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Bundeskanzler Olaf Scholz am Freitag während des informellen EU-Gipfels teil.

© dpa/Kay Nietfeld

Diskussion um EU-Erweiterung : „Olaf Scholz muss endlich liefern“

Der Kanzler muss sich stärker für eine Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips einsetzen, sagen CDU und Grüne. In der Debatte um EU-Beitritte forderte er zuvor eine Reform der Entscheidungsstrukturen.

Vertreter von CDU und Grünen haben an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach dessen Forderung einer EU-Reform appelliert, sich stärker für eine Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips einzusetzen. Christoph Ploß (CDU), Mitglied im Europa-Ausschuss des Bundestages, sagte dem Tagesspiegel, solange in der EU-Außenpolitik das Einstimmigkeitsprinzip gelte, werde es nur Beschlüsse auf Grundlage des kleinsten gemeinsamen Nenners geben.

„Die Worte von Olaf Scholz hören wir allerdings seit Jahren – konkrete Ergebnisse gibt es jedoch leider bis heute nicht“, sagte Ploß: „Olaf Scholz muss endlich liefern.“

„Eine Begrenzung der Einstimmigkeitspflicht war immer schon unsere Forderung“, sagte der grüne Europaabgeordnete Sergey Lagodinsky dem Tagesspiegel. „Die Erpressung ,made in Budapest‘ zeigt, dass die bestehende Veto-Macht durch Putin-Freunde mittlerweile ein geostrategisches Risiko für uns alle ist“, sagte Lagodinsky im Hinblick auf Blockaden durch den autoritären ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán. Erst am Freitag blockierten Polen und Ungarn beim EU-Gipfel eine geplante Erklärung zur Migrationspolitik. 

Die notwendigen Reformen seien „nur unter politischer Führung Deutschlands möglich“. Man könnte etwa damit anfangen, „die schon bestehenden Ausnahmen für Entscheidungsmehrheiten aktiver einzufordern und zu organisieren“, sagte Lagodinsky: „Hier ist eine aktivere Rolle des deutschen Kanzlers das A und O jeglicher Reformpläne.“

Weiter wachsen, aber handlungsfähig bleiben

Die Europäische Union muss vor der geplanten Erweiterung nach Ansicht von Kanzler Scholz erst reformiert werden. Die Entscheidungsstrukturen innerhalb der EU müssten geändert werden, sagte Scholz am Freitag vor Beginn des informellen EU-Gipfels im spanischen Granada. „Wir müssen dann auch mit qualifizierten Mehrheiten Entscheidungen treffen können, damit die Souveränität und Handlungsfähigkeit der Europäischen Union gewährleistet ist“, sagte Scholz.

Derzeit können viele Entscheidungen nur bei Zustimmung aller 27 Mitgliedstaaten getroffen werden, unter anderem in der Außen- und Sicherheitspolitik. Man müsse sich auch über die Zahl der Mitglieder in der EU-Kommission Gedanken machen, sagte Scholz. „Man kann ja nicht einfach immer quasi die Regierung erweitern und neue Ministerien erfinden.“ Außerdem gehe es um die Zahl der Sitze im Europäischen Parlament und die Finanzierung der Staatengemeinschaft.

Im Dezember soll entschieden werden, ob mit der Ukraine und Moldau Beitrittsverhandlungen aufgenommen werden und ob Georgien den Status des Beitrittskandidaten bekommt. EU-Ratspräsident Charles Michel sprach sich zuletzt dafür aus, dass die EU bis 2030 bereit für die Aufnahme von Ländern wie der Ukraine sein muss. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen befürwortet eine rasche Erweiterung, nennt jedoch kein Datum.

Baerbock: „Geopolitische Notwendigkeit“

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nannte die Erweiterung um die Westbalkanstaaten eine „geopolitische Notwendigkeit“. Dies sei „kein technokratisches, bürokratisches Projekt, sondern es ist eines unserer stärksten Sicherheitsinstrumente der EU“, sagte Baerbock in Tirana, wo sie an einem Außenministertreffen im Rahmen des sogenannten Berliner Prozesses zum Westlichen Balkan teilnahm.

Der Berliner Prozess war bereits 2014, damals unter Bundeskanzlerin Angela Merkel, ins Leben gerufen worden und soll die regionale Integration der sechs Westbalkan-Staaten und deren Heranführung an die Europäischen Union fördern. Einen Rückschlag für den Prozess gab es jüngst wegen neu aufgeflammter Spannungen zwischen Kosovo und Serbien. Die Außenminister Serbiens und des Kosovo sollten an den Beratungen in Tirana am Freitag teilnehmen. (mit Reuters)

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