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Die aktuellen Ermittlungen gegen den BND-Mitarbeiter wegen des Verdachts des Landesverrats zeigten einen „dringenden Handlungsbedarf“ zur Reform der Verfahren bei Sicherheitsüberprüfungen, so das Kontrollgremium.

© dpa/Wolfgang Kumm

Update

„Dringender Handlungsbedarf“: Kontrollgremium sieht erhebliche Defizite bei Überprüfung von Geheimdienstpersonal

Der Fall eines mutmaßlichen Spions beim BND hatte die Politik alarmiert. Das für die Dienste zuständige Gremium fordert die Regierung nun auf, zügig Reformen anzustoßen.

| Update:

Ende des vergangenen Jahres hatte der Fall eines mutmaßlichen Spions beim Bundesnachrichtendienst (BND) erheblichen Wirbel ausgelöst. Nun verlangt auch das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr), das die Arbeit des Bundesnachrichtendienstes (BND), des Verfassungsschutzes und des Militärischen Abschirmdienstes überwacht, dass sich die Behörden besser vor Spionage schützen.

„Die Integrität des Personals der Nachrichtendienste muss gerade angesichts der aktuellen Sicherheitslage in Europa gewährleistet sein“, schrieb der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Konstantin Kuhle, der Mitglied des Gremiums ist, bei Twitter.

In einer öffentlichen Stellungnahme des PKGr heißt es: „Die Bundesregierung muss sich zügig um eine Behebung von Defiziten im Bereich der Sicherheitsüberprüfungen kümmern. Auch ein Handeln des Gesetzgebers kommt in Betracht.“ Unter anderem müsse die Zahl der nicht fristgerecht durchgeführten Wiederholungsprüfungen bis Ende des Jahres 2024 „deutlich reduziert“ werden.

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Das PKGr sieht erheblichen Verbesserungsbedarf vor allem bei den routinemäßigen Sicherheitschecks der Mitarbeiter. Die Überprüfungen müssten schneller und gründlicher durchgeführt werden, heißt es in der Stellungnahme. „Die nicht zuletzt durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine veränderte Sicherheitslage für die Bundesrepublik Deutschland erfordert es, bestehende Verfahren der Sicherheitsüberprüfung zu evaluieren und den augenblicklichen Herausforderungen und Bedrohungen anzupassen.“

Die aktuellen Ermittlungen gegen den BND-Mitarbeiter wegen des Verdachts des Landesverrats zeigten einen „dringenden Handlungsbedarf“ zur Reform der Verfahren bei Sicherheitsüberprüfungen. Die Eigensicherung der Nachrichtendienste müsse fortwährend überprüft werden, um die Gefahr fremder Einflussnahme und von Informationsabflüssen zu verhindern.

Das PKGr fordert weiter: Die Bundesregierung müsse dafür sorgen, dass „die notwendigen Befugnisse für eine frühzeitige Erkennung und Verhinderung von Sicherheitsrisiken, insbesondere durch einen modernen Sabotageschutz, angemessene Informationsübermittlungsmöglichkeiten und weitreichende Recherchemöglichkeiten in den sozialen Medien“ gegeben seien.

Das PKGr verlangt von der Regierung zudem, das nötige Geld für eine „auskömmliche Ausstattung“ der Abteilungen bereitzustellen und vakante Posten „so früh wie möglich“ zu besetzen.

Der BND-Mitarbeiter war am 21. Dezember in Berlin festgenommen worden. Er soll nach dem russischen Angriff auf die Ukraine im vergangenen Jahr Informationen, die er im Zuge seiner Arbeit erlangt hat, an Russland übermittelt haben. Bei den ausspionierten Informationen handele es sich um ein Staatsgeheimnis im Sinne des Strafgesetzbuchs, hatte die Bundesanwaltschaft damals mitgeteilt.

Das Gremium erwartet, dass hier alle Verantwortlichen zusammenwirken, um das Schutzniveau deutlich zu erhöhen und zukünftig effektiv und wehrhaft auf diese Gefahren reagieren zu können.

 Konstantin von Notz, Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums (Grüne)

Der innenpolitische Sprecher der SPD, Sebastian Hartmann, der dem Kontrollgremium angehört, sagte dem Tagesspiegel: „Schon zu Beginn der Legislaturperiode hat sich das Parlamentarische Kontrollgremium vorgenommen, das System der Sicherheitsüberprüfungen ausführlich zu kontrollieren.“

Es habe sich gezeigt, dass dies dringend nötig gewesen sei. Zusätzlich zu den vorgeschlagenen praktischen und kurzfristig umzusetzenden Maßnahmen der Nachrichtendienste wie beispielsweise regelmäßigere und zügigere Sicherheitsüberprüfungen müsste auch gesetzgeberisch gehandelt und nachgebessert werden.

„Die Dienste brauchen zusätzliche Befugnisse, um Sicherheitsrisiken frühzeitig zu erkennen und zu beseitigen. Informationen müssen ausgetauscht werden können und es muss Grundlagen für bessere Recherchen in den sozialen Medien geben. Die Dienste sollen unser Land vor Gefahren von Verfassungsfeinden und von außerhalb schützen und müssen gewappnet sein, daher müssen sie intern gefestigt werden“, sagte Hartmann.

Der Chef des PKGr, der grüne Innenpolitiker Konstantin von Notz, fordert nun eine schnelle Reaktion der Behörden auf die Kritik aus dem Parlament. „Jahrzehntelang haben Aspekte wie die Eigensicherung und die Spionageabwehr in Deutschland praktisch keine Rolle gespielt, obwohl es illegitime Einflussnahme und Spionage offensichtlich immer gab“, sagte von Notz dem Blatt.

Der aufgeflogene Spionagefall habe die Dringlichkeit deutlich gemacht. „Spätestens seit dem Fall Carsten L. beim BND muss allen klar sein: Die Zeitenwende erfordert eine umfassende Sicherheitsstrategie, bei der auch die Eigensicherung und der Schutz vor Spionage und Einflussnahme von großer Bedeutung ist“, sagte von Notz weiter. Er fordert einen Kraftakt: „Das Gremium erwartet, dass hier alle Verantwortlichen zusammenwirken, um das Schutzniveau deutlich zu erhöhen und zukünftig effektiv und wehrhaft auf diese Gefahren reagieren zu können.”

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