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Der Ausbau der Stromnetze hängt um sieben Jahre zurück.

© dpa/Patrick Pleul

„Die Versorgung ist gefährdet“: Bundesrechnungshof kritisiert Energiepolitik der Ampel

Die Regierung forciert den Ausbau der erneuerbaren Energien, doch in einem Bericht kommt der Rechnungshof zu dem Schluss, dass die Ziele verfehlt werden. Zudem explodieren die Kosten.

Zu langsam, zu teuer und zu unsicher. Zu diesem ernüchternden Fazit kommt der Bundesrechnungshof in einem Sonderbericht, der sich mit der Umsetzung der Energiewende auseinandergesetzt hat. Darin üben die Finanzkontrolleure scharfe Kritik am Agieren der Bundesregierung.

„Die Bundesregierung ist im Verzug beim Ausbau der erneuerbaren Energien und der Stromnetze sowie beim Aufbau von Backup-Kapazitäten. Hinzu kommen „Wissenslücken über die Umweltauswirkungen der Transformation und kein Konzept gegen hohe Strompreise“, sagte der Präsident des Bundesrechungshofes, Kay Scheller, bei der Veröffentlichung des 58-seitigen Sonderberichts.

Darin haben sich die Prüfer des Bundesrechnungshofes die Entwicklung des Strommarkts angeschaut. So wurden die Fortschritte beim Ausbau der Erneuerbaren und der Stromnetze beobachtet, zudem wurde die jüngst vorgestellte Kraftwerkstrategie aus dem Bundeswirtschaftsministerium bewertet.

Für den Strom-Bereich fällt das Urteil vernichtend aus: „Die sichere Versorgung ist gefährdet, der Strom teuer, während die Bundesregierung die Auswirkungen der Energiewende auf Landschaft, Natur und Umwelt nicht umfassend bewerten kann“, sagte Scheller.

Beim Netzausbau liegen wir inzwischen sieben Jahre und 6000 Kilometer zurück.

Kay Scheller, Präsident des Bundesrechnungshofs, über das Tempo beim Netzausbau

In der Ampel-Regierung gehe man nur von „Best-Case-Annahmen“ aus, die seien aber unwahrscheinlich und wirklichkeitsfremd, so der Rechnungshof-Präsident. Da der Stromverbrauch im Zuge der Elektrifizierung des Wärme- und Verkehrsbereich bis 2030 um 33 Prozent steigen dürfte, bräuchte es einen deutlich schnelleren Ausbau von Windrädern, Solaranlagen und Netzen.

Doch dabei hinke Deutschland seinen ambitionierten Zielen deutlich hinterher. „Beim Netzausbau liegen wir inzwischen sieben Jahre und 6000 Kilometer zurück“, sagte Scheller. Es sei auch nicht realistisch, dass im Jahr 2024 mehr als 16 GW erneuerbare Energien zugebaut würden – diese wären aber laut Zielpfad der Bundesregierung notwendig.

Kritik üben auch CDU und FDP

Auch vor den Kosten warnte Scheller, denn allein der Ausbau der Stromnetze werde bis 2045 insgesamt 460 Milliarden Euro betragen. „Die Bezahlbarkeit der Stromversorgung ist gefährdet“, sagte Scheller und warnte vor Schäden am Wirtschaftsstandort Deutschland und sinkender Akzeptanz in Bevölkerung. Sein Appell: „Die Bundesregierung sollte sich aufgefordert fühlen, dringend umzusteuern.“

Diese Kritik teilt auch die Opposition: „Deutschland hat ein Stromproblem“, sagte CDU-Fraktionsvize Jens Spahn dem Tagesspiegel. Er kritisierte, die Ampel habe diesen Fakt erst geleugnet und dann kleingeredet. „Es braucht einen Sparplan für die Energiewende und eine Pragmatismuswende“, forderte Spahn.

Der Rechnungshofbericht verdeutlicht eindringlich, dass Robert Habeck seinen einseitigen Erneuerbarenausbau dringend korrigieren muss.

Der energiepolitische Sprecher der FDP, Michael Kruse, kritisiert den grünen Minister scharf.

Konkret forderte er oberirdische Leitungen, Kernkraftwerke zu reaktivieren und alle Technologien effizient zu nutzen. „Der Solarausbau allein kostet mehr als er bringt, weil der Netzausbau nicht Schritt halten kann“, sagte Spahn. Statt erhöhter Netzentgelte brauche es niedrigere Stromsteuern für alle.

Auch innerhalb der Ampel-Koalition werden Stimmen nach einem Kurswechsel in der Energiepolitik laut: „Der Rechnungshofbericht verdeutlicht eindringlich, dass Robert Habeck seinen einseitigen Erneuerbarenausbau dringend korrigieren muss“, sagte der energiepolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Michael Kruse.

Das wichtigste Ziel müssten günstiger Strom und eine hohe Versorgungssicherheit sein. Daher müssten die Gesetzesvorhaben von Wirtschaftsminister Habeck (Grüne) auf den Prüfstand: „Das Solarpaket muss neu ausgerichtet werden, um den Ausbau günstiger und stärker am Bedarf zu orientieren“, sagte Kruse dem Tagesspiegel. Auch das Fazit des FDP-Politikers fällt vernichtend aus: „Habecks einseitiger Erneuerbarenausbau führt das deutsche Stromsystem ohne diese Maßnahmen in die Sackgasse.“

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