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Demonstranten gegen rechte Gesinnung auf dem Kölner Heumarkt

© picture alliance/dpa

Demokraten vereint: Stehen wir auf gegen das rechte Gift

Menschenverachtendes Gedankengut macht sich mehr und mehr breit. Viele fühlen sich hilflos. Aber gemeinsam sind Demokraten stark. Ein Aufschrei.

Ein Kommentar von Ingrid Müller

Das Momentum ist jetzt. Jeder spürt, dass in Deutschland gerade etwas aus den Fugen gerät. Noch schweigen viele. Zu viele. Doch wir alle sind das Volk. Das muss nicht warten, bis irgendeine Partei oder eine Organisation sagt, wir sollten uns zusammen wehren gegen das rechte Gedankengut – oder geistige Brandstifter direkt vor unserer eigenen Tür auftauchen. Wir müssen es tun. Jetzt.

West wie Ost sind gefragt

West wie Ost sollten sich daran erinnern, was es in diesem Deutschland schon einmal gegeben hat. Was Wähler angerichtet haben: Unzufriedene Menschen haben die Nazis gewählt und ihnen damit die Möglichkeit eröffnet, die Macht an sich zu reißen und mehr als nur das eigene Land ins Unglück zu stürzen.

Niemand sollte sich davon abhalten lassen, dass es die größten Demonstrationen damals kurz vor der Machtübernahme gab. Jedem Menschenverächter muss jetzt die rote Karte gezeigt werden. Im Kleinen, also direkt im eigenen Umfeld – und ja, es ist schwer, rechtsextremen Demagogen Auge in Auge argumentativ zu begegnen. Auch im Großen. Auf öffentlichen Plätzen. Ermutigend ist, dass in Köln am Dienstag so viele Menschen demonstriert haben, dass die Straßen sie kaum fassen konnten. Aber es darf nicht bei wenigen Demos in großen Städten in liberalem Umfeld bleiben.

Keine Angst vor Dämonen

Dämonen machen Angst. Doch ihnen müssen wir uns entgegenstellen. Es geht um nicht weniger als unsere Freiheit, unsere Demokratie – und damit: unser Leben.

Dieses freie Leben wollen auch die meisten derjenigen führen, die sich angesichts all der Krisen, persönlich-finanziell wie global, hilflos fühlen. Manche verlassen. Vielleicht sogar verraten. Von „ihren“ Politikern. Mit solchen Gefühlen umzugehen, ist schwer. Für jeden Einzelnen wie für die Politik.

Der Hammer wird zurückschwingen

Hilflose suchen nach Helfern. Manchmal nach Helden. Allzu viele verunsicherte Wähler in Deutschland meinen offenbar, nicht nur „denen da oben“, sondern auch ungeliebten Nachbarn mit einem Kreuzchen bei der AfD mal zeigen zu können, wo der Hammer hängt. Ohne zu bedenken, dass der Hammer am Ende auf sie zurückschwingen dürfte. Auch das zeigt ein Blick in die Geschichte. Doch Ängstliche suchen eben oft jemand Starken zum Festhalten.

Das mag für Verärgerte ein markig tönender rechtsextremer Björn Höcke sein. Dass auch die AfD-Spitze noch weiter rechts steht, als sie öffentlich bisher glauben machen will, haben deren Chefs Alice Weidel und Tino Chrupalla gerade in ihren Statements zu den „Remigrations“-Treffen offenbart. Alle können sehen, dass an Grausamem und Ungesetzlichem gearbeitet wird. Möglicherweise nicht nur in Potsdam.

Gesinnung lässt sich nicht verbieten

Ja, die Republik darf, kann und sollte über ein Verbot der AfD diskutieren. Um sich selbst zu vergewissern. Nur: Gesinnung lässt sich nicht verbieten. Früher nannten sie sich NPD und Republikaner. Es nützt nichts, sich hinter einem lange dauernden Verbotsverfahren zu verstecken und Gegenwehr an ein Gericht delegieren zu wollen.

Hyperventilieren als vermeintliche Notwehr zu verbrämen, auch nicht. Der Mehrheit sollte Besseres einfallen, rechtsextremem Gedankengut etwas entgegenzusetzen, als selbst an die Grundfesten zu gehen und einzelnen Kandidaten wie Höcke Grundrechte entziehen zu wollen. In der Hoffnung, sie so aufhalten zu können. Das wird nicht gelingen.     

Wir sollten uns nicht teilen lassen

Deutschland darf sich nicht wieder teilen lassen. Das können wir Bürger verhindern. Jede und jeder. Jeden Tag. Warten wir nicht darauf, dass andere in der großen Stadt eine große Demo mit Konzert organisieren. Stehen wir auf. In Köln, in Dresden, in Erfurt, in Hamburg, in Mainz und Schwerin – aber auch in den kleinen Orten.

Zusammenschweißen, was zusammengehört

Dafür muss niemand laut sein, andere niederbrüllen. Aber deutlich. Und damit: stark.

Mit der Kraftklub-Zeile im Ohr „,Nazis raus‘ ruft es sich leichter da, wo es keine Nazis gibt“ sollten wir auch dort zusammenstehen, wo Rechte sich bereits offen bewegen. Uns in AfD-Hochburgen an die Seite derer stellen, die vor den martialisch auftretenden Höckes und Konsorten zurückweichen. Vielleicht, weil die dort lautstark und massiv auftreten. Stützen wir einander. Dann fahren eben Berliner und Kölner auch nach Sachsen und Thüringen zur Demo. Das mag anstrengend sein. Aber das kann zusammenschweißen, was zusammengehört: die Demokraten.

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