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Björn Höcke, AfD-Landessprecher in Thüringen, beim Landesparteitag der Alternative für Deutschland Anfang Mai.

© dpa/Michael Reichel

AfD verbieten?: Ihr Erfolg ist noch kein Beweis ihrer Gefährlichkeit

Im Umfragehoch der Rechtspopulisten wird die Forderung nach einem Parteiverbot laut. Das Problem ist allerdings: Die Partei ist beliebt.

Eine Kolumne von Jost Müller-Neuhof

Die Antragsgegnerin strebt nach ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Anhänger die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung an. Sie zielt auf eine Ersetzung der bestehenden Verfassungsordnung durch einen an der ethnischen ,Volksgemeinschaft’ ausgerichteten autoritären ,Nationalstaat’. Dieses politische Konzept missachtet die Menschenwürde aller, die der ethnischen Volksgemeinschaft nicht angehören, und ist mit dem grundgesetzlichen Demokratieprinzip unvereinbar.“

So könnte er lauten, der Leitsatz für ein Verbot der AfD. Geschrieben hat ihn das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zum letztlich gescheiterten Verbotsantrag gegen die NPD.

Die rechtsextreme Kleinpartei, die seit kurzem als „Die Heimat“ angesprochen werden will, war dem Gericht nicht gefährlich genug. Jetzt, da die AfD-Werte in den Umfragen explodieren, gerät ein Parteiverbot in die Diskussion. Passend dazu hat das Deutsche Institut für Menschenrechte eine 70-Seiten-Analyse vorgelegt: „Warum die AfD verboten werden könnte“.

Möglich wäre, dass die AfD nicht wegen Höcke, sondern trotz Höcke auf Höhenflug ist. 

Jost Müller-Neuhof

Sie könnte. Ethnische Volksgemeinschaft, Nationalismus, Menschenwürde-Missachtung, das ist das Einmaleins des Ex-Lehrers Björn Höcke, der sich damit zur AfD-Leitfigur hochrechnen konnte. Also abzählen: Wenn immer mehr Menschen eine Partei gut finden, die eine Art Nazi als eine Art Führer gut findet, werden Partei und Anhänger immer gefährlicher für die Demokratie. Ergebnis: Man muss die AfD verbieten.

Allerdings lässt sich Politik nicht so errechnen, auch nicht mit Hilfe des Verfassungsrechts. Möglich wäre, dass die AfD nicht wegen Höcke, sondern trotz Höcke auf Höhenflug ist. Das jedenfalls deutet sich in den Diagnosen an, die den anderen Bundestagsparteien einschließlich der gewählten Regierung oder wahlweise den Medien wegen vielfältiger Unterlassungen eine Mitschuld geben. Denn mit dieser Kritik wird kaum jemand behaupten wollen, man sollte, zur Lösung des Problems, mehr Höcke wagen.

Die AfD wäre demnach aktuell nicht vor allem gefährlich, sie wäre aus welchen Gründen auch immer vor allem beliebt. Im Moment der berechtigten Irritation darüber das schärfste Schwert zu ziehen, das der demokratische Staat zur Feindesabwehr parat hat, ist kühn. Man sollte vorher wissen, was man zerschlagen will.

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