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Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, ist skeptisch gegenüber einem neuen NPD-Verbotsverfahren.

© dpa

Volker Beck: "Ein NPD-Verbotsantrag ist keine innenpolitische Mutprobe"

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, sieht keine Notwendigkeit für einen Bundestags-Beschluss zu einem neuen NPD-Verbotsverfahren. Er befürchtet, hinter die Fichte geführt zu werden und er lobt den politischen Gegner.

Herr Beck, am Mittwoch treffen sich die Innenminister der Länder, um über ein neues NPD-Verbotsverfahren zu entscheiden. Macht das Verfahren jetzt Sinn und würde die grüne Bundestagsfraktion mitziehen?

Ein Verbotsverfahren macht Sinn, wenn Beweise vorliegen, die der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte genügen. Wir Abgeordneten haben das Material nicht einsehen können und deshalb können wir die Belastbarkeit der Beweise nicht beurteilen.

Das heißt, Sie fordern die Einsicht?
Genau. Ohne das Material selbst auswerten zu können, können wir auch keine Beurteilung abgeben. Ich gehe davon aus, dass wir die Unterlagen in der Geheimschutzstelle einsehen können.

Muss der Bundestag mitmachen?
Nein. Denn Karlsruhe lässt sich nicht von der Zahl der Antragsteller beeindrucken, sondern nur von stichhaltigen Beweisen. Im Übrigen bin ich skeptisch, ob der Bundestag wirklich beurteilen kann, ob das gesammelte Material V-Mann-frei ist. Da haben uns die Innenminister schon einmal hinter die Fichte geführt.

Wo sehen Sie die größten Hürden?
Ein Verbot der NPD muss vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte standhalten. Denn die bisherige Rechtsprechung dort belegt, dass es eine sehr hohe Hürde gibt. Die europäischen Richter nehmen die Verhältnismäßigkeit in den Blick und verlangen daher die Darlegung einer aktuellen und konkreten Gefahr für den Bestand der Demokratie.

Soll man den Schritt nun gehen oder nicht?
Ein Verbotsantrag ist keine innenpolitische Mutprobe und kein antifaschistischer Lackmustest, sondern eine juristische Entscheidung, die man mit kühlem Kopf treffen muss. Denn ein Verbotsantrag bringt der NPD auch Aufmerksamkeit und wenn es schiefgeht, feiert das diese Partei als Triumph, den ich ihr einfach gar nicht gönne.

Und haben alle diesen kühlen Kopf?
Wenn ich höre, dass einige Landesinnenminister sagen, dass man minimale Erfolgschancen habe oder dass auch eine Niederlage ein Erfolg für den Rechtsstaat sei, dann bereitet mir das große Sorge.

Sie klingen ähnlich skeptisch wie Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU).
In diesem Fall schätze ich die sorgfältige, prüfende und abwägende Herangehensweise. Denn bei der Entscheidung will ich auf sicherem Grund stehen. Schön wäre es, wenn Friedrichs Sorgfalt sich auch auf die verfassungsrechtlichen Schutzrechte von Flüchtlingen erstrecken würde.

Volker Beck (51) ist Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen-Fraktion im Bundestag und Mitglied des Parteirats der Grünen. Das Gespräch führte Christian Tretbar.

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