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Die demonstrative Eintracht von CDU-Chef Friedrich Merz und dem CSU-Vorsitzenden Markus Söder, die sie kürzlich wieder demonstriert haben, wird immer wieder infrage gestellt.

© dpa/Sven Hoppe

Die CSU im Umfragetief: Was passiert, wenn Söder schwächelt?

Noch sind es gut drei Wochen bis zur Bayern-Wahl, doch der demoskopische Trend spricht gegen eine rauschende CSU-Party. Was würde ein maues Ergebnis für die Union insgesamt bedeuten?

Es ist gerade ein halbes Jahr her, dass manche in der CSU schon auf die absolute Mehrheit schielten. Damals prophezeite das Umfrageinstitut Forsa den bayerischen Christsozialen noch 42 Prozent der Stimmen. Inzwischen scheint jedoch die ausgegebene Zielmarke von 40 plus X für die Landtagswahl am 8. Oktober in weite Ferne gerückt.

Infratest dimap sagt der bayerischen Dauerregierungspartei jetzt nur noch 36 Prozent voraus – und damit noch etwas weniger als die historisch schwachen 37,2 Prozent bei der vorangegangenen Wahl 2018.

Der Frust ist groß, schließlich wird bereits per Briefwahl abgestimmt. „Angepisst“ fühle sich die Partei, so ein langjähriges Vorstandsmitglied gegenüber dem Tagesspiegel. Denn ohne eigenes Verschulden gebe es einen irrationalen Solidarisierungseffekt mit dem in die Affäre um ein antisemitisches Flugblatt verstrickten Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger.

Zwei im Amt bestätigte Ministerpräsidenten würden die Union als Ganzes stärken und damit auch Friedrich Merz.

Thorsten Frei, Parlamentarischer Geschäftsführer der Union, über die Wahlen in Bayern und Hessen am 8. Oktober.

Die neuen Zahlen sorgten gleich nach Veröffentlichung am Dienstag für Hektik in der Partei. Ministerpräsident und Parteichef Markus Söder, der zuletzt an seinem umstrittenen Wirtschaftsminister festgehalten hatte, forderte seine Anhänger auf, „mit beiden Stimmen CSU“ zu wählen und den kleineren Koalitionspartner nicht noch weiter zu stärken.

Eine Kräfteverschiebung?

Demonstrativ gelassen gibt sich seine Stellvertreterin Dorothee Bär, ihre Zuversicht zieht sie aus anderen Aspekten der Umfrage. Demnach sind 56 Prozent der Befragten zufrieden mit dem CSU-Chef und die bestehende Koalition hat den größten Zuspruch. „Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung will, dass Markus Söder seine erfolgreiche Arbeit als Ministerpräsident fortführen kann“, sagte Bär dem Tagesspiegel.

In dieser Lesart ist es nicht so wichtig, ob sich die Kräfteverhältnisse innerhalb des Bündnisses mit Aiwanger ein wenig zu dessen Gunsten verschieben.

Parteistrategisch aber macht es einen großen Unterschied, ob die CSU mit 36 oder über 40 Prozent weiterregieren könnte. Dabei wäre der interne Ärger wegen verlorener Landtagsmandate oder Landesregierungsposten noch das geringste Problem: Solange weiterregiert werden kann, muss Söder keinen echten Aufstand in Fraktion oder Kabinett befürchten – seine Dauerrivalität mit Landtagspräsidentin Ilse Aigner oder Parteivize Manfred Weber, der in Brüssel der Fraktion der europäischen Christdemokraten vorsteht, ist eher folkloristischer Natur.

Potenziellen Rebellen würde zudem die politische Munition fehlen, glaubt das Vorstandsmitglied, weil Söder weder etwas für die gelegentlich missverständlichen Äußerungen von CDU-Chef Friedrich Merz und den eher mauen Rückenwind aus Berlin könne noch für das Pamphlet aus Aiwangers Jugend. „Söder hat mit dem Festhalten an Aiwanger richtig gehandelt.“ Das sehen der Umfrage zufolge auch 68 Prozent der Bayern so, unter den CSU-Anhängern sogar 88 Prozent.

Mehr Demut aus München?

Interessant wäre ein schlechteres Abschneiden vor allem in Bezug auf die Machtstatik innerhalb der Union und die Frage der nächsten Kanzlerkandidatur. „In der CDU hofft der ein oder andere, dass Söder mit einem weniger glanzvollen Ergebnis in Zukunft demütiger auftritt“, hieß es denn auch in CSU-Kreisen gegenüber dem Tagesspiegel.

Tatsächlich finden sich unter den Christdemokraten immer noch viele, die dem Mann aus München nachtragen, wie er vor der Bundestagswahl 2021 erst den Machtkampf mit dem damaligen CDU-Chef Armin Laschet gesucht und ihn dann nicht unterstützt hatte.

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther etwa ist bekannt dafür, Söder immer noch nicht über den Weg zu trauen. Thorsten Frei, Parlamentarischer Geschäftsführer im Bundestag, gehört dagegen nicht zu denen, die einen gestärkten Söder fürchten. Er sieht ihn auch nicht als Gefahr für Merz, obwohl Söder zur Abschlusskundgebung auf den NRW-Amtskollegen Hendrik Wüst setzt.

Vielmehr gönnt Frei der CSU einen Erfolg in Bayern. Am liebsten dann, wenn er am selben Tag mit einem Sieg der Hessen-CDU verbunden wäre: „Zwei im Amt bestätigte Ministerpräsidenten würden die Union als Ganzes stärken und damit auch den Vorsitzenden unserer gemeinsamen Bundestagsfraktion, Friedrich Merz.“

Aber selbst bei einem schlechten Abschneiden wird in der CDU nicht mit einem Ende von Söders Ambitionen gerechnet – zumal es sich bei schwachen Ergebnissen bei Europawahl oder ostdeutschen Landtagswahlen rückblickend noch als vergleichsweise gut darstellen könnte. „So oder so“, heißt es in Parteikreisen, „wird Markus Söder ein Faktor sein, wenn nächstes Jahr die K-Frage entschieden wird“. Als CSU-Chef entscheidet er ohnehin zusammen mit dem CDU-Vorsitzenden Merz.

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