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Eine Griechin hebt am Automaten Geld ab. Die Finanzen des Landes werden künftig nicht mehr durch die EU überwacht.

© Thanassis Stavrakis/AP/dpa

EU beendet verstärkte Überwachung: Griechenland ist wieder eigenständig

Die Europäische Union entlässt Griechenland aus der Überwachung.

Die Glückwünsche erreichen Athen aus allen Ecken der Europäischen Union. „Heute ist der letzte Tag, an dem Griechenland unter verstärkter Überwachung steht“, schreibt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Wochenende auf Twitter. Vor über zehn Jahren hat Brüssel faktisch das finanzpolitische Ruder in Athen übernommen, doch das ist nun vorbei. Der griechische Regierungschef Kyriakos Mitsotakis feierte den Schritt sichtlich erleichtert als einen großen Erfolg. Der 20. August 2022 sei ein „historischer Tag für Griechenland und alle Griechen“, sagte Mitsotakis.

Im Jahr 2010 steckte Griechenland im Abwärtsstrudel einer schweren Finanzkrise und musste in der Folge auf Druck seiner Gläubiger harte Sparmaßnahmen und Reformen umsetzen. Gleichzeitig pumpte die EU über das größte Kreditprogramm der Finanzgeschichte Unsummen Geld in das Land. In den vergangenen zehn Jahren flossen weit über 270 Milliarden Euro nach Athen. Die Maßnahmen jener ersten Krisenjahre waren nicht nur ein harter Schlag für die Wirtschaft, die fast ein Drittel ihrer Leistung verlor. Auch die Bevölkerung musste auf rund 25 Prozent ihres Einkommens verzichten. Zudem hat das Land noch immer eine der höchsten Arbeitslosenquoten der EU.

Dennoch haben sich die großen Anstrengungen der vergangenen Jahre ausgezahlt und die EU-Kommission hebt die historische Bedeutung des Endes der verstärkten Überwachung hervor. „Griechenland schließt heute ein schwieriges Kapitel seiner langen und stolzen Geschichte“, erklärte der zuständige EU-Kommissar Paolo Gentiloni Gentiloni. Umso lobenswerter seien Griechenlands Leistungen, weil sie von zwei schweren externen Schocks geprägt wurden, die Corona-Pandemie und Russlands Invasion in der Ukraine.

Die Hilfsprogramme liefen 2018 aus

Die Erholung Griechenlands hatte sich bereits 2018 abgezeichnet, weshalb in jenem Jahr die Hilfsprogramme des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) ausliefen und im August 2018 die verstärkte Überwachung gestartet wurde. Das war eine Art Sicherheitsnetz der EU-Kommission, um die Reformen der Regierung in Athen weiter unter Kontrolle zu haben. Ein erneutes Aufflammen der Krise sollte unbedingt verhindert werden. „Durch die wirtschaftliche Erholung sind die Risiken von Spillover-Effekten auf die Wirtschaft des Euroraums deutlich gesunken, eine verstärkte Überwachung ist nicht mehr gerechtfertigt“, heißt es nun in einem Schreiben von Seiten der EU-Kommission.

Doch die Probleme sind noch nicht alle gelöst. Ist die griechische Wirtschaft 2021 mit über acht Prozent gewachsen, musste der Staat dennoch neue Schulden anhäufen. Zu Buche schlugen die Unterstützung der Bürger in der Corona-Krise und Hilfen für die Haushalte angesichts der explodierenden Energiepreise. Die Staatsschulden erreichten zum Höhepunkt der Corona-Krise im Jahr 2020 mit rund 206 Prozent des Bruttoinlandproduktes einen neuen Rekord. Dieser Berg soll in den kommenden Jahren allerdings zügig abgetragen werden, verspricht die griechische Regierung. Auf diesem Hintergrund wirkt ein Satz von Ursula von der Leyen durchaus zweideutig. „Die EU steht immer an Ihrer Seite“, schreibt die EU-Kommissionschefin in einem Tweet. Das hört sich an wie ein freundschaftliches Versprechen, könnte allerdings auch als Drohung gemeint sein.

Knut Krohn

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