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Ist Papst Franziskus seines Amtes müde?

© Imago/Independent Photo Agency Int.

Political Animal: Der Papst denkt an Rückzug

Wird Franziskus auf sein Amt verzichten? Es gibt Anzeichen dafür. Andere könnten in seinem Sinne die Zukunft der Kirche bestimmen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Papst Franziskus hat einmal bekundet, dass er abends in der Bibel lese, gewissermaßen, um beseelt zu werden, aber auch zur Entspannung. Und manchmal schläft er darüber ein, aber das am Rande. Das ist nur natürlich, nach solchem Tagwerk, wie es ein Papst zu bewältigen hat, noch dazu, wenn er kein ganz junger Mann mehr ist. Jose Mario Bergoglio ist inzwischen 85.

Zumal einem manchmal ja durch das Gelesene richtungweisende Gedanken im Schlaf kommen. In Abwandlung eines alten Spruchs: Der Mensch schläft, Gott lenkt. Sein Wille entscheidet. Gewiss lässt sich Franziskus, ein frommer Mann, davon leiten. Und darüber hinaus von all dem, was er auf dem Stuhl Petri, als Stellvertreter auf Erden, über die vielen Tage seit Übernahme des Pontifikats 2013 hat selber lenken müssen.

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Dazu zählt die jetzt begonnene zweitägige Versammlung von Kardinälen aus allen Kontinenten, immerhin der ersten seit 2015. Es werden wohl gut 180 der weltweit 226 Kardinäle gekommen sein, um über Franziskus großes Projekt zu beratschlagen, die Kurienreform. Da geht es um die Organisation der Zentrale in Rom mit ihren rund 3000 Mitarbeitern. Die Kurie war Franziskus von Anfang an ein Dorn im Auge.

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Mehr Laien, mehr Frauen, mehr Fachleute im Vatikan

Eine neue Verfassung ist März vorgestellt worden, „Praedicate Evangelium“ – verkündet das Evangelium – mit 250 Paragrafen auf 54 Seiten. Wenn man so will: die eigentliche Botschaft des Argentiniers, die ihn überdauern soll. Nun muss das ins Werk gesetzt werden. Tagwerk, mit Wirkung weit über den Tag hinaus. Künftig sollen mehr Laien, mehr Frauen und mehr Fachleute im Vatikan arbeiten, sogar an der Spitze der Ressorts.

Die Hierarchie ändert sich auch. Nicht die Glaubenslehre steht an erster Stelle, sondern die Verbreitung des Glaubens – und dieses Ressort wird der Papst selbst führen. Und das sogenannte Almosenamt wird ebenso aufgewertet, zum deutlichen Kampf gegen die Armut in der Welt.

Franziskus (r.) besucht seinen Vorgänger Benedikt VI.
Franziskus (r.) besucht seinen Vorgänger Benedikt VI.

© IMAGO/ZUMA Wire

Neue Kardinäle gibt es außerdem, diesmal 20. Franziskus übergeht bei seiner Auswahl Traditionen, beruft stattdessen Geistliche aus Osttimor, Singapur, der Mongolei, zum Beispiel den, der seit Jahren in Ulan Bator als Missionar arbeitet. Giorgio Marengo ist 48, der jüngste Kardinal.

Die Kardinäle sind es, die in einem Konklave die Zukunft der Kirche mitbestimmen; die unter 80-Jährigen wählen den Papst. Dieser Papst hat jetzt 83 Kardinäle bestimmt, Vorgänger Benedikt XVI. 38, Johannes Paul II. elf. Das Wahlgremium jedenfalls steht, für alles, was da kommen mag.

Franziskus sitzt oft im Rollstuhl

Und das kann kommen: ein Rücktritt. Jawohl, ein weiterer nach dem des deutschen Papstes, der schon eine Sensation war. Franziskus ist körperlich nicht mehr auf der Höhe, sitzt oft im Rollstuhl, und macht selbst manche öffentliche Andeutung.

So hat er gerade am Grab des Papstes gebetet, der als erster in der Kirchengeschichte zurückgetreten ist: Coelestin V. im Jahr 1294. Benedikt XVI. betete vor seinem Amtsverzicht im Jahr 2013 auch an diesem Grab. Und Franziskus sagte unlängst im Hinblick auf einen Rückzug: „Die Tür steht offen, sie ist eine der normalen Optionen.“ Noch habe er nicht daran gedacht, durch diese Tür zu gehen, aber „Gott wird entscheiden“. Vielleicht zum zehnten Jahr des Pontifikats, 2023.

Kann es denn zwei ehemalige Päpste in Rom nebeneinander geben? Ja – Franziskus will schließlich nicht „emeritierter Papst“ sein, sondern wenn, dann „emeritierter Bischof von Rom“.

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