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Kanzlerin Merkel, US-Präsident Trump und Frankreichs Präsident Macron (v.l.n.r.) beim G-7-Gipfel in La Malbaie.

© Ludovic Marin/AFP

Die EU nach dem G-7-Debakel: Die Einigkeit der Europäischen Union ist brüchig

Nachdem US-Präsident Trump beim Treffen der westlichen Industriestaaten in Kanada einen Eklat verursacht hat, ist die EU gefragt. Doch die Gemeinschaft ringt um Geschlossenheit.

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US-Präsident Donald Trump hat bei den G7 der sieben wichtigsten westlichen Industrienationen einen Scherbenhaufen hinterlassen. Als Konsequenz muss die EU nun nach den Worten von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) enger zusammenstehen. Mit Blick auf die Zusammenarbeit der EU-Staaten sagte sie am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Anne Will“, es werde auch Bereiche geben, „in denen denen wir vorangehen müssen“. In der Praxis ringen die EU-Staaten aber auf mehreren Themenfeldern um ihren Zusammenhalt. Ein Überblick.

Handelspolitik

Die unmittelbare Konsequenz aus dem G-7-Debakel dürfte darin bestehen, dass die EU-Kommission sich noch stärker auf die laufenden Handelsgespräche mit Weltregionen jenseits der USA konzentriert. Die Verhandlungen mit der südamerikanischen Mercosur-Gruppe befinden sich auf der Zielgeraden. Auch Abkommen mit Japan, Singapur und Vietnam könnten bald ratifiziert werden.

Der weitere Kurs der EU gegenüber den USA ist hingegen keineswegs klar. Nach der Verhängung der US-Schutzzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte werden die Europäer zwar die vorbereiteten Gegenmaßnahmen am 1. Juli bei der Welthandelsorganisation WTO melden. Ob die EU aber weiter als geeinter Block auftritt, falls Trump auch noch Schutzzölle auf Autos verhängen sollte, ist offen. Von solchen Zölle wäre Deutschland besonders stark betroffen. Damit erklärt sich möglicherweise auch Merkels rhetorische Zurückhaltung. Sie sagte am Sonntagabend lediglich, die nachträgliche Aufkündigung des G-7-Abschlusskommuniqués durch Trump sei „natürlich ernüchternd und auch ein Stück deprimierend“. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wurde deutlicher. In einer Erklärung des Elysée-Palastes hieß es mit Blick auf Trumps Rückzieher: „Die internationale Zusammenarbeit darf nicht von Wutausbrüchen und Schlagworten abhängen. Seien wir ernsthaft und erweisen uns gegenüber unseren Völkern als würdig.“

Euro-Zonen-Reform

Bis zum EU-Gipfel Ende des Monats wollen Deutschland, Frankreich und die übrigen Staaten der Euro-Zone eine Reform zur weiteren Absicherung der Gemeinschaftswährung beschließen. Deutschland und Frankreich sind dabei weiter uneins über Macrons Forderung, ein eigenes Budget für die Euro-Zone einzurichten. Dieser Etat soll dazu dienen, Staaten der Euro-Zone, die plötzlich wirtschaftlich unter Druck geraten, unter die Arme zu greifen. Merkel verschließt sich Macrons Forderung zwar nicht komplett, aber nach ihrer Vorstellung soll das Budget nur im unteren zweistelligen Milliardenbereich liegen. Ihre Vorbehalte gegen ein großzügiges Budget machte die Kanzlerin auch wieder am Sonntagabend deutlich. Angesichts der Kritik, dass sie die kühnen Vorschläge Macrons mit deutlich geringerer Kühnheit beantwortet habe, antwortete sie: „’Kühn’ kann nicht damit gemessen werden, wieviel Geld man in den Ring wirft.“

Die Zurückhaltung Merkels hat damit zu tun, dass ihr die eigene CDU in der Frage der Reform der Euro-Zone fortwährend Steine in den Weg legt. Und zwar nicht nur in der Streitfrage, ob ein gemeinsamer Investitionsetat eingerichtet werden soll oder nicht. Gleiches gilt auch für die Bankenunion und die Einführung eines Europäischen Währungsfonds, welche Merkel befürwortet. Der jüngste Vorschlag von Finanzminister Olaf Scholz (SPD), eine gemeinsame europäische Rückversicherung beim Kampf gegen die Arbeitslosigkeit einzuführen, wird in der CDU ebenfalls skeptisch gesehen. In der CDU wird der Widerstand damit begründet, dass mit einer solchen Rückversicherung, mit der etwa entschiedener die Jugendarbeitslosigkeit im Süden der Euro-Zone bekämpft werden könnte, lediglich ein neuer Umverteilungstopf eingerichtet würde. Sinnvoller seien hingegen Strukturreformen in den betroffenen Ländern, heißt es in der CDU weiter.

Gemeinsame Außenpolitik

Wie brüchig der außenpolitische Konsens der EU-Staaten ist, machte der G-7-Gipfel deutlich: Der italienische Regierungschef Giuseppe Conte sprach sich als einziger Vertreter der EU für den Vorschlag Trumps aus, Russland wieder in den Kreis der Industrienationen aufnehmen. Merkel sieht ihren Vorschlag, künftig einen EU-Sicherheitsrat einzurichten, als Antwort auf die oftmals vielstimmige europäische Außenpolitik. Das Problem: Hier handelt es sich um eine Vision, die auf die ferne Zukunft gerichtet ist.

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