat“ heißt, ist nicht erschienen, trotzdem gab es eine Verhandlung, und es wird auch ein Urteil geben. Aller Voraussicht nach wird das Bundesverfassungsgericht die rechtsextreme Kleinpartei dann vom System staatlicher Teilfinanzierung ausschließen. Nach zwei gescheiterten Parteiverbotsverfahren wollen sich Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung in Sachen wehrhafter Staat keine Fehler mehr erlauben.

Die Option zum kalten Staatsgeldentzug steht erst seit ein paar Jahren im Grundgesetz. Wie im Karlsruher Prozess deutlich wurde, handelt es sich um ein probates Mittel gegen Verfassungsfeinde in Parteigestalt. Dass die Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter Grundsätzliches einzuwenden hätten, ist kaum zu erwarten. Sie waren es selbst, die den Anstoß dazu gaben, eine Maßnahme zum Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung unterhalb eines Parteiverbots einzuführen.

Tatsächlich ist die Idee überzeugend. Ein Verbotsantrag ist ein radikaler Eingriff in die Mechanik repräsentativer Demokratie. Der Finanzierungsausschluss ist ambivalent. Sollten Parteien, bei denen es sich rechtlich gesehen um eine Privatveranstaltung handelt, nicht ohnehin möglichst ohne Steuergeld auskommen – und wenn, dann mit wenig? Zudem währt der Ausschluss nicht ewig, er ist befristet. Statt einer Zerschlagung besteht für Geläuterte die Chance auf Rückkehr ins System.

Das Ergebnis eines solchen Verfahrens wäre offen, aber fest steht: Es gäbe eine Form von Klarheit. 

Jost Müller-Neuhof

Die antragsberechtigten Spitzenvertreter aus Legislative und Exekutive waren extra nach Karlsruhe gereist, um gemeinsame Entschlossenheit zu bekunden – wenn auch nur für zwei Stunden. Angesichts von Abwehr gegenüber und Abgrenzung zur AfD, der Empörung über AfD-Landräte und AfD-Bürgermeister, der Fokussierung des Verfassungsschutzes auf die Partei ist verwunderlich, dass es über die Option zum Finanzierungsausschluss bisher kaum Debatten gibt.

Spätestens mit dem Urteil zur Ex-NPD in ein paar Monaten wird sich das wohl ändern. Das vom Gericht für sie entwickelte Prüfprogramm wird sich dann auf eine Partei übertragen lassen, die – jedenfalls in Teilen – evident verfassungsfeindlich ist. Wer es ernst meint mit den scharfen Vorwürfen gegen die AfD, müsste einen entsprechenden Antrag befürworten. Das Ergebnis eines solchen Verfahrens wäre offen, aber fest steht: Es gäbe, wie nach vielen NPD-Prozessen, eine Form von Klarheit. Wer nach Karlsruhe geht, kehrt meist klüger zurück.

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