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Protest gegen die AfD in Erfurt.

© dpa/Jacob Schröter

Bedenken wegen Anti-AfD-Demos: Bröckelt die Brandmauer gegen rechts?

Organisationen wie „Fridays for Future“ haben das Know-how, um Demos gegen die AfD mitzuorganisieren. Aber vertreten sie auch die Breite der Gesellschaft? Politiker der Union warnen.

Auch für das Wochenende sind nach den Enthüllungen des Medienhauses „Correctiv“ über ein Treffen radikaler Rechter mit einzelnen Politikern von AfD, CDU und Werteunion im November in Potsdam wieder zahlreiche Kundgebungen in Deutschland vorgesehen. Allerdings sind die Anti-AfD-Demonstrationen zumindest in den kommenden Tagen vielerorts eher im kleineren Maßstab geplant.

Nach Angaben des Bündnisses „Zusammen gegen rechts“ ist das nächste größere bundesweite Aktionswochenende vom 23. bis 25. Februar vorgesehen. In der Zwischenzeit stellen sich aber möglicherweise vor allem Anhänger und Vertreter von CDU/CSU und FDP die Frage, ob sie bei den Demonstrationen weiter mitmarschieren sollen.

Denn nicht überall spiegeln die Veranstalter der Demos ein derart breites politisches Spektrum wider, wie das beispielsweise Ende Januar bei einer Kundgebung in Köln mit rund 50.000 Teilnehmern der Fall gewesen war. Auch die Kölner Bundestagsabgeordnete Serap Güler hatte dort gesprochen.  

Die Lage ist zu ernst für parteipolitische Spielchen.

Serap Güler, Mitglied im CDU-Bundesvorstand

Sie habe dabei gespürt, „wie stark unsere Zivilgesellschaft ist“, sagte Güler dem Tagesspiegel im Rückblick. Dies werde allerdings nur so bleiben, wenn sich auch potenzielle Demonstrierende aus dem breiten demokratischen Spektrum – von links bis rechts – willkommen fühlten, fügte sie hinzu. „Die Lage ist zu ernst für parteipolitische Spielchen“, mahnte Güler, die auch Mitglied im CDU-Bundesvorstand ist.

Ähnliche Bedenken hat auch der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber. „Wenn es um die Verteidigung der Demokratie geht, dann müssen wir zusammenstehen“, sagte er. Da nutze weder „ein Ampel-Bashing noch ein Unions-Bashing“.

Hintergrund der Mahnung ist die deutliche Kritik an der Migrationspolitik der Ampel-Koalition, wie sie von vielen Rednerinnen und Rednern beispielsweise bei der Großkundgebung rund um den Reichstag am vergangenen Wochenende geäußert wurde. So nannte eine Rednerin Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) einen „Abschiebekanzler“.

Bei der Veranstaltung in Berlin trat auch die Autorin und Menschenrechtsaktivistin Düzen Tekkal auf. Auch sie sieht die Gefahr, dass die Anti-AfD-Demonstrationen die Unterstützung der breiten Masse verlieren könnten. „Dass sich so viele Menschen gegen den grassierenden Rechtsextremismus positionieren, ist ein erfreuliches Zeichen“, sagte sie. „Viele tun das vielleicht auch zum allerersten Mal in ihrem Leben.“

Die Autorin und Menschenrechtsaktivistin Düzen Tekkal gehörte am vergangenen Wochenende in Berlin zu den Rednerinnen bei der Großkundgebung gegen den Rechtsextremismus.
Die Autorin und Menschenrechtsaktivistin Düzen Tekkal gehörte am vergangenen Wochenende in Berlin zu den Rednerinnen bei der Großkundgebung gegen den Rechtsextremismus.

© Imago/Jürgen Heinrich

Tekkal spricht mit Blick auf die Demonstrationen gegen die AfD, die vor vier Wochen begannen, von einem „breiten, nicht-homogenen Bündnis der Zivilgesellschaft“. Dies Bündnis brauche allerdings auch eine Vision, „wofür man ist, nicht nur wogegen“. Unmissverständlich müsse sich die Bewegung gegen Islamismus, Antisemitismus und Muslimfeindlichkeit stellen, forderte sie.

Anderenfalls verliere man schnell wichtige Bündnispartner, „und dann können Akteure mit Partikularinteressen, die nicht auf dem Boden der freiheitlichen Grundordnung stehen, in die Bresche springen“, befürchtete Tekkal. Es müsse einen kontinuierlichen Austausch geben, „dezidiert auch in die Mitte der Gesellschaft, in liberale und konservative Kreise“, verlangte sie.

Beim geplanten größeren Protestwochenende vom 23. bis 25. Februar werde ihre Organisation wieder in vielen Städten mit dabei sein, kündigte derweil „Fridays for Future“-Sprecherin Pauline Brünger an. „Wir haben das Know-how und die Technik, die es für große Demos braucht“, sagte sie dem Tagesspiegel zur Begründung. Gleichzeitig stellt sie sich darauf ein, dass bis zu den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg im September „nicht an jedem einzelnen Wochenende eine Million Menschen gegen die AfD auf die Straße gehen werden.“

Rechtsextremisten profitieren am Ende davon, wenn andere Parteien ihre Themen übernehmen – und sei es nur aus der guten Absicht heraus, der AfD Wähler wegzunehmen.

Pauline Brünger, Sprecherin von „Fridays for Future“

Das liege in der Natur vergleichbarer Bewegungen, die – ähnlich wie „Fridays for Future“ selbst – oft in Wellen verlaufen, sagte Brünger. Umso wichtiger sei es, wenn sich die Anti-AfD-Bewegung mit lokalen Bündnissen und Gruppen jenseits von Akteuren wie „Fridays for Future“ verstetige. Auch Konservative seien nach ihren Worten dabei nicht nur willkommen, sondern würden auch gebraucht, „um ein breites Bündnis gegen den Rechtsextremismus auf die Beine zu stellen“.

Allerdings müsste es nach Brüngers Ansicht auch möglich sein, bei den Kundgebungen Kritik an der Migrationspolitik der Ampel-Regierung und der Union zu äußern, selbst wenn eigentlich die AfD im Fokus stehe. „Rechtsextremisten profitieren am Ende davon, wenn andere Parteien ihre Themen übernehmen – und sei es nur aus der guten Absicht heraus, der AfD Wähler wegzunehmen“, lautet ihre These.

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