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Bundesarbeitsminister Hubertus Heil

© Imago/dts Nachrichtenagentur

„Es gibt eine große Grauzone“: Arbeitsmarktforscher kritisiert Heils Sanktionspläne beim Bürgergeld

Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung warnt vor Verschärfungen beim Bürgergeld, wie vom Bundesarbeitsminister angedacht. Er mahnt die Komplexität von Arbeitslosigkeit an.

Die Kritik an Plänen von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) für Verschärfungen beim Bürgergeld reißt nicht ab. Der Arbeitsmarktforscher Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Es mag in einem bestimmten Maß Missbrauch geben, aber ansonsten gibt es eine große Grauzone.“

In vielen Fällen habe sich Arbeitslosigkeit verfestigt, Betroffene fühlten sich dann oft stigmatisiert. Ihnen fehlten oft Qualifikationen, mit steigendem Alter sänken oft Chancen und Hoffnungen. „Werden durch Totalsanktionen nicht auch Menschen in prekäre Jobs hineingezogen, bei denen einfach vieles zusammenkommt?“ Weber leitet den Forschungsbereich „Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen“ beim IAB, dem Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg.

Wie aus einem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Referentenentwurf hervorgeht, soll bei nachhaltiger Arbeitsverweigerung ein vollständiger Wegfall der Leistungen für maximal zwei Monate möglich werden.

Die geplante Regelung zum Leistungsentzug soll Einsparungen beim Bürgergeld von rund 170 Millionen Euro pro Jahr bringen - 150 Millionen beim Bund und 20 Millionen bei den Kommunen. Kosten der Unterkunft und Heizung sollen nicht gestrichen werden können.

Sozialverbände warnen vor sozialen Folgen

Bereits Ende Dezember hatten Sozialverbände, Jusos und Linke vor heftigen sozialen Folgen durch Heils Kürzungspläne gewarnt. Finanzminister Christian Lindner (FDP) sowie Politiker von SPD und Union hatten den Vorstoß begrüßt.

Der nordrhein-westfälische Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) unterstützte den möglichen vorübergehenden Wegfall der Leistungen. Aber es sei „schon der Hammer, wenn Menschen für den Lebensunterhalt zwei Monate gar kein Geld bekommen“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Es geht im Wesentlichen darum, öffentlich einen Punkt zu setzen, dass wir Eigenverantwortung einfordern.“

Sanktionsmöglichkeiten gemäßigt

Der Entwurf aus dem Sozialministerium verweist auf Praxisberichte aus Jobcentern, nach denen „einige wenige Beziehende von Bürgergeld zumutbare Arbeitsaufnahmen beharrlich verweigern und somit bewusst ihre Hilfebedürftigkeit aufrechterhalten beziehungsweise nicht vermindern“.

Arbeitsmarktforscher Weber sagte, beim Bürgergeld seien die Sanktionsmöglichkeiten im Vergleich zu früheren Hartz-IV-Zeiten gemäßigt. Die Anfang 2023 eingeführte Reform umfasst Kürzungsmöglichkeiten von 10 Prozent der Leistungen bei versäumten Terminen und von bis zu 30 Prozent bei absprachewidrig unterlassenen Bewerbungen oder Kursteilnahmen.

Die jüngsten Pläne aus dem Arbeitsministerium sehen außerdem vor, den Bürgergeldbonus von 75 Euro pro Monat wieder abzuschaffen. Eingeführt worden war er für Weiterbildungen, die nicht auf einen Berufsabschluss abzielen.

Zum Ausgleich von Finanzierungsbeteiligungen des Bundes 2020 und 2021 soll die Bundesagentur für Arbeit zudem zum Ende der Jahre 2024 und 2025 jeweils 1,5 Milliarden Euro und Ende 2026 und 2027 jeweils 1,1 Milliarden an den Bund zurückzahlen. (dpa)

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