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FDP-Politiker Christian Lindner trat am Montag bei der Kundgebung der Bauern auf.  

© REUTERS/Fabrizio Bensch

„Hau ab!“: Lindner wird bei Bauernprotesten in Berlin ausgebuht und angebrüllt

Von Pfiffen und Protestrufen begleitet trat Finanzminister Christian Lindner (FDP) bei der Demo der Bauern vor das Rednerpult. Er verwies auf nötige Einsparungen, bot aber Bürokratieabbau an.

Finanzminister Christian Lindner ist bei der Großdemonstration der Landwirte in Berlin lautstark beschimpft und ausgebuht worden. Von Pfiffen und Protestrufen begleitet trat der FDP-Politiker am Montag bei der Kundgebung der Bauern vor das Rednerpult, konnte wegen des Lärms jedoch erst nach einem beschwichtigenden Appell von Bauernpräsident Joachim Rukwied das Wort ergreifen.

„Der Finanzminister ist hier und ihm gebührt der Respekt, ihm zuzuhören“, sagte Rukwied gewandt an die Menge. „Ich bitte Sie und fordere Sie auf, ruhiger zu sein.“

Die versammelten Landwirte begleiteten Lindners Rede dennoch weiter mit lauten „Hau ab!“-Rufen, Hupen und Pfeifen. Großteils war Lindner kaum zu verstehen und wurde mit „Lügner“- und „Hau ab“-Rufen übertönt, berichten Tagesspiegel-Reporter. In den abgesperrten Bereich flogen vereinzelt auch Pyrotechnik, Rauchtöpfe und Bananenschalen.

Bauernpräsident Joachim Rukwied versucht die Menge zu beschwichtigen.

© REUTERS/Fabrizio Bensch

Lindner versuchte den Menschen in seiner Rede Verständnis zu vermitteln. Er könne die Empörung über Bevormundung verstehen, rief er ihnen zu. „Sie können mir doch nicht erzählen, dass Sie wegen des Agrardiesels hier sind.“ Der Protest der Bauern sei legitim und friedlich, erklärte Lindner und bedankte sich. Befürchtete Ausschreitungen habe es im Lauf der vergangenen Woche kaum gegeben. „Dafür danke ich Ihnen.“

Im Unterschied zu den Klimaklebern hätten die Bauern das Brandenburger Tor hier geehrt und es nicht beschmiert, so der Minister. Von der Politik und den Medien erwarte er, dass sie künftig vor der linksextremistischen Unterwanderung der Klimakleber warnen und diese verurteilen, „das sei gerechtfertigt“. 

Keine Zugeständnisse beim Agrar-Diesel

In puncto Agrardiesel konnte Lindner den protestierenden Menschen aber keine weiteren Zugeständnisse in Aussicht stellen. „Ich kann ihnen heute nicht mehr staatliche Hilfe versprechen aus dem Bundeshaushalt“, sagte der FDP-Vorsitzende. Es könne aber mehr Freiheiten für Betriebe geben und weniger Bürokratie.

Dafür lohne es gemeinsam zu werben. Es sei auch die richtige Zeit, über die hohen Umweltstandards für Landwirte zu sprechen. Denkbar sei auch, schwankende Gewinne von Betrieben besser bei der Einkommenssteuer zu berücksichtigen. Eine Tarifglättung oder eine steuerfreie Risikorücklage werde von ihm geprüft.

Die Bauern wehren sich gegen Kürzungen in ihrem Bereich, mit denen Lücken im Haushalt für 2024 gestopft werden sollen. Die Ampel-Spitzen waren ihnen zuletzt bereits in Teilen entgegengekommen. So sollen die Subventionen für Agrardiesel nicht kurzfristig auf einen Schlag, sondern über drei Jahre schrittweise gestrichen werden. Die zudem ursprünglich geplante Abschaffung der Kfz-Steuerbefreiung in der Landwirtschaft hat die Ampel bereits wieder einkassiert.

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Lindner sagte gegen lautstarke Buhrufe und Tröten, die Proteste seien bereits erfolgreich gewesen. „Es darf kein Sonderopfer der Landwirtschaft geben.“ Lindner hatte selbst mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) die Belastungen der Branche beschlossen, die selbst in der Ampel-Regierung als unverhältnismäßig kritisiert worden waren. „Die Landwirtschaft ist keine Branche wie jede andere“, sagte Lindner.

Er verwies auf neun Milliarden Euro an staatlicher Subvention für die Branche aus Berlin und Brüssel. Zudem wolle sich Lindner auch für „mehr Freiheit“ und Anerkennung der Leistung der Bauern einsetzen. Es werde künftig keine „ideologische Bevormundung“ mit Umwelt- und Klimaschutzauflagen für landwirtschaftliche Betriebe mehr geben.

Gegen Ende seiner Redezeit erklärte er noch, dass alle ihren Beitrag leisten müssten. Es treffe auch andere Branchen wie den Luftverkehr. Kürzungen werde es auch bei den Leistungen für Asylsuchende und Bürgergeldempfänger geben, erklärte er. Die Regierung müsse wegen der höheren Zinsbelastung umsteuern und könne nicht immer neue Schulden machen. (Agenturen, tsp)

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