zum Hauptinhalt
17.000 Corona-Patienten werden derzeit auf Normalstationen behandelt.

© Marijan Murat/dpa

Viele Corona-Patienten in Kliniken, Personal fehlt: Kassenärztechef will Quarantänepflicht aufheben – Lauterbach kontert

Auf Normalstationen liegen doppelt so viele Corona-Patienten wie vor einem Jahr. Und die Kliniken selbst kämpfen mit coronabedingten Personalausfällen. Was tun?

Die Zahl der Neuinfektionen in Deutschland ist deutlich höher als im vergangenen Sommer. Zwar sind die Verläufe der meisten Covid-19-Erkrankungen milde, dennoch ist die Zahl der Corona-Patienten in deutschen Kliniken doppelt so hoch wie vor einem Jahr. Die Kliniken kämpfen aber vor allem mit hohen Krankenständen und weil sie auf Personal verzichten müssen, das sich in Quarantäne befindet.

Über die Frage der Quarantäne ist nun ein heftiger Streit zwischen Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und dem Vorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, entbrannt.

Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, zwar sei der Anteil der Intensivpatienten unter den an Covid-19 Erkrankten deutlich niedriger als im Sommer 2021, die absolute Patientenzahl aber „doppelt so hoch, wie zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres“.

In deutschen Krankenhäusern werden Gaß zufolge derzeit rund 1.300 Patienten mit Covid-19 auf den Intensivstationen und rund 17.000 auf den Normalstationen behandelt. Im Vergleich zur vergangenen Woche seien die Zahlen um 7,7 und 15,4 Prozent gestiegen. „Die Zahlen verdeutlichen, dass der Herbst für die Kliniken erneut eine extreme Belastungsprobe werden kann.“

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Die Sieben-Tage-Inzidenz in Deutschland lag zuletzt bei über 700 – seit einiger Zeit gehen Experten aber von einer deutlichen Untererfassung der tatsächlichen Corona-Fälle aus. Gaß sagte dazu: „Trotzdem sind die steigenden Zahlen Corona-positiv getesteter Patienten im Moment nicht die Hauptsorge in den Krankenhäusern.“

Probleme bereite vor allem der hohe Krankenstand von Mitarbeitern sowie Ausfälle wegen Coronainfektionen und Quarantäne. „In zahlreichen Krankenhäusern müssen planbare Operationen daher verschoben und zeitweise ganze Bereiche abgemeldet werden.“

KBV-Chef Gassen forderte in dieser Situation eine Aufhebung aller Corona-Isolations- und Quarantänevorgaben, um Personalengpässe zu entschärfen. „Die Isolations- und Quarantänepflichten sollten bis auf Weiteres aufgehoben werden, dadurch würde die Personalnot vielerorts gelindert.“ Und weiter: "Wir müssen zurück zur Normalität. Wer krank ist, bleibt zu Hause. Wer sich gesund fühlt, geht zur Arbeit.“

Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung: Andreas Gassen.
Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung: Andreas Gassen.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

„So halten wir es mit anderen Infektionskrankheiten wie der Grippe auch“, betonte Gassen. Die Infektionszahlen seien zwar seit Monaten sehr hoch. Und da gleichzeitig weniger getestet werde, „können wir zusätzlich von Hunderttausenden von nicht erkannten Ansteckungen pro Tag ausgehen“, sagte der KBV-Chef. „Aber: Die Verläufe sind fast immer milde.“

Problem seien damit „nicht die vielen Infektionen, sondern, dass positiv Getestete auch ohne Symptome mehrere Tage zu Hause bleiben, in Isolation geschickt werden“, sagte Gassen. Dadurch entstünden „Personalengpässe in den Kliniken und anderswo“.

Gassen plädierte in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, die Omikron-Mutante „fast als 'Friedensangebot des Virus'“ zu sehen. Wer sich nach Dreifachimpfung anstecke, profitiere „sogar von einer Infektion, indem er oder sie eine Schleimhautimmunität erwirbt“. Gegen schwere Verläufe seien Geimpfte gut geschützt.

Niemand sollte sich deshalb aber aktiv anstecken, sagte der KBV-Chef. „Aber wir können uns nicht dauerhaft vor dem Virus verstecken. Und wir sind das letzte Land in Europa, das noch derart aufgeregt über einen Corona-Notstand diskutiert.“

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Der Bundesgesundheitsminister widersprach Gassen umgehend. „Infizierte müssen zu Hause bleiben“, konterte Lauterbach auf Twitter. „Sonst steigen nicht nur die Fallzahlen noch mehr, sondern der Arbeitsplatz selbst wird zum Sicherheitsrisiko.“

Aus dem Ministerium hieß es, aktuell würde eine weitere Verkürzung der Fristen zu den Möglichkeiten der Freitestung „keinen Sinn“ machen. Mit den geltenden Empfehlungen sei im Frühjahr bereits auf sich verschärfende Personalsituationen reagiert worden, hieß es weiter.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Auch der Präsident des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, wandte sich gegen den Vorstoß des KBV-Vorsitzenden. „Die Aufhebung von Quarantäneregeln aus Arbeitsmarktgründen ist aus ärztlicher Sicht nicht zu vertreten“, sagte er der „Rheinischen Post“. „Unsere Aufgabe ist es, Menschen vor Krankheit, Leid und Tod zu bewahren und nicht, kranke Menschen zur Arbeit zu treiben.“

Gegen Gassens Vorstoß wandte sich auch die Stiftung Patientenschutz. „Der Zweck heiligt nicht alle Mittel“, erklärte Stiftungsvorstand Eugen Brysch. „Zudem haben infizierte Erwachsene fast immer Symptome.“ Brysch verwies zudem auf das Risiko von Long- und Post-Covid.

Menschen, die sich mit dem Coronavirus infizieren, müssen für fünf Tage in häusliche Isolation. Beschäftigte in Einrichtungen des Gesundheitswesens müssen vor der Rückkehr zur Arbeit zudem per Schnell- oder PCR-Test nachweisen, dass sie negativ sind. Zudem müssen sie 48 Stunden symptomfrei sein. Für Menschen, die Kontakt mit Corona-Infizierten hatten, wird eine fünftägige Quarantäne dringend empfohlen. (mit Agenturen)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false